Solarzellen werden bereits massenhaft auf
Dächern und Freiflächen installiert. Dennoch bleibt der
Forschungsbedarf groß, weil bei den Produktionskosten und beim
Rohstoffverbrauch noch viel Optimierungspotenzial besteht. Eine
ebenso material- wie kostensparende Alternative zur herkömmlichen
Wafer-Solarzelle ist die Dünnschichttechnologie, die das Oldenburger
EWE-Forschungszentrum für Energietechnologie NEXT ENERGY in den
Mittelpunkt seiner Photovoltaik-Forschung gestellt hat. Dabei setzt
das Institut auf Silizium – ein Element, das ökologisch unbedenklich
und unbegrenzt verfügbar ist. Welche Anstrengungen NEXT ENERGY im
Einzelnen zur Senkung der Produktionskosten von Solarzellen und zur
Erhöhung ihrer Wirkungsgrade unternimmt, erfahren die Besucher der
Intersolar vom 8. bis 10. Juni 2011 auf der Neuen Messe in München,
wo sich der Forschungsbereich Photovoltaik von NEXT ENERGY an Stand
A2.615 präsentiert.
Für die fundierte Analyse von Verlustmechanismen und
Optimierungspotenzialen in der Silizium-Dünnschichttechnologie haben
die Wissenschaftler in den NEXT ENERGY-Laboren die Möglichkeit,
sämtliche Faktoren bis hin zur Herstellung von Kleinsolarmodulen zu
testen oder zu simulieren:
Solarzellentechnologie
Für die Herstellung von Silizium-Dünnschichtsolarzellen verfügt
NEXT ENERGY über eine Beschichtungsanlage mit sechs Prozesskammern,
mit der Siliziumschichten, transparent leitende Oxide (TCOs) und
Metalle auf unterschiedlichste Substrate abgeschieden werden können.
Neben amorphen Silizium-pin-Solarzellen („Single-Junction“) lassen
sich auch mikromorphe Tandemsolarzellen mit reproduzierbaren
Wirkungsgraden von mehr als zehn Prozent prozessieren. Hierzu werden
eine amorphe und eine mikrokristalline pin-Solarzelle gestapelt, die
jeweils Licht von unterschiedlicher Wellenlänge absorbieren.
Perspektivisch streben die Forscher an, den ausnutzbaren
Wellenbereich des Sonnenlichts noch weiter auszudehnen: „Wir arbeiten
daran, die Entwicklung der Triple-Junction-Solarzelle mit Hilfe von
neuartigen Siliziumlegierungen voranzutreiben“, sagt Dr. Karsten von
Maydell, Bereichsleiter Photovoltaik bei NEXT ENERGY. „Mit der
Schichtung von drei Zellen lässt sich die Nutzung des Sonnenspektrums
weiter ausdehnen, was letztlich zu einer Effizienzsteigerung der
Solarzelle führt“. Das Design der entsprechenden Zellstruktur habe
man bereits aus umfangreichen Simulationen ableiten können.
Prozesskontrolle
Um die Effizienz einer Solarzelle zu steigern und eine höhere
Prozessausbeute („Yield“) erzielen zu können, versuchen die NEXT
ENERGY-Wissenschaftler, die gesamte Solarzellenherstellungssequenz
sowohl mit der In-Situ Prozesskontrolle (während des Prozesses) als
auch mit der In-Line Prozesskontrolle (nach dem Prozess) zu
analysieren und zu kontrollieren. Bei der In-Line Prozesskontrolle
entwickeln die Forscherteams Verfahren und Messvorschriften, mit
denen großflächig elektrische und optische Informationen von
Schichten und Schichtpaketen auf Glas oder flexiblen Substraten
detektiert werden können. Mit Hilfe einer schnellen Lokalisierung von
Fehlern in der Prozesskette einer Solarzellenproduktion kann der
Yield der Produktion signifikant erhöht werden. Zudem wurde gemeinsam
mit der Firma FAP GmbH ein Regelkreislauf entwickelt, der es
ermöglicht, die Prozessparameter während der chemischen
Gasphasenabscheidung (PECVD) optisch zu kontrollieren und die
Abscheideparameter instantan anzupassen.
Simulation
Um vorhandene Optimierungspotenziale in der Solarzellstruktur
aufdecken und anschließend im Experiment umsetzen zu können, werden
bei NEXT ENERGY Verlustmechanismen in elektrischen und optischen
Simulationen analysiert. Dafür nutzen die Wissenschaftler das
Programm TCAD von Synopsys. „Wir haben ein Modell entwickelt, mit dem
sowohl die optische Lichteinkopplung in die Dünnschichtsolarzelle als
auch der elektrische Transport der Ladungsträger in mehreren
Dimensionen dargestellt werden kann“, erläutert von Maydell. „Mit
Hilfe dieser Simulationen lassen sich Optimierungspotenziale an
Single-, Tandem- oder Triple-Solarzellen detektieren“. Beispiele
seien die Simulation effektiver Lichteinfangstrukturen, funktioneller
Zwischenschichten und neuartiger Absorbermaterialien.
Flexible Substrate
NEXT ENERGY erforscht kostengünstige Lösungen für
Solarzellenmodule auf Basis flexibler Materialien. Aktuell
konzentrieren sich die Forschungsaktivitäten in diesem Bereich auf
neue, effizientere Solarzellenarchitekturen auf Metall- oder
Kunststofffolien mit innovativen Lichteinkopplungskonzepten. Zudem
werden mit Hilfe von Ultrakurzpulslasern neue
Modulverschaltungskonzepte erprobt. Karsten von Maydell sieht für
dieses Forschungsfeld ganz praxisnahe Anwendungsmöglichkeiten: „Mit
der Verwendung von flexiblen Substraten wie Metall- oder
Kunststofffolien haben wir die Möglichkeit, extrem leichte
Solarmodule zu fertigen. Sie eignen sich zum Beispiel für den Einsatz
auf Dächern, die nur schwach belastbar sind. Zudem könnten sich im
Rolle-zu-Rolle-Prozess die Produktionskosten reduzieren lassen.“
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Heinke Meinen
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