Forschende des Leibniz-Instituts DSMZ-Deutsche Sammlung von Mikroorganismen und Zellkulturen GmbH in Braunschweig haben eine frei zugängliche Datenbank für Wachstumsmedien von Mikroorganismen veröffentlicht. Den Inhalt und die Funktionen dieser weltweit einzigartigen Datenbank – MediaDive ( https://mediadive.dsmz.de/) – erläutern die Forschungstreibenden in ihrem im renommierten Fachjournal Nucleic Acids Research veröffentlichten Beitrag.
Mikroorganismen wie Bakterien und Pilze sind die Grundlagen für das Leben und Überleben auf der Erde. Trotzdem ist bisher erst schätzungsweise ein Prozent der existierenden Mikroorganismen identifiziert und charakterisiert worden. Dies liegt unter anderem daran, dass viele Mikroorganismen im Labor nicht wachsen und somit nicht untersucht werden können. Hier setzt die neuartige Datenbank MediaDive an. Sie bietet der globalen Wissenschaftsgemeinschaft freien Zugriff auf aktuell über 3.270 Anzuchtmedien für mehr als 44.000 verschiedene Prokaryoten, Pilze, Algen und Protozoen. Die in MediaDive eingetragenen Wachstumsmedien werden fortlaufend von den Forschenden der DSMZ kuratiert. Damit setzt MediaDive weltweit erstmalig Standards für die Dokumentation und Entwicklung von Kulturmedien. Bei der Suche nach dem richtigen Anzuchtmedium für bislang unkultivierbare Mikroorganismen hilft beispielsweise die Taxonomy Search, die Anzuchtmedien für nah-verwandte Organismen vorschlägt. Die Daten dazu stammen unter anderem aus der verknüpften DSMZ-Datenbank LPSN (List of Prokaryotic names with Standing in Nomenclature). Die Suche von Zutaten und deren Konzentrationen können Forschende im Medium Finder durchführen.
MediaDive unterstützt Forschende aber auch bei Fragen hinsichtlich der Zusammensetzung und Herstellung von Kulturmedien. So sind beispielsweise die Herstellungsschritte für jedes Anzuchtmedium detailliert aufgelistet. Nutzende haben zudem die Möglichkeit, hinterlegte Medienrezepte nach ihren eigenen Bedürfnissen zu modifizieren. Ein weiteres Werkzeug innerhalb von MediaDive, der Medium Builder, befindet sich gerade in der Testphase. Hier können Forschungstreibende ihr eigenes Anzuchtmedium kreieren und in der Datenbank hinterlegen. „Es ist ein großer Gewinn für die Forschungscommunity, wenn weitere Bioressourcen-Sammlungen, aber auch einzelne Forschende, ihre Medienrezepte in MediaDive hinterlegen, um so insbesondere die Anzucht von bisher unkultivierbaren Mikroorganismen zu unterstützen.“ wünscht sich Erstautorin Dr. Julia Koblitz, Biologin und Datenbankentwicklerin an der DSMZ. Bislang sind die Anzuchtmedien anderer Bioressourcen-Zentren wie der Japanese Collection of Microorganisms und der britischen Culture Collection of Algae & Protozoa bereits integriert, weitere sollen folgen. Die dadurch weiter ausgebaute Datenbank hilft dabei, neue Kulturmedien mittels Künstlicher Intelligenz vorherzusagen.
Originalpublikation
Koblitz J., Halama P., Spring S., Thiel V., Baschien C., Hahnke R.L., Pester M., Overmann J., Reimer L.C. MediaDive: the expert-curated cultivation media database. Nucleic Acids Res. 2022 Sep 22;gkac803. doi: 10.1093/nar/gkac803
DSMZ-Pressekontakt:
PhDr. Sven-David Müller, Pressesprecher des Leibniz-Instituts DSMZ-Deutsche Sammlung von Mikroorganismen und Zellkulturen GmbH
Tel.: 0531/2616-300
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Über das Leibniz-Institut DSMZ
Das Leibniz-Institut DSMZ-Deutsche Sammlung von Mikroorganismen und Zellkulturen GmbH ist die weltweit vielfältigste Sammlung für biologische Ressourcen (Bakterien, Archaeen, Protisten, Hefen, Pilze, Bakteriophagen, Pflanzenviren, genomische bakterielle DNA sowie menschliche und tierische Zellkulturen). An der DSMZ werden Mikroorganismen sowie Zellkulturen gesammelt, erforscht und archiviert. Als Einrichtung der Leibniz-Gemeinschaft ist die DSMZ mit ihren umfangreichen wissenschaftlichen Services und biologischen Ressourcen seit 1969 globaler Partner für Forschung, Wissenschaft und Industrie. Die DSMZ ist als gemeinnützig anerkannt, die erste registrierte Sammlung Europas (Verordnung (EU) Nr. 511/2014) und nach Qualitätsstandard ISO 9001:2015 zertifiziert. Als Patenthinterlegungsstelle bietet sie die bundesweit einzige Möglichkeit, biologisches Material nach den Anforderungen des Budapester Vertrags zu hinterlegen. Neben dem wissenschaftlichen Service bildet die Forschung das zweite Standbein der DSMZ. Das Institut mit Sitz auf dem Science Campus Braunschweig-Süd beherbergt mehr als 82.000 Kulturen sowie Biomaterialien und hat knapp 200 Beschäftigte. www.dsmz.de
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