Das VDE-Institut nimmt in Offenbach am Main ein neues Batterie-
und Umwelttestzentrum in Betrieb. Auf mehr als 50 hochmodernen
Einrichtungen können Lithium-Ionen-Akkus für Elektrofahrzeuge im
neuen Testzentrum auf Sicherheit und Dauerfestigkeit getestet werden.
Die Prüfstände sind so dimensioniert, dass sie auch Lkw-Batterien mit
bis zu 400 Kilogramm Gewicht inklusive Befestigungsmaterial und
Abmessungen von bis zu 120 mal 120 Zentimetern aufnehmen können. Das
Zentrum steht Automobilherstellern und Zulieferern, aber auch
Forschungsinstitutionen und Behörden als Dienstleister zur Verfügung.
Herz des neuen Prüfzentrums ist eine Anlage, in der das
Batterieverhalten bei besonders schweren Unfällen untersucht werden
kann. Dazu gehört ein Fallturm, in dem die zu untersuchende Batterie
in bis zu zehn Meter Höhe aufgehängt und dann ausgeklingt wird. Beim
anschließenden Aufprall auf einen auf dem Betonfundament liegenden
simulierten Laternenpfahl erreicht der Akku eine Endgeschwindigkeit
von rund 50 Kilometer pro Stunde. Er darf, um die Prüfung zu
bestehen, anschließend nicht in Brand geraten. Der Test wird mit
einer Hochgeschwindigkeitskamera gefilmt und ermöglicht den
VDE-Ingenieuren so eine detaillierte Auswertung. In einem weiteren
Gebäudeteil können Batterien mit definierten Kräften gequetscht oder
durch das Eindringen eines Metalldorns zerstört werden. Die in
verschiedenen Industrienormen festgelegten Testkriterien – zum
Beispiel die Eindringgeschwindigkeit des Dorns – werden bei diesen
Prüfungen exakt eingehalten.
Nicht nur die Sicherheit, sondern auch die Langzeitstabilität von
Traktionsbatterien untersucht der VDE in seinem neuen Testzentrum.
Spezielle Prüfstandsaufbauten erlauben es, alle Fragen zu
beantworten, die über die Lebensdauer der Batterie entscheiden: Ist
die Batterie ausreichend gegen Spritzwasser oder eindringenden Staub
geschützt? Halten die verwendeten Kunststoffe auch bei längerer
Einwirkung von UV-Strahlung? Korrodieren Bauteile bei einem hohen
Salz- und Feuchtigkeitsgehalt der Luft? Wie verhält sich eine
Batterie bei minus 70 Grad Celsius? Und welchen Einfluss hat ein
Temperaturschock von bis zu 24 Kelvin je Minute auf die
Dauerfestigkeit? Wie verhält sich die Batterie beim Transport in der
Luft unter Unterdruckbedingungen?
Mechanische Belastungen, wie sie im Fahrzeug durch schlechte
Straßen auftreten, werden mit einem großen Schwingungsprüfstand
simuliert. Die Batterie ist bei diesem Test Kräften von bis zu 120
Kilonewton (entspricht 12 Tonnen) ausgesetzt, deren Richtung in
Sekundenbruchteilen wechselt. Um die Belastung zu maximieren, kann
der Schwingungsprüfstand klimatisiert werden.
Als elektrochemischer Energiespeicher verändert sich das Verhalten
eines Lithium-Ionen-Akkus im Lauf der Zeit, abhängig davon, wie oft
und wie schnell er be- und entladen wurde. Die meisten
Prüfeinrichtungen sind daher so gestaltet, dass die Batterie während
der Tests ge- und entladen werden kann. So kann auch die
Wechselwirkung der Batteriealterung mit anderen Einflussgrößen wie
Temperatur oder Luftfeuchtigkeit untersucht werden. Für das jeweilige
Prüfmuster optimal angeschlossene Zyklisierer laden und entladen die
Prüflinge nach einem frei programmierbaren Rhythmus mit Spannungen
von bis zu 1.000 Volt und Stromstärken bis zu 800 Ampere.
Gesamte Prüfkette Elektromobilität im VDE
Das neue Batterie- und Umwelttestzentrum ist nur ein Teil der
Prüfeinrichtungen, mit denen der VDE die komplette
Wertschöpfungskette der Elektromobilität abdeckt. Dazu gehören das
Testen der Funktionsfähigkeit und Sicherheit von Elektromotoren. Die
Strom-Spezialisten des VDE arbeiten bei der Typzulassung
(Homologation) von Elektrofahrzeugen in einer strategischen
Partnerschaft eng mit der GTÜ (Gesellschaft für Technische
Überwachung) zusammen. Darüber hinaus zertifiziert der VDE auch
Einrichtungen der Ladeinfrastruktur, von der elektrischen Sicherheit
bis hin zur Funktionsfähigkeit des Kommunikationsprotokolls
(Interoperabilität). Zur Verfügung steht auch ein hochmodernes Labor,
in dem die elektromagnetische Verträglichkeit von Elektrofahrzeugen
geprüft werden kann. In Planung befindet sich für die Erweiterung des
Offenbacher Prüfzentrums eine befahrbare Klima-Prüfkammer, in der
gesamte Fahrzeuge bis zur Größe eines Verteiler-Lkw auf Herz und
Nieren untersucht werden.
Auch wenn das Automobil im Mittelpunkt des neuen VDE-Testzentrums
steht, so können auch die Traktionsbatterien für andere
Elektrofahrzeuge wie Pedelecs (Fahrräder mit elektrischem Hilfsmotor)
untersucht werden. Dieses Marktsegment wächst stark und ist noch
weitgehend unreguliert. Darüber hinaus können auch Batterien/Akkus
für viele weitere Anwendungsfälle, wie beispielsweise Energienetze
oder Elektrowerkzeuge, geprüft werden.
Sicherheitskonzept für den Betrieb
Sicherheit steht im Offenbacher Prüfzentrum auch für das
Bedienpersonal im Vordergrund. Gesteuert werden alle Prüfstände des
Zentrums von einer zentralen Leitwarte aus, mit Video-, aber auch
Wärmebildkameras kann das Geschehen auf dem Prüfstand verfolgt
werden. Kritische Prüfstände sind mit elektrischen Türen versehen,
die versehentliches Betreten des Prüfstandes im laufenden Betrieb
verhindern. Die Lagerung der Batterien erfolgt in einem vom übrigen
Prüfbetrieb abgesetzten Gebäudeteil. Eine Notstromversorgung sorgt
dafür, dass Steuerungs- und Sicherheitseinrichtungen jederzeit
funktionsfähig bleiben.
Nähere Informationen unter www.vde-institut.com.
Über den VDE und das VDE-Institut
Der Verband der Elektrotechnik Elektronik und Informationstechnik
(VDE) ist mit 36.000 Mitgliedern (davon 1.300 Unternehmen, 8.000
Studierende, 6.000 Young Professionals) und 1.100 Mitarbeitern einer
der großen technisch-wissenschaftlichen Verbände Europas. Der VDE
vereint Wissenschaft, Normung und Produktprüfung unter einem Dach.
VDE-Tätigkeitsfelder sind der Technikwissenstransfer, die Forschungs-
und Nachwuchsförderung der Schlüsseltechnologien Elektrotechnik,
Elektronik und Informationstechnik und ihrer Anwendungen. Die
Sicherheit in der Elektrotechnik, die Erarbeitung anerkannter Regeln
der Technik als nationale und internationale Normen, Prüfung und
Zertifizierung von Geräten und Systemen sind weitere Schwerpunkte.
Das VDE-Zeichen, das 63 Prozent der Bundesbürger kennen, gilt als
Synonym für höchste Sicherheitsstandards. Mehr als 100.000 Geräte pro
Jahr unterziehen die unabhängigen Prüfingenieure der VDE Prüf- und
Zertifizierungs GmbH einem Härtetest bevor sie das VDE-Prüfzeichen
erhalten. Rund um den Globus überwachen die VDE-Experten mehr als
7.000 Fertigungsstätten. Kooperationsvereinbarungen mit mehr als 50
Ländern sorgen dafür, dass die vom VDE-Institut durchgeführten
Prüfungen international anerkannt sind. Weltweit tragen 200.000
Produkttypen mit einer Million Modellvarianten das VDE-Zeichen. Die
gemeinnützige VDE Prüf- und Zertifizierungsinstitut GmbH beschäftigt
in Offenbach rund 500 Mitarbeiter. Die Technologiegebiete des VDE:
Informationstechnik, Energietechnik, Medizintechnik, Mikroelektronik,
Mikro- und Nanotechnik sowie Automation. www.vde.com
Pressekontakt:
Melanie Mora, Telefon: 069 6308-461, melanie.mora@vde.com