Das Österreichische Filmmuseum hat im Frühjahr 2022 eine bedeutende Sammlung über den legendären österreichisch-amerikanischen Regisseur Erich von Stroheim (1885-1957) vom US-Filmhistoriker Richard Koszarski erworben. Damit bringen der Sammler und das Filmmuseum den Meister des Stummfilms in seine Geburtsstadt zurück, die ihn nie losgelassen hat.
Ein Wiener erfindet sich in Hollywood neu
Geboren in Wien-Neubau als Erich Oswald Stroheim, erfand sich „Von“ (wie er in Hollywood oft genannt wurde) mit seiner Ankunft in Ellis Island, New York, neu. Aus dem jüdischen Handwerkersohn wurde ein adeliger Kavallerieoffizier: Hollywoods oberster Alte-Welt-Bösewicht, „the man you love to hate“, und zugleich einer der größten Regisseure der Stummfilmzeit, dessen Inszenierungsstil Filmemacher wie Sergei Eisenstein, Jean Renoir oder Alfred Hitchcock beeinflusste. Immer wieder kreist Stroheims Werk um seine Heimatstadt Wien, etwa in Merry-Go-Round (1923) oder The Wedding March (1926-28) – darin Erinnerungen an eine Stadt, eine Zeit, die er geliebt und gehasst hat wie kaum ein anderer.
Die Arbeit des Filmmuseums überzeugt
Die Verbundenheit des Österreichischen Filmmuseums mit der Person und Arbeit von Erich von Stroheim war auch ein schlagendes Argument für die Übergabe der Sammlung an die Institution. Seit der Gründung des Filmmuseums im Jahr 1964 wird das Werk dieses Meisters der Kinokunst hier regelmäßig gezeigt (zuletzt 2022 im Rahmen unserer Reihe „Collection on Screen“, studiert und in Form von Buch- und DVD-Editionen präsentiert: „Erich von Stroheim“ von Jon Barna, 1966; „Blind Husbands“, Edition-Filmmuseum #3, 2006). 2021 konnte das Team der Filmsammlung ein großes internationales Restaurierungsprojekt zum Abschluss bringen und damit die älteste und vollständigste Fassung von Blind Husbands in einer Rekonstruktion präsentieren, die der Originalfassung von 1919, wie sie im „Continuity Script“ dargestellt ist, entspricht.
Nach jahrelangen Vorgesprächen zwischen Direktor Michael Loebenstein und dem amerikanischen Filmhistoriker Richard Koszarski konnte das Filmmuseum nun im Frühjahr 2022 dessen bedeutende Sammlung über Erich von Stroheim erwerben.
Unschätzbarer Wert
Das Filmmuseum übernimmt damit eine strukturierte Sammlung, die mit einem professionellen Interesse zu Forschungszwecken über lange Zeit zusammengetragen wurde – eine Sammlung, die nicht nur die Erforschung von Erich von Stroheims Leben und Werk ermöglicht, sondern auch einen spannenden Einblick in die Filmindustrie der 1910er, 20er und 30er Jahre und das zeitgenössische Studiosystem bietet. Damit ist sie filmhistorisch nicht nur für das Filmmuseum, sondern auch für die Stadt Wien, in der Stroheim geboren wurde, und für alle Forscher*innen, die sich für den Stummfilm allgemein und diesen bedeutenden Filmemacher im Besonderen interessieren, mit Sicherheit von einem unschätzbaren Wert.
Die „Richard Koszarski – Erich von Stroheim Collection“ wird vom Filmmuseum im Laufe der kommenden Jahre bearbeitet und erschlossen. Das Ziel des Filmmuseums ist es, diese Ende 2024 als digital zugängliche Studiensammlung online der Öffentlichkeit präsentieren zu können.
Darüber hinaus plant das Filmmuseum 2023 zur Erschließung der Sammlung und für den Ankauf weiterer (mittlerweile neu restaurierter) Filme Stroheims ein Patenschaftsprojekt ins Leben zu rufen.
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