Im Steinbruch des ehemaligen NS-Konzentrationslagers Buchenwald
bei Weimar ist ein bislang verborgener unterirdischer Stollen
entdeckt worden. Der am Mittwoch freigelegte Stollen befindet sich am
Westrand des Steinbruchs etwa zehn Meter unter der Erdoberfläche. Er
ist zehn bis 15 Meter lang und jeweils knapp zwei Meter breit und
hoch. Er wurde von der Sohle des Steinbruchs aus s-förmig in den Hang
getrieben.
Nach Angaben von Dr. Karin Sczech vom Thüringer Landesamt für
Denkmalpflege und Archäologie ist der Stollen leer. Sczech hatte ihn
am Mittwoch unmittelbar nach dem Freilegen seines Zugangs gemeinsam
mit einem Bergbauexperten und einem Experten vom
Kampfmittelräumdienst betreten. Es handele sich um einen
„rudimentären Gang“, der augenscheinlich nicht fertiggestellt worden
sei, sagte sie MDR THÜRINGEN.
Der Fund bestätigt langjährige Recherchen des vor kurzem
verstorbenen MDR-Journalisten Peter-Hugo Scholz sowie Berichte von
Zeitzeugen, dass in der Endphase des Konzentrationslagers im Frühjahr
1945 mehrere Stollen im Steinbruch auf dem Ettersberg angelegt worden
waren. Die SS hatte sie von Häftlingen des Konzentrationslagers
graben lassen. Die US-Armee hatte nach der Befreiung des Lagers im
April 1945 zwei dieser Stollen geöffnet und darin tonnenweise Raubgut
der SS geborgen, das unter anderem aus dem Vernichtungslager
Auschwitz stammte.
Mit der Entdeckung des dritten Stollens ist ein Ziel eines am 1.
Oktober gestarteten wissenschaftlichen Projekts erreicht worden.
Dabei geht es um Klarheit über mutmaßliche, künstlich angelegte
unterirdische Hohlräume im Steinbruch von Buchenwald. An zwei durch
Messungen ermittelten Punkten sollte nach Hohlräumen gesucht werden.
An einem dieser Punkte haben sich die Vermutungen nun bestätigt. Am
kommenden Montag sollen die Untersuchungen an dem zweiten ermittelten
Punkt beginnen. Das Projekt steht unter fachlicher Verantwortung des
Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologie und der KZ-Gedenkstätte
Buchenwald. Es wird vom MDR begleitet.
Der Direktor der Stiftung KZ-Gedenkstätten Buchenwald und
Mittelbau-Dora, Prof. Dr. Volkhard Knigge, sagte MDR THÜRINGEN, mit
der Entdeckung des Stollens sei man einen großen Schritt
weitergekommen. „Wichtig ist, generell Klarheit zu schaffen,
Zeugniswerte zu sichern und Spekulationen einzudämmen.“ Der Stollen
sei möglicherweise für Luftschutzzwecke vorgesehen gewesen, aber
offensichtlich nicht benutzt worden. „Was wir hier vor allen Dingen
sehen, ist, wie Häftlinge zur Zwangsarbeit noch in den letzten Tagen
und Stunden vor dem 11. April, dem Tag der Befreiung, vernutzt worden
sind, um so etwas noch anzulegen. Und das sollte uns berühren.“
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