Umweltfreundliche Antibiotika: DBU gibt 460.000 Euro für Forschungsprojekt an Uni Lüneburg

„Weltweiten Eintrag von Medikamentenwirkstoffen
in die Umwelt stoppen“

Weltweit finden sich Rückstände von Medikamentenwirkstoffen in
Flüssen, Bächen und Seen. Die Kläranlagen können die vom Menschen
wieder ausgeschiedenen, nur schwer abbaubaren Arzneistoffe nicht
zurückhalten. „Es ist dringend notwendig, den Eintrag von
pharmazeutischen Wirkstoffen in die Umwelt zu stoppen. Sie können die
Umwelt schädigen und langfristig ein Risiko für die menschliche
Gesundheit darstellen“, sagt Dr. Heinrich Bottermann, Generalsekretär
der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU). Eine verbesserte
Abwasserreinigung werde alleine nicht ausreichen. Deshalb unterstützt
die DBU fachlich und finanziell mit über 460.000 Euro die Leuphana
Universität Lüneburg, die ein umweltverträgliches, leichter
abbaubares Antibiotikum entwickeln will. Bottermann fordert aber
auch, den Umgang mit Antibiotika in der Tier- und Humanmedizin auf
das absolute Minimum zu reduzieren und warnt vor zu großen
verabreichten Mengen und dadurch zunehmend auftretenden
antibiotikaresistenten Bakterien.

Zu der wichtigen Gruppe der vielverschriebenen Fluorchinolonen
gehört das Antibiotikum „Ciprofloxacin“, sagt DBU-Experte Dr.
Maximilian Hempel. Es habe ein breites Wirkspektrum und werde zur
Behandlung von bakteriellen Infektionen und Entzündungen eingesetzt.
Im Gegensatz zu anderen Antibiotika wie Penicillin sei Ciprofloxacin
besonders stabil bzw. schwer abbaubar und bereits bei geringer
Konzentration sehr wirksam. Es lasse sich im Abwasser von
Krankenhäusern und Kläranlagen und in Oberflächengewässern sowie in
Gülle und güllebehandelten Böden wiederfinden. Antibiotika könnten
Mikroorganismen, die Abwasserreinigung und das Ökosystem in
Oberflächengewässern stören. Außerdem könnten sie zur Bildung von
Antibiotikaresistenzen führen, was eine Gefahr der Wirkungslosigkeit
gegen krankheitserregende Keime berge.

Professor Dr. Klaus Kümmerer will am Institut für Nachhaltige
Chemie und Umweltchemie die Struktur von Ciprofloxacin mithilfe
computergestützter Berechnungen so verändern, dass es bei gleicher
Wirksamkeit im menschlichen und tierischen Körper besser abbaubar ist
und gar nicht mehr in die Umwelt gelangen kann. „Auf der Basis von
Voruntersuchungen zur Abbaubarkeit wollen wir zunächst die bestehende
Wirksubstanz analysieren und sie mithilfe von Computermodellen
vielfach verändern. Die dann entstandenen Varianten wollen wir in
theoretischen Rechenmodellen auf eine verbesserte biologische
Abbaubarkeit und geringere toxikologische Effekte prüfen“, erklärt
Kümmerer. Anschließend sollen die aussichtsreichsten „Kandidaten“ im
Labor chemisch-synthetisch hergestellt und im Reagenzglas mit Blick
auf antibiotische Wirksamkeit gegenüber resistenten Keimen,
biologische Abbaubarkeit und mögliche Nebenwirkungen für Mensch und
Umwelt getestet werden. „Das Projekt kann dazu beitragen, den
Konflikt zwischen Wirksamkeit von Arzneistoffen einerseits und Natur-
und Umweltschutz andererseits zu entschärfen. Die vorausschauende
Planung des Herstellungsprozesses von Antibiotika kann dabei helfen,
Umweltrisiken zu verringern“, sagt Hempel. Das Projekt sei besonders
anspruchsvoll und innovativ, weil es helfe, umweltfreundliche
wirksame Antibiotika zu entwickeln, an denen es bisher mangele.
Bottermann: „Um den Eintrag von Arzneimittelrückständen in die Umwelt
zu vermeiden, muss die gesamte Lebenskette der Wirkstoffe in den
Blick genommen werden: von der Entwicklung abbaubarer Wirkstoffe, der
Änderung der Verabreichungsform, der besseren Abbaubarkeit im
menschlichen bzw. tierischen Körper über das Einrichten von
Rücknahmesystemen bis hin zum Entwickeln geeigneter
Rückhaltetechniken in den Klärwerken.“

Pressekontakt:
Ansprechpartner
Franz-Georg Elpers
– Pressesprecher –
Marina Stalljohann-Schemme
Anneliese Grabara

Kontakt DBU
An der Bornau 2
49090 Osnabrück
Telefon: 0541|9633-521
Telefax: 0541|9633-198
presse@dbu.de
www.dbu.de

Ansprechpartner für Fragen zum Projekt:
Prof. Dr. Klaus Kümmerer, Institut für Nachhaltige Chemie und
Umweltchemie, Leuphana Universität Lüneburg
Telefon: 04131/677-2839
Fax: 04131/677-2848
E-Mail: klaus.kuemmerer@leuphana.de

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