Sky Stiftungsprofessor Dr. Andreas Graefe von der Hochschule Macromedia präsentiert gemeinsam mit Wissenschaftlern der LMU München und des Fraunhofer Instituts für Kommunikation, Informationsverarbeitung und Ergonomie neue Erkenntnisse zur Rezeption von computer-generierten Kurznachrichten. Das Ergebnis: in Bezug auf Glaubwürdigkeit und wahrgenommene Expertise punkten die automatisiert erstellten Texte gegenüber den Texten der menschlichen Verfasser. Lediglich die Lesbarkeit wird bei den Kurznachrichten der menschlichen Autoren als besser eingestuft. Grundlage der Untersuchung bilden die Angaben von 986 Studienteilnehmern.
Schon jetzt setzen führende Nachrichtenagenturen wie die Associated Press Algorithmen ein, um in Bereichen wie Sportergebnissen, Wettervorhersagen, Verkehrsnachrichten, Geschäftsberichten oder Aktienkursen aus Zahlen standardisierte Kurznachrichten zu generieren. Während sich in Redaktionskreisen eine gewisse Skepsis gegenüber dem sogenannten „Roboterjournalismus“ hält, zeigt eine aktuelle Studie von Sky Stiftungsprofessor Dr. Andreas Graefe: Algorithmen beherrschen die standardisierten Kurznachrichten in Sport und Finanzen nicht nur ebenso gut, sondern in Teilen sogar besser als ihre menschlichen Kollegen. Das zeigen die Bewertungen von 986 Probanden, denen je eine Version einer Sport- und einer Finanznachricht von einem menschlichen Verfasser und eine von einem Algorithmus generierte Version zur Bewertung vorgelegt wurde. Dabei machten die Wissenschaftler einem Teil der Probanden systematisch falsche Angaben zur Urheberschaft der Texte, um insgesamt eine unvoreingenommene Gesamtaussage zur Qualität der Texte zu erreichen.
Das Wissen um den Verfasser verändert die Rezeption der Kurznachrichten signifikant
Die Auswertungen der Online-Befragung zeigen in Bezug auf die wahrgenommene Glaubwürdigkeit und journalistische Expertise einen leichten Ausschlag zugunsten der computer-generierten Texte. Anders sah es hingegen bei der Bewertung der Lesbarkeit der Texte aus: Hier wurden die Textversionen der Journalisten substantiell besser beurteilt als die automatisiert erstellten. Interessanterweise galt dies auch für Texte, welche lediglich als vom Journalisten geschrieben deklariert, tatsächlich aber vom Computer generiert wurden. Die höhere Kompetenzzuschreibung zugunsten der menschlichen Verfasser ließ sich bei sämtlichen Befragungsvariationen nachweisen.
„Ein menschlicher Verfasser genießt nach wie vor größeres Vertrauen bei den Lesern als es Algorithmen tun – auch wenn die von Algorithmen generierten Texte von denselben Lesern als überlegen wahrgenommen werden. Das ist zwar widersprüchlich, aber sicher eine relevante Information für die Zeitungs- und Medienmacher. Insgesamt zeigt die Studie, wie fortgeschritten die komplexen Programme für Computerlinguistik und Textgenerierung heute sind“, so Andreas Graefe, der die Nutzung datenbasierter Services in verschiedenen Bereichen wie Journalismus, Marketing oder Vorhersagen erforscht und seit Wintersemester 2015/16 an der Macromedia Business School am Campus München lehrt.
Über die Studie
Autoren der Studie sind: Prof. Dr. Andreas Graefe (Hochschule Macromedia), Mario Haim (lfKW), Dr. Bastian Haarmann (Fraunhofer Institut für Kommunikation, Informationsverarbeitung und Ergonomie) und Prof. Dr. Hans-Bernd Brosius (LMU München). An der Befragung nahmen insgesamt 1.107 Personen teil, davon flossen die 986 vollständig ausgefüllten Bewertungsbögen in die Untersuchung ein. Das Durchschnittsalter der Probanden lag bei 38 Jahren, 53 Prozent der Befragten waren Frauen, 55 Prozent verfügten über einen akademischen Abschluss.
Graefe, Andreas; Haim, Mario; Haarmann, Bastian & Brosius, Hans-Bernd (2016). Readers“ perception of computer-generated news: Credibility, expertise, and readability. Journalism, DOI: 10.1177/1464884916641269