Expertengruppe legt S3-Leitlinie zu Maßnahmen zur Prävention und Kontrolle der SARS-CoV-2-Übertragung in Schulen vor
Mit Blick auf das Infektionsgeschehen in Schulen in der Corona-Pandemie hat sich eine repräsentative Gruppe von Expertinnen und Experten aus den relevanten Fachgesellschaften zusammengeschlossen und gemeinsam mit Vertreterinnen und Vertretern von Lehrer-, Eltern- und Schülerschaften sowie maßgeblichen Entscheidungsträgern eine AWMF S3-Leitlinie zu „Maßnahmen zur Prävention und Kontrolle der SARS-CoV-2-Übertragung in Schulen“ erarbeitet. Diese Leitlinie wurde nunmehr in einer ersten Kurzfassung veröffentlicht. Dazu erklärt Bundesforschungsministerin Anja Karliczek:
„Die Corona-Pandemie stellt für den Betrieb unserer Schulen eine große Herausforderung dar. Trotz bestehender Unsicherheiten über die Wirkung von
Infektionsschutzmaßnahmen müssen in Schulen weitreichende Maßnahmen zur Eindämmung des Infektionsrisikos getroffen werden. Wenn es das Infektionsgeschehen zulässt und die Entscheidung getroffen wird, die Schulen wieder zu öffnen, ist es notwendig, dass die Verantwortlichen vor Ort wissen, was zu tun ist. Jetzt können wir ihnen evidenzbasierte und von einer breit aufgestellten Gruppe getragene Handlungsempfehlungen an die Hand geben. Ich bin daher den beteiligten Fachgesellschaften, aber auch den Vertretern von Lehrer-, Eltern- und Schülerschaft und den weiteren Institutionen, die bei dieser Leitlinie mit eingebunden waren, sehr dankbar, dass sie genau das erarbeitet haben: Eine klare und wissenschaftlich fundierte Leitlinie zu den Maßnahmen zur Prävention und Kontrolle der SARS-CoV-2-Übertragung in Schulen. Ich bin froh, dass das Bundesministerium für Bildung und Forschung dieses Vorhaben im Rahmen unserer Förderung des Netzwerks Universitätsmedizin mit unterstützen konnte.
Die Leitlinie gibt unter anderem Hinweise für das Tragen von Masken. Sie gibt auch Antworten auf die Frage zu Verdachtsfällen, das heißt, wie mit Kindern umgegangen werden soll, die unterschiedliche Krankheitssymptome zeigen. Die Leitlinie gibt somit konkrete Empfehlungen, welche Maßnahmenpakete ergriffen werden sollten, um das Infektionsrisiko in den Schulen so gering wie möglich zu halten – für einen möglichst sicheren, geregelten und kontinuierlichen Schulbetrieb in Pandemiezeiten.
Die neue Leitlinie ist damit aus meiner Sicht eine große Hilfestellung für den Schulbetrieb in den nächsten Wochen und Monaten, wobei natürlich die jeweiligen Schulverantwortlichen gemeinsam mit den Gesundheitsämtern die Entscheidungen treffen müssen. Der große Wert besteht bei der Leitlinie auch darin, dass die Sichtweisen der verschiedenen Fachrichtungen zusammengetragen und untereinander abgestimmt wurden.
Wir alle wünschen uns eine schnelle Rückkehr zur Normalität. Die Öffnung unserer Schulen und Kitas sollte dabei die höchste Priorität haben. Doch auch wenn wir vorsichtig beginnen, über erste Öffnungen nachzudenken, werden alle am System Schule Beteiligten weiter viel Disziplin aufbringen müssen. Das heißt: Abstand halten, Masken tragen sowie Mobilität und unsere Kontakte einschränken. Wenn Schulen geöffnet werden, ist es zwingend notwendig das gesamte Maßnahmenpaket zur Prävention und Kontrolle der Sars-CoV-2-Übertragungen konsequent anzuwenden. Je konsequenter die Maßnahmen umgesetzt werden, desto länger und mehr Schule in Präsenz wird möglich sein. Das wünschen wir uns doch alle.“
Hintergrund:
Die neue S3-Leitlinie zu „Maßnahmen zur Prävention und Kontrolle der SARS-CoV-2-Übertragung in Schulen“ liegt zunächst in einer Kurzfassung vor. Sie steht seit heute auf der Internetseite der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e.V. (AWMF) und auf der Internetseite des Bundesministeriums für Bildung und Forschung zum Download bereit.
Die Kurzfassung umfasst Empfehlungen zu insgesamt neun Fragestellungen: zur Reduktion der Anzahl der Schülerinnen und Schüler im Präsenzunterricht, zum Tragen von Masken in Schulen, zum Infektionsschutz auf Schulwegen, zu Musik- und Sportunterricht, zum Umgang mit Verdachtsfällen und Quarantäne in den Klassen sowie zum Lüften und zur Luftreinigung in Schulen. Grundsätzlich gilt, dass alle Maßnahmen aufeinander abgestimmt umgesetzt werden müssen, um zu wirken. Ausgangspunkt ist ein Standard-Maßnahmenpaket, das sich an den allgemein in der Bevölkerung geltenden AHA+L Regeln zu Abstand, Hygiene, das Tragen einer angemessenen Maske und Lüften orientiert.
Das Thema der Schulschließungen wird in der Leitlinie ausdrücklich nicht behandelt. Auch das Thema Testen wurde mit Blick auf das parallel laufende B-FAST-Projekt im Rahmen des Netzwerks Universitätsmedizin ausgeklammert.
Die Empfehlungen beruhen auf einer Gesamtschau der aktuell verfügbaren Studien zur Wirksamkeit der entsprechenden Maßnahmen. Allerdings sind dies zum größten Teil Modellierungsstudien, deren Ergebnisse nur eingeschränkt in den Schulalltag übertragbar sind. Neben dem Blick auf die gesundheitlichen Wirkungen von Maßnahmen wurden auch Kriterien zu Akzeptanz und gesundheitlicher Chancengleichheit, zu sozialen und ökologischen Folgen aber auch finanziellen und wirtschaftlichen Auswirkungen und letztlich auch Machbarkeit berücksichtigt. Dieser umfassende Blick ermöglicht eine komplexe Abwägung von Nutzen und Schaden aller Maßnahmen.
Um sowohl die Wirksamkeit als auch unerwünschte Folgen der Maßnahmen zu erfassen, ist es wünschenswert die Umsetzung wissenschaftlich zu begleiten. Dies trägt nicht nur dazu bei, die Evidenzlage stetig zu verbessern, sondern ermöglicht auch Kurskorrekturen. Die Leitlinie ist eine lebende Leitlinie – das heißt, dass sie schnell aktualisiert werden soll und kann, um dem dynamischen Pandemiegeschehen Rechnung zu tragen.
Begriffserläuterung: Leitlinien
Die „Leitlinien“ der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften sind systematisch entwickelte Hilfen zur Entscheidungsfindung in spezifischen Situationen im medizinischen Kontext. Sie beruhen auf aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen und in der Praxis bewährten Verfahren und sorgen für mehr Sicherheit in der Medizin, sollen aber auch ökonomische Aspekte berücksichtigen.
In Deutschland werden Leitlinien entsprechend ihrer zugrundeliegenden Methodik in drei Stufen unterteilt (S1-S3), wobei S3 die höchste Stufe der Evidenzbasierung beschreibt:
S1 – Handlungsempfehlungen von Expertengruppen
S2k – Konsensbasierte Leitlinien
S2e – Evidenzbasierte Leitlinie
S3 – Evidenz- und Konsensbasierte Leitlinie
(Quelle: AMWF)
An der Leitlinie sind beteiligt:
Federführende Fachgesellschaften
Deutsche Gesellschaft für Epidemiologie, DGEpi
Deutsche Gesellschaft für Public Health, DGPH
Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin, DGKJ
Deutsche Gesellschaft für pädiatrische Infektiologie, DGPI
Unter Mitwirkung weiterer AWMF-Fachgesellschaften
Deutsche Gesellschaft für Sozialpädiatrie und Jugendmedizin, DGSPJ
Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie, DGKJP
Akademie für Ethik in der Medizin, AEM
Gesellschaft für Hygiene, Umweltmedizin und Präventivmedizin, GHUP
Deutsche Gesellschaft für Sozialmedizin und Prävention, DGSMP
Deutsche Gesellschaft für Krankenhaushygiene, DGKH
Gesellschaft für Virologie, GfV
Deutsche Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin, DGAUM
Beteiligung weiterer Fachgesellschaften und Organisationen
Robert Koch-Institut, RKI
Bundesverband der Ärztinnen und Ärzte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes, BVÖGD
Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte, BVKJ
Landesgesundheitsamt Baden-Württemberg
Gesundheitsamt Nordfriesland
Gesundheitsamt Neukölln
Gesundheitsamt Reutlingen
Bundesschülerkonferenz, BSK
Kinder- und Jugendbeirat des Deutschen Kinderhilfswerkes, DKHW
Deutscher Kinderschutzbund, DKSB
Verband Bildung und Erziehung, VBE
Allgemeiner Schulleitungsverband Deutschlands, ASD
Hauptpersonalrat für die staatlichen Lehrkräfte an Integrierten Gesamtschulen, Rheinland-Pfalz
Verband Sonderpädagogik, vds
Bundeselternrat
Landeselternrat Niedersachsen
LandesElternRat Sachsen
Staatliches Schulamt Cottbus
Deutsche Gesellschaft für Erziehungswissenschaft, DGfE
Beobachter
Weltgesundheitsorganisation, Europäisches Regionalbüro
Kultusministerkonferenz, KMK
Behörde für Schule und Berufsbildung Hamburg
Senatorin für Kinder und Bildung Bremen
Methodische Leitlinienberatung
Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften, Institut für Medizinisches
Wissensmanagement (AWMF)
Wissenschaftliche Leitung und Koordination
Lehrstuhl für Public Health und Versorgungsforschung, LMU München
Weitere Informationen:
http://www.bmbf.de/de/die-s3-leitlinie-als-handlungsempfehlung-fuer-schulen-1372 2.html
https://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/027-076.html
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