Vitamin E ist ein antioxidatives und
entzündungshemmendes Vitamin, welches vor allem in pflanzlichen
Fetten und Ölen enthalten ist. Eine US-amerikanische Studie (SELECT*)
sollte erforschen, ob Vitamin E auch Prostatakrebs vorbeugen kann.
Sie wurde jedoch abgebrochen, weil die Zwischenergebnisse nicht den
Erwartungen entsprachen und scheinbar genau das Gegenteil belegten.
Seitdem erscheinen immer wieder Berichte, die daraus folgern, dass
Vitamin E Krebserkrankungen der Prostata sogar begünstigt. Eine
eindeutige wissenschaftliche Grundlage für diese Aussage gibt es
allerdings nicht, wie die Gesellschaft zur Information über
Vitalstoffe und Ernährung, GIVE e.V., feststellt.
Die Studie war in vier verschiedene Untersuchungszweige
unterteilt, in denen die Teilnehmer entweder 400 Internationale
Einheiten (I. U.) Vitamin E oder 200 Mikrogramm Selen täglich oder
beides zusammen nahmen. Im vierten Zweig erhielten die Teilnehmer
Placebos. GIVE e.V. weist darauf hin, dass die Durchführung der
Untersuchung einige Schwächen aufweist. Vor allem betrifft dies die
Wahl des verwendeten Vitamin E, ein Sammelbegriff für verschiedene
chemisch sehr ähnliche Verbindungen. Unter diesen ist das natürlich
vorkommende RRR-alpha-Tocopherol die biologisch wirksame Form. Die
SELECT-Studienteilnehmer jedoch erhielten mit
rac-alpha-Tocopherolacetat ein Präparat mit künstlich hergestelltem
Vitamin E. Dieses besteht aus acht verschiedenen Tocopherol-Formen
(Stereoisomeren), von denen sieben für den Körper nicht verwertbar
sind. Welchen Einfluss diese und ihre möglichen Stoffwechselprodukte
auf den Organismus haben, ist derzeit noch völlig unbekannt.
Die Krebshäufigkeit war zuletzt eineinhalb Jahre nach Absetzen der
Vitamingaben erfasst worden. Welche Medikamente die Studienteilnehmer
in dieser Zeit genommen hatten, wurde allerdings nicht erhoben; somit
auch nicht deren möglicher Einfluss auf die Gesundheit. Selbst das
NCI, das US-amerikanische National Cancer Institute, hält es deshalb
für möglich, dass die aus den vorliegenden Zwischenergebnissen
ableitbaren Trends der Studie Zufallsergebnisse sein können.
Dass Präparate mit Vitamin E aus natürlichen Quellen das Risiko
für Prostatakrebs steigern, ist wissenschaftlich somit nicht
belegbar. Den Ergebnissen der SELECT-Studie und ihrer Nachbeobachtung
fehlt die solide methodische Basis. Ihr Ergebnis widerspricht zudem
vorangegangenen breit angelegten Untersuchungen wie der ATBC-Studie
von 2003 oder der PHS II Studie von 2007, die eine deutliche
Risiko-Reduktion von Prostatakrebs unter Vitamin E beziehungsweise
keinerlei Auffälligkeiten zwischen Vitamin-E-Einnahme und
Prostatakrebs zeigten.
*Klein E A et al.; Vitamin E and the Riks of Prostate Cancer, The
Selenium and Vitamin E Cancer Prevention Trial (SELECT),
JAMA.2011;306(14):1549-1556. doi:10.1001/jama.2011.1437
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