Wie entstehen Metastasen bei Brustkrebs? / Forscher nehmen verdächtiges Protein unter die Lupe

Metastasen sind gefährlich und bei vielen Krebserkrankungen die häufigste Todesursache – so auch bei Brustkrebs. Die Bildung der Tochtergeschwülste ist hochkomplex. Zwei auf den ersten Blick sehr unterschiedliche Prozesse, die dazu beitragen, scheinen eine Gemeinsamkeit zu haben: Das Protein MISP. Heidelberger Forscher wollen sich MISP nun genauer anschauen, um die Metastasen-Bildung besser zu verstehen. Sie hoffen, damit neue Angriffspunkte für die Therapie zu finden. Die Deutsche Krebshilfe fördert das Projekt mit rund 341.000 Euro.

Die Zellteilung ist einer der wichtigsten Prozesse im Körper. Sie sorgt dafür, dass alte Zellen durch neue ersetzt werden und sichert so die Funktionsfähigkeit der verschiedenen Organe und Gewebe. Während gesunde Zellen absterben, wenn ihr Lebenszyklus zum Ende kommt, teilen sich Krebszellen ungebremst immer weiter, was zur Tumorbildung führen kann.

Einzelne Zellen lösen sich vom Tumorverband

Bevor sich eine Zelle teilt, sorgt sie dafür, dass ihre Erbinformation nicht verloren geht: Sie fertigt von jedem der 46 Chromosomen eine identische Kopie an, die sie gleichmäßig auf ihre Tochterzellen verteilt. Dafür bildet sie eine Spindel, auf der die Chromosomen wie Perlen auf einer Schnur zu den Spindelpolen wandern. Dort werden sie neu verpackt und die Zelle teilt sich. „Der Spindelapparat hat eine zentrale Bedeutung bei der Zellteilung“, berichtet die Leiterin des Projekts, Professorin Dr. Ingrid Hoffmann vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) in Heidelberg. „Wenn er sich nicht richtig ausrichtet, können Zellen entstehen, die sich vom Tumorverband lösen. Sie dringen dann in die Blutbahn ein, gehen im Körper auf Wanderschaft und bilden Metastasen.“

Tumorzellen bahnen sich ihren Weg

Um die Blutbahn zu erreichen, muss die losgelöste Tumorzelle aber erst einmal an den anderen Zellen vorbeikommen. Dafür baut sie einen Teil der extrazellulären Matrix, also des Gewebes zwischen den Zellen, ab. In diesem Zusammenhang sind sogenannte „fokale Adhäsionen“ von Bedeutung: Sie verankern die Zellen mit der extrazellulären Matrix. „Bei bösartigen Krebszellen nimmt der Abbau der extrazellulären Matrix von diesen Verbindungsstellen seinen Ausgang“, erklärt Hoffmann.

Welche Rolle spielt MISP?

Bisherige Erkenntnisse lassen vermuten, dass es ein komplexes Zusammenspiel zwischen der Ausrichtung des Spindelapparats bei der Zellteilung einerseits und den fokalen Adhäsionen andererseits gibt. In beiden Prozessen ist das Protein MISP involviert, welches die Heidelberger Forscher nun näher charakterisieren wollen. „MISP reguliert die Spindelorientierung, steht aber auch in Kontakt mit den Verbindungsstellen zur extrazellulären Matrix. Neben MISP scheint noch ein weiteres Molekül – ein Enzym namens FAK – eine wichtige Rolle in diesem Geschehen zu spielen.“ Die Heidelberger Forscher untersuchen, wie diese Prozesse genau zusammenhängen und ob es möglicherweise therapeutische Ansatzpunkte gibt, um die Bildung von Metastasen bei Brustkrebs zu verhindern.

„Insbesondere bei Brustkrebs – der mit jährlich fast 70.000 Neuerkrankungen häufigsten Krebsart bei Frauen – haben Wissenschaft und Medizin in den vergangenen Jahrzehnten entscheidende Fortschritte gemacht: Die meisten Patientinnen sind auch fünf Jahre nach ihrer Diagnose krebsfrei“, sagt Gerd Nettekoven, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Krebshilfe, anlässlich des diesjährigen Brustkrebsmonats. Er verweist aber auch auf jene Frauen, bei denen die Erkrankung weiter fortschreitet und eine Heilung bislang nicht möglich sei. „Das zu ändern ist ein wichtiges Anliegen der Deutschen Krebshilfe. Dafür fördern wir zahlreiche Forschungsprojekte, um die Grundlage für neue und effektive Therapien zu schaffen.“

Projektnummer: 70113765

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