Ethikrat legt Stellungnahme zur Biosicherheit vor

Wie sollte man mit Forschung umgehen, die zum
medizinischen Fortschritt oder anderen gesellschaftlich wichtigen
Zielen beitragen möchte, gleichzeitig aber auch von Bioterroristen
oder anderen Straftätern missbraucht werden könnte? Zu dieser Frage
gibt der Deutsche Ethikrat in seiner heute der Bundesregierung und
der Öffentlichkeit übergebenen Stellungnahme „Biosicherheit –
Freiheit und Verantwortung in der Wissenschaft“ fünf Empfehlungen ab,
die von bewusstseinsbildenden Maßnahmen und einem bundesweit gültigen
Forschungskodex für Wissenschaftler bis hin zu Vorschlägen für
rechtlich verbindliche Regelungen und internationale Initiativen
reichen.

Manche Forschungsergebnisse in den Lebenswissenschaften können
nicht nur zum Nutzen des Einzelnen und der Gesellschaft angewandt,
sondern auch in Schädigungsabsicht missbraucht werden. Zwei Studien,
in deren Verlauf die Übertragbarkeit von Vogelgrippeviren zwischen
Säugetieren experimentell erhöht worden war, hatten 2012 weltweit
eine bis heute andauernde internationale Diskussion über den Umgang
mit missbrauchsgefährdeter Forschung in den Lebenswissenschaften
ausgelöst.

Besorgniserregende biosicherheitsrelevante Forschung (Dual Use
Research of Concern, kurz DURC) umfasst Arbeiten, bei denen
anzunehmen ist, dass sie Wissen, Produkte oder Technologien
hervorbringen, die direkt von Dritten missbraucht werden können, um
das Leben oder die Gesundheit von Menschen, die Umwelt oder andere
Rechtsgüter zu schädigen.

Der Ethikrat hat im Auftrag der Bundesregierung erörtert, ob die
in Deutschland geltenden rechtlichen Regelungen und die
Verhaltenskodizes von Wissenschaft und Wirtschaft ausreichen, um das
Missbrauchspotenzial von DURC zu minimieren. Er kommt dabei zu dem
Ergebnis, dass zwar viele Regelungen existieren, aber weitere
bewusstseinsbildende und verantwortungsfördernde Maßnahmen sowie
rechtliche Regelungen für eine angemessene Risikovorsorgestrategie
notwendig sind.

Im Einzelnen spricht sich der Ethikrat erstens dafür aus, in der
Wissenschaftsgemeinschaft das Bewusstsein für Missbrauchsgefahren zu
schärfen, zweitens einen bundesweit gültigen Forschungskodex für
einen verantwortlichen Umgang mit missbrauchsgefährdeter Forschung zu
erstellen und drittens die Förderung von DURC-Vorhaben an das
positive Votum einer neu einzurichtenden DURC-Kommission zu knüpfen.

In seiner vierten Empfehlung macht der Ethikrat Vorschläge für
rechtlich verbindliche Regelungen. Dazu gehören die gesetzliche
Definition von DURC, die Einsetzung einer DURC-Kommission, die
Verpflichtung, sich vor Durchführung solcher Forschung durch dieses
Gremium beraten zu lassen, sowie die Verankerung eines Verfahrens zur
Evaluation des DURC-Beratungsverfahrens.

Die Beratung der DURC-Kommission soll sich u.a. auf die Frage
beziehen, ob die Risiken im Verhältnis zu den Chancen verantwortbar
sind. Die Kommission soll ferner Empfehlungen zu Maßnahmen der
Risikominimierung, zu einem begleitenden Monitoring, zu geplanten
Forschungskooperationen sowie zur Weitergabe und Veröffentlichung von
DURC-Ergebnissen geben.

Einige Ratsmitglieder empfehlen die Ergänzung des
Beratungsverfahrens um ein Genehmigungsverfahren durch eine
Bundesbehörde.

In seiner fünften Empfehlung fordert der Ethikrat die
Wissenschaftsgemeinschaft und die Bundesregierung auf, sich auch in
der Europäischen Union und international für die Entwicklung
vergleichbarer Standards im Umgang mit biosicherheitsrelevanter
Forschung einzusetzen.

Die Stellungnahme kann unter
http://www.ethikrat.org/dateien/pdf/stellungnahme-biosicherheit.pdf
abgerufen werden.

Pressekontakt:
Ulrike Florian
Deutscher Ethikrat
Referentin für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Jägerstraße 22/23
D-10117 Berlin

Tel: +49 30 203 70-246
Fax: +49 30 203 70-252
E-Mail: florian@ethikrat.org
URL: www.ethikrat.org

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