Mitte dieses Jahres werden 400000 Bundesbürger
Post bekommen und um Teilnahme an einer Großstudie gebeten. 18
Forschungsinstitute werden über mindestens 20 Jahre an der
„Nationalen Kohorte“ beteiligt sein. „Wir wollen besser verstehen
lernen, wie genetische Faktoren, Umweltbedingungen, soziales Umfeld
und Lebensstil dazu beitragen, dass sich Volkskrankheiten wie
Diabetes, Demenz, Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Krebs entwickeln“,
erläutert Professor Karl-Heinz Jöckel, Leiter des Instituts für
Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie in Essen, in der
„Apotheken Umschau“.
Die Teilnahme an der Studie ist natürlich freiwillig. Die Forscher
hoffen, dass von den Angeschriebenen zwischen 20 und 69 Jahren
mindestens die Hälfte mitmacht. Ihr Blutdruck wird gemessen, ihre
Hör- und Sehfähigkeit getestet und Blut-, Urin- und Speichelproben
untersucht. Danach stehen Fragen zur Ernährung und zur körperlichen
Aktivität an. Die Untersuchung dauert rund zweieinhalb Stunden und
wird nach etwa fünf Jahren wiederholt. Zwischendurch und später gibt
es schriftliche Nachbeobachtungen per Fragebogen. 40000 Teilnehmer
werden zusätzlich in einem Magnetresonanztomografen untersucht.
Im Gegensatz zu klinischen Studien, die zumeist bereits erkrankte
Patienten erfassen, beobachtet die Kohortenstudie die Entwicklung in
der Regel gesunder Menschen über längere Zeit in ihrem natürlichen
Lebensumfeld. „Mit diesen Daten können wir nachweisen, was zuerst da
war: ein bestimmter Risikofaktor oder die Erkrankung“, sagt Professor
Rudolf Kaaks, der am Deutschen Krebsforschungszentrum die Abteilung
Krebsepidemiologie leitet. „Ursache und Wirkung können nicht
vertauscht werden.“
Kritik übt Birgitt Bender, Gesundheitsexpertin der Grünen im
Bundestag, an der Studie. Sie sei zu teuer und zu sehr
biomedizinisch-naturwissenschaftlich ausgerichtet. „Der Mensch ist
mehr als die Summe seiner Gene und Risikofaktoren“, so die Grüne in
der „Apotheken Umschau“. Von anderer Seite wird ein konsequenter
Datenschutz angemahnt. „Der Zugang zu den Daten muss für alle
Personen außerhalb des Wissenschaftsbetriebes verboten sein –
einschließlich des Staats“, verlangt Professorin Regine Kollek,
Expertin für Technologiefolgeabschätzung an der Universität Hamburg.
Bei Ärzten herrscht Unsicherheit, was die Teilnehmer etwa über dabei
entdeckte Risikofaktoren erfahren müssen. Professor Jöckel möchte das
nur tun, „wenn es medizinisch angebracht und eine Behandlung möglich
ist“. In den kommenden Monaten setzt er erst einmal auf
Öffentlichkeitsarbeit, um Vertrauen zu schaffen.
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