Wissenschaft am Donnerstag, am 21. Januar 2016
20.15 Uhr: „Notfall im Mutterleib“, Dokumentation
21.00 Uhr: „scobel – Embryonen-Check. Wie gehen wir zukünftig mit
Behinderung um?“, Gesprächssendung
Erstausstrahlungen
Immer öfter gelingt es sogenannten Fetalchirurgen – Ärzten, die
vorgeburtliche Operationen am Baby durchführen -, durch gewagte
Eingriffe ungeborenes Leben zu retten. Die Kinderklinik von
Philadelphia gilt als weltweit führend, was pränatale Operationen an
Föten im Mutterleib angeht. Während der Operation holen die Ärzte den
Fötus teilweise aus dem Uterus heraus, um ihn am Ende des Eingriffs
wieder in die Gebärmutter zurückzulegen. Das Team um Holly Hedrick
von der Kinderklinik in Philadelphia lässt Kinder gewissermaßen
zweimal zur Welt kommen: Bei der pränatalen OP und einige Wochen
später dann bei der eigentlichen Geburt.
Vor über 30 Jahren hatte Michael Harrison an der Universität von
San Francisco erstmals ein Kind im Uterus operiert. Ursprünglich
wurden nur seltene Fehlbildungen korrigiert, die unkorrigiert zum Tod
des Kindes noch vor der Geburt geführt hätten. Inzwischen wagen sich
die Fetalchirurgen immer weiter in den Grenzbereich der pränatalen
Medizin vor. Immer noch verbunden mit einem hohen Risiko versuchen
die Experten nicht mehr nur das Leben der Kleinsten zu retten,
sondern ihnen auch die Hoffnung auf eine verbesserte Lebensqualität
zu geben.
Die Dokumentation „Notfall Im Mutterleib“ von Monica Lange
begleitet Familien während unterschiedlicher Phasen ihres emotionalen
Entscheidungsprozesses für oder gegen einen Eingriff während der
Schwangerschaft. Immerhin ist die Operation eine große Belastung für
Mutter und Kind. Durch die oft monatelange Betreuung entwickelt sich
zwischen Patienten und dem engagierten Ärzteteam eine ungewöhnlich
enge Bindung.
Um 21.00 Uhr folgt im Rahmen von „Wissenschaft am Donnerstag“ die
Gesprächssendung „scobel“. Gert Scobel diskutiert mit seinen Gästen –
Thomas Kohl, Leiter des Deutschen Zentrums für Fetalchirurgie &
minimal-invasive Therapie (DZFT), Marianne Hirschberg, Hochschule
Bremen University of Applied Sciences, Dagmar Schmitz, Institut für
Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin, Uniklinik Aachen, und
Nicolai Kohlschmidt, Facharzt für Humangenetik – über den
„Embryonen-Check“.
Ein kleiner Tropfen Blut genügt, um eine Fülle von Informationen
über das ungeborene Leben und seine gesundheitliche Zukunft zu
gewinnen. Ab 2016 soll der Praenatest flächendeckend als
Kassenleistung in Deutschland eingeführt werden. Aufgrund seiner
unbestrittenen Vorteile ersetzt er die mit Risiken behaftete
Fruchtwasseruntersuchung. Doch sind wir ethisch vorbereitet auf immer
umfassendere Informationen über das noch ungeborene Leben?
Neun von zehn Föten mit Trisomie 21-Diagnose werden in Deutschland
abgetrieben. Nur 30 Prozent der Kinder mit der gefürchteten Diagnose
„offener Rücken“ werden ausgetragen, obwohl Pränatal-Chirurgen in
Leistungszentren erstaunliche Erfolge erzielen. Die Operation des
Fötus im Mutterleib mildert die Symptomatik der Erkrankung
nachgeburtlich nachweislich ganz erheblich ab. Dennoch wird es den
Operateuren nicht leicht gemacht, ihre innovative Technik anzuwenden.
Mit der zunehmenden Verbreitung von Gentests als
Regel-Kassenleistung stellt sich die Frage, ob allein die
Diagnosemöglichkeit nicht zu einer noch größeren vorgeburtlichen
Auslese führen wird. Werden Eltern von Kindern mit genetisch
bedingten Behinderungen in Zukunft in die Situation geraten, sich
rechtfertigen zu müssen? Wie vollkommen muss der Mensch in unserer
Leistungsgesellschaft beschaffen sein, um als wertvoll angesehen zu
werden? Wer entscheidet, wer leben darf und wer nicht und nach
welchen Kriterien?
Bereits jetzt lassen sich Auswüchse und Missbrauch der leichteren
vorgeburtlichen Analyse nachweisen. Laut einer Studie des
UN-Bevölkerungsfonds wird die mit den Tests verbundene Möglichkeit
der Geschlechtsbestimmung in Albanien dazu verwendet, Mädchen gezielt
abzutreiben. Fest steht, dass Deutschland in Sachen Inklusion nach
wie vor wenig Engagement und Erfolge verzeichnet. Zwar hat
Deutschland 2009 die UN-Behindertenrechtskonvention unterzeichnet.
Bei der Überprüfung der Umsetzung durch die UNO aber erhielt es die
„Schulnote“ Fünf. Wie wollen und werden wir zukünftig in unserer
Gesellschaft mit Behinderungen umgehen?
Gert Scobels Gäste sind:
Thomas Kohl, Leiter des Deutschen Zentrums für Fetalchirurgie &
minimal-invasive Therapie (DZFT)
Marianne Hirschberg, Disability Studies, Hochschule Bremen University
of Applied Sciences
Dagmar Schmitz, Institut für Geschichte, Theorie und Ethik der
Medizin, Uniklinik Aachen
Nicolai Kohlschmidt, Facharzt für Humangenetik, Medizinische Genetik
Hinweis für Journalisten: Den Stream der Dokumentation „Notfall im
Mutterleib“ finden Sie hier: https://pressetreff.3sat.de/programm/pro
grammhinweise/artikel/notfall-im-mutterleib/
Weitere Informationen zur „scobel“-Ausgabe: https://pressetreff.3sat.
de/programm/programmhinweise/artikel/embryonen-check-wie-gehen-wir-zu
kuenftig-mit-behinderung-um/
Bilder von Gert Scobel und der Wissenschaftsdokumentation „Notfall im
Mutterleib“ liegen hier bereit:
https://presseportal.zdf.de/presse/wad
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