Die Studie wurde an dem Galiläa Medical Center in Nahariya, Israel, durchgeführt und erschien am 3. Februar 2022 in der wissenschaftlichen Fachzeitschrift PLOS ONE (https://journals.plos.org/plosone/article?id=10.1371/journal.pone.0263069#pone-0263069-t001). In der retrospektiven Studie wurde untersucht, ob und inwieweit ein Zusammenhang zwischen dem Vitamin-D-Spiegel vor der Infektion und dem Schweregrad der Erkrankung sowie der Sterblichkeit aufgrund von SARS-CoV-2 besteht.
Die Gesundheitsdaten von 1176 Patienten, die zwischen April 2020 und Februar 2021 in das Galiläa Medical Center mit positiven PCR-Tests eingeliefert wurden, wurden nach Vitamin-D-Werten durchsucht, die zwei Wochen bis zwei Jahre vor der Infektion gemessen wurden.
Mit dieser Vorgehensweise ist sichergestellt, dass die ermittelten Vitamin-D-Werte vor der COVID-19-Infektion gemessen wurden und auch wirklich den potenziellen Einfluss auf die Krankheitsverläufe widerspiegeln. Würde man die Vitamin-D-Spiegel direkt bei Einlieferung in das Krankenhaus messen, wären die Vitamin-D-Werte aufgrund der Viruserkrankung wahrscheinlich bereits erniedrigt, da sich eine Infektion negativ auf den Vitamin-D-Spiegel auswirkt.
14-mal höheres Risiko für schweren oder kritischen Verlauf bei niedrigem Vitamin-D-Status
Die Autoren der Studie teilten die Patienten, bei denen ein Vitamin-D-Spiegel (bei 253 der 1176 Patienten) vorlag, in 4 Kategorien ein:
– Mangelhaft (< 20 ng/ml 25(OH)D): 133 (52,5 %) Patienten
– Insuffizient (20-29,9 ng/ml 25(OH)D): 36 (14,2 %) Patienten
– Ausreichend (30-39,9 ng/ml 25(OH)D): 44 (17,3 %) Patienten
– Hoch-normal (>= 40 ng/ml 25(OH)D): 40 (15,8 %) Patienten
Beim Abgleich der Vitamin-D-Spiegel mit den Krankheitsverläufen (mild, moderat, schwer, kritisch) kam heraus: Von den 87 Patienten, die einen schweren oder kritischen Verlauf hatten, hatten 76 (87,4 %) Patienten einen mangelhaften Vitamin-D-Spiegel. Im direkten Vergleich zwischen einem Vitamin-D-Mangel und hoch-normalen Vitamin-D-Spiegeln zeigt sich, dass ein mangelhafter Vitamin-D-Spiegel vor der Infektion mit einem 14-mal höheren Risiko für einen schweren oder kritischen Verlauf einhergeht. Bei dieser multivariablen Analyse (Methode, um mehrere statistische Variablen zu untersuchen) wurden die Variablen Alter, Geschlecht, BMI sowie Vorerkrankungen (COPD und Diabetes) berücksichtigt. Neben dem Alter und zum Teil auch COPD und Diabetes, wurde der Vitamin-D-Spiegel als unabhängiger Risikofaktor für einen schweren COVID-19-Verlauf bestätigt.
Auch bei der Sterblichkeitsrate zeigt sich ein ähnliches Bild: Die Rate der verstorbenen Patienten mit ausreichenden Vitamin-D-Spiegeln betrug 2,3 %, während die Sterblichkeitsrate in der Gruppe mit Vitamin-D-Mangel bei 25,6 % lag.
Der negative Einfluss eines geringen Vitamin-D-Spiegels war in der Studie besonders stark ausgeprägt bei über 50-jährigen Personen. Bei Patienten unter 50 Jahren war der Schweregrad immer noch mit dem Vitamin-D-Mangel assoziiert, allerdings in geringerem Maße.
Zur Einordnung der Studie
Die Ergebnisse dieser Studie zeigen nicht, dass eine Vitamin-D-Supplementierung (zum Zeitpunkt einer bereits vorhandenen Infektion) den Krankheitsverlauf beeinflusst, auch wenn dies sicherlich sinnvoll ist, wie andere Studien mit Calcidiol-Gabe zeigen (u.a. Loucera et. al, 2021 (https://www.nature.com/articles/s41598-021-02701-5)). Die Ergebnisse der Studie belegen vielmehr, dass ein bereits vor der Infektion guter Vitamin-D-Spiegel darüber (mit)entscheiden kann, ob jemand nach einer SARS-CoV-2-Infektion schwer an COVID-19 erkrankt.
Ein guter Vitamin-D-Spiegel ist daher ein Teil des komplexen Puzzles, das darüber entscheidet, ob jemand mild, schwer oder tödlich an COVID-19 erkrankt. Das Alter, das Geschlecht, genetische Prädispositionen, Ernährungsgewohnheiten, Vorerkrankungen und Immunitätsstatus sind weitere Faktoren.
Gerade im Hinblick auf die in Deutschland sehr schlechten Vitamin-D-Spiegel (insbesondere aktuell gegen Ende des Winters) sei allen geraten, den Vitamin-D-Spiegel zu testen und auf ein gutes Niveau einzustellen. Idealerweise sollte bei der Supplementierung Vitamin D3 mit Vitamin K2 kombiniert werden, da sich die Vitamine in ihrer Wirkung optimal ergänzen. Vitamin K2 macht die Einnahme von Vitamin D insbesondere bei höheren Vitamin-D-Dosierungen noch sicherer. In einer aktuellen Studie von Visser et al. (2022) (https://www.frontiersin.org/articles/10.3389/fnut.2021.761191/full) konnte zudem gezeigt werden, dass ein schlechter Vitamin-K-Status hochsignifikant mit erhöhten Interleukin-6-Spiegeln assoziiert ist, welche eine Schlüsselrolle bei der Entwicklung von schweren COVID-19-Verläufen und damit einhergehend Lungenschäden spielen.
Vitamin-D-Empfehlungen der DGE erneut ad absurdum geführt
Die zugrundeliegende Studie zeigt deutlich, dass erst Vitamin-D-Werte von 30-50 ng/ml protektiv sind und das Immunsystem unterstützen. Ähnlich sehen es die wichtigsten internationalen Institutionen wie die American Geriatrics Society und die Endocrine Society. Deutsche Behörden und die DGE empfehlen seit Jahren 20 ng/ml und sind damit veraltet. Zudem empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) 800 I.E. als Schätzwert für eine angemessene Vitamin-D-Zufuhr bei fehlender körpereigener Synthese. Bei dieser Dosierung und Blutspiegeln von 20 ng/ml ist bestenfalls von positiven Effekten auf die Knochengesundheit auszugehen, jedoch nicht auf das Immunsystem. Wie falsch die DGE meist lag, zeigt sich auch daran, dass sie bis 2012 200 I.E. Vitamin D empfahl, was gerade ausreicht eine Rachitis zu verhindern, aber nach heutigem Wissensstand „Vitamin-D-Homöopathie“ war. Um Blutspiegel von 30-50 ng/ml zu erreichen, sind meist mindestens 2000 I.E. Vitamin D täglich notwendig, häufig auch 4000 I.E. Zum Beheben eines Mangels sind vorübergehend noch höhere Dosierungen notwendig. Detaillierte Dosierungsempfehlungen für das Aufdosieren und die Erhaltungsdosis finden Sie unter www.vitamind.science
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