Die Myrrhe gehört zu den ältesten natürlichen Heilmitteln der
Menschheit, deren Einsatz sich besonders bei Darmerkrankungen bis
heute ins moderne Zeitalter bewährt hat. Gerade jetzt in der
(Vor)Weihnachtszeit wird vielen Menschen auch die frühere Bedeutung
der Myrrhe wieder bewusst. Schon die Weisen aus dem Morgenland
beschenkten das neugeborene Jesuskind neben Gold und Weihrauch mit
Myrrhe, einem der wertvollsten Güter der damaligen Zeit. „Die Pflanze
war seinerzeit nicht nur Opfergabe für Götter und Könige und ein
Zeichen der Heiligung, sondern auch eine begehrte Arzneipflanze,
erläutert Dr. Johannes G. Mayer, Medizinhistoriker, Universität
Würzburg. Heute wird die Heilpflanze mit „biblischer Tradition“ bei
verschiedenen Darmerkrankungen wie Durchfall, Reizdarm oder
chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen eingesetzt. „In den letzten
Jahren haben zahlreiche Studien an deutschen Kliniken und
Universitäten sowohl die entkrampfende und antientzündliche Wirkung
[1-4] der Myrrhe allein und in Kombination mit Kamille und
Kaffeekohle bestätigt. Weitere Untersuchungen konnten zeigen, dass
die Arzneipflanzen die Darmbarriere stärken [5] und eine gesunde
Darmflora unterstützen [6]“, erläutert Dr. med. Rainer Stange,
Studienleiter, Charité – Universitätsmedizin Berlin. In einer von ihm
geleiteten Beobachtungsstudie mit mehr als 1.000 Patienten in 131
deutschen Arztpraxen stellte sich parallel zur Einnahme eines
pflanzlichen Arzneimittels aus Myrrhe, Kaffeekohle und Kamille nach
Arzt- und Patientenurteil eine deutliche Besserung der
Durchfallsymptomatik und des Gesamtbeschwerdebilds bei Reizdarm,
chronischen Darmerkrankungen und akuten Durchfällen ein [7].
Nach der Weihnachtsgeschichte bei Matthäus haben die Sterndeuter
das neugeborene Kind in Betlehem mit Gold, Weihrauch und Myrrhe
beschenkt – letztere waren damals genauso wertvoll wie Gold. Auch als
Arzneipflanze wurde die Myrrhe schon früh verwendet. „Seit dem 5.
Jahrhundert vor Christus wurde sie von den Griechen zur
Wundbehandlung, bei chronischem Husten, Asthma und Entzündungen der
Mundhöhle eingesetzt. Arabische Ärzte legten dann um 1000 nach
Christus den Schwerpunkt der Anwendungen auf den Magen-Darm-Bereich,
was auch von europäischen Ärzten des Mittelalters übernommen wurde“,
ergänzt Mayer. Die verschiedenen Verwendungsmöglichkeiten der Myrrhe
wurden bis ins 20. Jahrhundert fortgeführt, die genauen
Wirkmechanismen waren wie bei vielen pflanzlichen Mitteln lange nicht
bekannt. Myrrhe besteht aus dem an der Luft gehärteten Gummiharz,
das aus verschiedenen Myrrhenbaum-Arten gewonnen wird. Wichtige
Inhaltsstoffe sind das ätherische Öl, Harz sowie Bitter- und
Gerbstoffe. Die Myrrhe besitzt entzündungshemmende Eigenschaften,
senkt den Spannungszustand der glatten Darmmuskulatur und lindert so
Darmkrämpfe. In den letzten Jahren wurden die aus der
Erfahrungsmedizin schon lange bekannten Wirkungen der biblischen
Arzneipflanze in verschiedenen Studien näher untersucht.
Myrrhe: Wirksamkeit wissenschaftlich belegt
Eine Forschergruppe der Universität Leipzig konnte bereits 2012
belegen, dass Myrrhe den Spannungszustand der glatten Darmmuskulatur
senkt, die Stärke der Darmkontraktionen verringert und dadurch
Darmkrämpfe lindern kann. Der hier untersuchte Myrrhe-Extrakt
bewirkte insgesamt eine Verminderung der Darmbewegungen. Weitere
aktuelle Untersuchungen an der Universität Leipzig bestätigen darüber
hinaus, dass „entzündungsfördernde Prozesse gehemmt werden und sich
die einzelnen Pflanzenstoffe aus Myrrhe, Kamille und Kaffeekohle in
ihrer Wirkung gegenseitig verstärken können“ [1-4], erläutert Stange.
Zudem konnte gezeigt werden, dass Myrrhe die Darmbarriere unter
entzündlichen Bedingungen stabilisieren kann [5]. Und bei Patienten
mit Colitis ulcerosa im akuten Schub sorgte die Myrrhe-Kombination
für eine höhere Konzentration an – für die Bakterienflora günstigen –
kurzkettigen Fettsäuren im Darm als das synthetische
Standardmedikament (Mesalazin) [6].
In der 2014 veröffentlichten Beobachtungsstudie mit mehr als 1.000
Patienten in 131 deutschen Arztpraxen erschien das
Dreipflanzen-Arzneimittel zur Unterstützung der Magen-Darm-Funktion
bei der Behandlung von Durchfall gut wirksam und verträglich. Es kam
zu einer deutlichen Besserung der Durchfallsymptomatik und des
Gesamtbeschwerdebilds bei Reizdarm, chronischen Darmerkrankungen und
akuten Durchfällen. Reizdarm-Patienten gaben außerdem eine Reduktion
von Blähungen an[7]. Des Weiteren konnte in einer 2013
veröffentlichten randomisiert-kontrollierten Studie gezeigt werden,
dass die Arzneipflanzenkombination zur Erhaltung der
Beschwerdefreiheit (schubfreien Phase) bei chronischer
Dickdarmentzündung (Colitis ulcerosa) annähernd vergleichbar wirksam
war wie das chemisch definierte Standardmedikament [8].
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Literatur:
[1] Vissiennon C. et al. Antispasmodic Effects of Myrrh due to
Calcium Antagonistic Effects in Inflamed Rat Small Intestinal
Preparations. Planta Med. 2015
[2] Vissiennon C. et al. Mechanisms on spasmolytic and
anti-inflammatory effects of a herbal medicinal product consisting of
myrrh, chamomile flower, and coffee charcoal. Wien Med Wochenschr.
2017
[3] Vissiennon C. et al. Chamomile Flower, Myrrh and Coffee
Charcoal, Components of a Traditional Herbal Medicinal Product,
Diminish Proinflammatory Activation in Human Macrophages. Planta Med.
2017
[4] Vissiennon C. et al. Synergistic interactions of chamomile
flower, myrrh and coffee charcoal in inhibiting pro-inflammatory
chemokine release from activated human macrophages. Synergy. 2017
[5] Rosenthal R. et al. Myrrh exerts barrier-stabilising and
-protective effects in HT-29/B6 and Caco-2 intestinal epithelial
cells. Int J Colorectal Dis. 2016
[6] Langhorst J. et al. Distinct patterns of short chain fatty
acids during flare in patients with ulcerative colitis under
treatment with mesalazine or a herbal combination of chamomile
flower, myrrh and coffee charcoal. Gastroenterology. 2017
[7] Albrecht U. et al. Efficacy and safety of a herbal medicinal
product containing myrrh, chamomile and coffee charcoal for the
treatment of gastrointestinal disorders: a non-interventional study.
BMJ Open Gastro. 2014
[8] Langhorst J. et al. Randomised clinical trial: a herbal
preparation of myrrh, chamomile and coffee charcoal compared with
mesalazine in maintaining remission in ulcerative colitis – a
double-blind, double-dummy study. Aliment Pharmacol Ther. 2013
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