Mit einem neuen Verfahren stellen Forscher der
Technischen Universität München (TUM) und der
Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) hauchdünne, robuste und
gleichzeitig hochporöse Halbleiterschichten her. Ein viel
versprechendes Material – beispielsweise für kleine, leichte und
langlebige flexible Solarzellen oder Elektroden für leistungsfähigere
Akkus.
Die Beschichtung des Plättchens, das Professor Thomas Fässler,
Inhaber des Lehrstuhls für Anorganische Chemie mit Schwerpunkt Neue
Materialien an der TU München in Händen hält, schimmert wie Opal. Und
sie hat erstaunliche Eigenschaften: Sie ist hart wie ein Kristall,
hauchdünn und – da hochporös – federleicht.
Indem sie in die Poren des Materials geeignete organische Polymere
einbauen, können die Wissenschaftler die elektrischen Eigenschaften
der entstehenden Hybridmaterialien maßschneidern. Die Bauweise spart
nicht nur Platz, sondern schafft auch große Grenzflächen, die den
Wirkungsgrad erhöhen.
„Unser Ausgangsmaterial kann man sich wie ein großporiges Gerüst
vorstellen, ähnlich aufgebaut wie eine Bienenwabe. Die Wände bestehen
aus anorganischem, halbleitendem Germanium, das elektrische Ladungen
erzeugen und speichern kann. Weil die Wabenwände hauchdünn sind,
müssen Ladungen keine weiten Wege zurücklegen“, erklärt Fässler.
Der neue Bauplan: Bottom-up statt Top-down
Um sprödes, hartes Germanium in eine flexible und poröse Schicht
zu verwandeln, mussten die Forscher allerdings einige Tricks
anwenden. Traditionell werden Ätztechniken eingesetzt, um die
Oberfläche von Germanium zu strukturieren. Diese Top-down-Methode ist
jedoch auf atomarer Ebene schwer kontrollierbar. Das neue Verfahren
löst dieses Problem.
Zusammen mit seinem Team hat Fässler einen Syntheseweg etabliert,
der die gewünschten Strukturen exakt und reproduzierbar erzeugt:
Ausgangsmaterial sind Cluster aus jeweils neun Germanium-Atomen. Weil
diese Cluster elektrisch geladen sind, stoßen sie sich ab, solange
sie sich in Lösung befinden. Eine Vernetzung findet erst statt, wenn
das Lösungsmittel abgedampft wird.
Sie kann durch einfaches Erhitzen auf 500 °C oder chemisch
erfolgen. Dazu gibt man beispielsweise Germaniumchlorid zu. Nimmt man
stattdessen andere Chloride, wie zum Beispiel Phosphorchlorid, so
lassen sich die Germaniumstrukturen auf einfachste Weise dotieren.
Die Eigenschaften der resultierenden Nanomaterialien können die
Wissenschaftler damit gezielt einstellen.
Kunststoffkügelchen als Nano-Template
Damit die Germanium-Cluster die gewünschten porösen Strukturen
bilden, entwickelte LMU-Forscherin Dr. Dina Fattakhova-Rohlfing eine
Methode, die eine Nanostrukturierung ermöglicht: Winzige
Polymerkügelchen bilden im ersten Schritt dreidimensionale
Schablonen.
Im nächsten Schritt füllt die Germaniumcluster-Lösung die Lücken
zwischen den Kügelchen. Sobald sich auf der Oberfläche der Kügelchen
stabile Germanium-Netzwerke gebildet haben, werden die Template durch
Erhitzen herausgelöst. Übrig bleibt der porenreiche Nano-Film.
Die eingesetzten Polymerkügelchen haben einen Durchmesser von 50
bis 200 Nanometern und bilden eine Opalstruktur. Das
Germanium-Gerüst, das an ihren Oberflächen entsteht, bildet die
Negativform – eine inverse Opalstruktur. Die Nanoschichten schimmern
daher wie Opal.
„Schon das poröse Germanium hat einzigartige optische und
elektrische Eigenschaften, von dem viele energierelevante Anwendungen
profitieren können“, sagt LMU-Forscherin Dr. Dina
Fattakhova-Rohlfing, die zusammen mit Fässler das Material
entwickelte. „Darüber hinaus können wir die Poren mit verschiedensten
funktionellen Stoffen füllen und so eine breite Palette neuartiger
Hybridmaterialien erzeugen.“
Nano-Schichten machen portable Photovoltaik fit für die Zukunft
„Kombiniert mit Polymeren eignen sich poröse Germanium-Strukturen
für die Entwicklung einer neuen Generation stabiler, superleichter
und flexibler Solarzellen, die unterwegs Handy, Kamera und Laptop
aufladen könnten“, erläutert Physiker Peter Müller-Buschbaum,
Professor für Funktionelle Materialien der TU München.
Hersteller auf der ganzen Welt suchen derzeit nach leichten und
strapazierfähigen Materialien für portable Solarzellen. Bisher werden
meist organische Verbindungen verwendet, die empfindlich und nicht
besonders langlebig sind. Durch Hitze und Lichteinstrahlung zersetzen
sich die Polymere, die Leistung nimmt ab. Die dünnen und gleichzeitig
stabilen Germanium-Hybridschichten wären da eine echte Alternative.
Nanoschichten für neue Batteriesysteme
Als nächstes wollen die Forscher die neue Technik nutzen, um auch
hochporöse Silizium-Schichten herzustellen. Die Schichten werden
derzeit auch als Anode für wieder aufladbare Batterien getestet. Sie
könnten die bisher üblichen Graphitschichten in Akkus ersetzen und
deren Kapazität verbessern.
Gefördert wurde die Entwicklung durch das Programm „Solar
Technologies go Hybrid“ des Bayerischen Wissenschaftsministeriums, im
Rahmen des Exzellenzclusters „Nanosystems Initiative Munich (NIM)
durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft sowie durch das Center for
Nanoscience (CeNS).
Publikation:
Zintl Clusters as Wet Chemical Precursors for Germanium
Nanomorphologies with Tunable Composition; Manuel M. Bentlohner,
Markus Waibel, Patrick Zeller, Kuhu Sarkar, Peter Müller-Buschbaum,
Dina Fattakhova-Rohlfing, Thomas F. Fässler Angewandte Chemie, online
03.12.2015 – DOI: 10.1002/ange.201508246
http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/ange.201508246/full
Bildmaterial:
https://mediatum.ub.tum.de/?id=1285358
Video: https://vimeo.com/76125397
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Die Technische Universität München (TUM) ist mit mehr als 500
Professorinnen und Professoren, rund 10.000 Mitarbeiterinnen und
Mitarbeitern und 39.000 Studierenden eine der forschungsstärksten
Technischen Universitäten Europas. Ihre Schwerpunkte sind die
Ingenieurwissenschaften, Naturwissenschaften, Lebenswissenschaften
und Medizin, ergänzt um Wirtschafts- und Bildungswissenschaften. Die
TUM handelt als unternehmerische Universität, die Talente fördert und
Mehrwert für die Gesellschaft schafft. Dabei profitiert sie von
starken Partnern in Wissenschaft und Wirtschaft. Weltweit ist sie mit
einem Campus in Singapur sowie Verbindungsbüros in Brüssel, Kairo,
Mumbai, Peking, San Francisco und São Paulo vertreten. An der TUM
haben Nobelpreisträger und Erfinder wie Rudolf Diesel, Carl von Linde
und Rudolf Mößbauer geforscht. 2006 und 2012 wurde sie als
Exzellenzuniversität ausgezeichnet. In internationalen Rankings
gehört sie regelmäßig zu den besten Universitäten Deutschlands.
www.tum.de
Pressekontakt:
Prof. Dr. Thomas F. Fässler
Technische Universität München
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