Wovon ernähren sich „Mathilde“ und „Merel“ in
Marokko? Wo übernachten „Franz“ und „Klaus-Dieter“? Dr. Christiane
Trierweiler reiste mit Miniatursendern gekennzeichneten Wiesenweihen
hinterher, um in Nordafrika Antworten auf all die vielen offenen
Fragen zu finden. Fragen, die sich am Schreibtisch hinterm Computer
nicht beantworten lassen. Die Forschungspreisträgerin der Deutschen
Wildtier Stiftung hat jetzt ihren Abschlussbericht über die seltenen
Greifvögel vorgelegt, von denen es in Deutschland nur noch knapp 500
Brutpaare gibt. Die grazilen Greife stehen auf der Roten Liste und
sind als „stark gefährdet“ eingestuft. Hinter den nüchternen
Forschungsergebnissen dieses zweijährigen Projektes verbirgt sich
eine spannende Abenteuerreise im Geländewagen durch den Osten
Marokkos. Dr. Trierweiler sagt: „Selbst High Tech Satellitensender
sind heute nicht in der Lage, Fernglas und Notizblock zu ersetzen.“
Wiesenweihen waren früher in Deutschland weit verbreitet. Jetzt im
Juni brüten die letzten ihrer Art, viele haben ihren Horst in
Getreidefeldern. Das wird dem Nachwuchs oft zum Verhängnis, denn
Nester und Brut werden während der Getreideernte zerstört! Was in
Deutschland passiert, ist hinreichend dokumentiert. „Doch ihre
geheimnisvolle Abwesenheit in Afrika hat mich schon immer
beschäftigt“, sagt die Forscherin. Wenn sich die seltenen Greifvögel
im Herbst aus Deutschland verabschieden, hat Dr. Christiane
Trierweiler ihnen oft wehmütig nachgeschaut. „Erst die Deutsche
Wildtier Stiftung hat es mir durch den Forschungspreis ermöglicht,
den Wiesenweihen nach Nordafrika hinterher zu reisen und meine Arbeit
mit detaillierten Computeranalysen zur Rast und Überwinterung
finanziert“, betont sie. Und so machte sich Dr. Trierweiler, zusammen
mit einem Team von Mitarbeitern, in einem kleinen Geländewagen auf
die rund 3000 Kilometer lange Reise in den Osten Marokkos zu den
seltenen Greifvögeln.
Feldforschung in Afrika ist nichts für Schreibtischhocker.
Christiane Trierweiler erlebte Sandstürme und Hitzerekorde, aber auch
Regenfluten und nächtelange Unwetter, die ihre Forschungsarbeit
erschwerten. Duschen ist Luxus, denn Trinkwasser ist wertvoll. Die
abgelegenen Gebiete Ost-Marokkos werden nicht vom Mobilfunknetz
abgedeckt. Wenn möglich hat die 34jährige die Koordinaten des Camps
per SMS nach Hause geschickt. „Sicher ist sicher…!“
Die Anstrengungen haben sich gelohnt. Die Wiesenweihen „Franz“ und
„Klaus-Dieter“, aus Brandenburg und den Niederlanden, die die
Forscherin schon seit Jahren per Sender verfolgt, verrieten ihr, wo
sie in Marokko schlafen. „Gleich hinter einer unübersichtlichen
Straßenbiegung lag diese paradiesische kleine Senke, wo sich die
Schlafplätze befinden.“ Und noch ein Geheimnis haben ihr die Vögel am
nächsten Morgen preisgegeben: In den unverdaulichen Nahrungsresten,
die im Gewölle hervorgewürgt werden, fand sie Knochen und Federn.
„Anhand der Gewölle konnte ich die Nahrungsgewohnheiten der
Wiesenweihen analysieren“, sagt sie. „Es stellte sich heraus, dass
die Vögel während der Rast in Marokko hauptsächlich Lerchen und
andere Kleinvögel fangen.“ Diese Nahrung liefert den Weihen Energie,
die sie dringend brauchen. Denn in Marokko haben die grazilen Greife
ihr Ziel, die Sahelzone, noch lange nicht erreicht. Ein 2000
Kilometer langer Flug über Wüsten- und Steppengebiete liegt noch vor
ihnen.
Dr. Trierweiler hat mit ihrer Feldforschung widerlegt, dass
Wiesenweihen „Nomaden“ sind. „Sie sind vielmehr standorttreu und
konzentrieren sich in wenigen ausgewählten Gebieten.“ Das ist eine
wichtige Erkenntnis, wenn es um nachhaltige Schutzmaßnahmen in der
Region geht. Würde man Teilgebiete unter Schutz stellen, wären die
Überlebenschancen für Wiesenweihen erhöht. Durch die Forschung von
Dr. Christiane Tierweiler ist es nun möglich, konkrete Empfehlungen
zum Schutz während des kompletten Jahreszyklus zu geben.
Pressekontakt:
Eva Goris, Pressesprecherin, Billbrookdeich 216, 22113 Hamburg,
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E.Goris@DeutscheWildtierStiftung.de, www.DeutscheWildtierStiftung.de