Bei dem Begriff „Virtual Reality“ dachte man bis vor kurzem noch fast ausschließlich an die Games-Branche – an spielwütige Nerds, die mit ihren VR Brillen vor Bildschirmen sitzen. Heute gehört VR zu den großen Innovationsthemen und wird im Zeitalter der Digitalisierung immer mehr zur Erfolgsvoraussetzung für zukunftsfähige Unternehmen. Mit VR können Unternehmen nicht nur die Effizienz ihrer Prozesse erhöhen, sondern auch völlig neue Geschäftsmodelle erschließen. Dabei reichen die Einsatzgebiete von VR Enterprise Apps weit über Marketing und Produktpräsentation hinaus. Der virtuelle Blick unterstützt beispielsweise auch innerhalb der Kommunikation, bei der Aus- und Weiterbildung sowie bei der Entwicklung, Wartung und Reparatur von Produkten jeder Art. Eine lohnende Investition also mit schnellem Return-on-Investment – gerade dort, wo die nachgebildete Umgebung sehr teuer, schwer verfügbar oder gefährlich ist.
Trotzdem zeigt sich die Unternehmenswelt noch zögerlich. Für IT-Verantwortliche und Management ist der Business-Einsatz von VR häufig Neuland und das technologische Potenzial zu wenig bekannt, um sich fundiert für eine bestimmte Anwendung entscheiden zu können. Erschwerend kommt hinzu, dass sich Unternehmen teilweise gar nicht bewusst sind, in welchen ihrer Geschäftsbereiche der Einsatz von VR Apps sinnvoll ist. „Hier kommen wir als App-Entwickler ins Spiel“, erklärt Dr. Hubert Weid. „Gerade beim noch recht neuen Einsatz von Virtual Reality im Business-Umfeld müssen wir Unternehmen sehr genau über die Möglichkeiten von VR informieren und gemeinsam mit unseren Kunden eine auf individuelle Ziele ausgerichtete Lösung identifizieren und entwickeln.“
Von der Idee zur VR App
Content is King! Das bekannte Kredo aus der Social-Media-Kommunikation gilt auch für die Entwicklung von VR Apps: Hier spielen die Inhalte eine noch größere Rolle als bei anderen Apps. VR Apps sind ohne speziell für sie produzierte Inhalte nicht denkbar. Unternehmen, die die Nutzung einer VR-Anwendung in Betracht ziehen, müssen deshalb wissen: Wenn ich eine VR-App entwickeln lasse, dann spanne ich damit eine eigene virtuelle Welt auf. Diese kann die Realität nachbilden, wie beispielsweise bei virtuellen Konferenzen oder Operationsszenarien, oder komplett konstruiert sein, wie bei virtuellen Fahrten im Freizeitpark oder der Präsentation von noch nicht fertiggestellten Immobilien oder Maschinen. Erst wenn die Vorstellung dieser Welten und ihrer Wirkung genau definiert ist, beginnt der eigentliche Akt der Entstehung. „Deshalb müssen wir als Entwickler nicht nur die Technologie perfekt beherrschen, sondern auch die möglichen Anwendungsfälle kennen und uns schon bei der Entwicklung in die Anwender hineinversetzen. Nur so können wir das optimale VR-Erlebnis für die Zielgruppe unserer Kunden schaffen“, unterstreicht Dr. Weid.
Hier gilt es auch die Hardware im Auge zu behalten, die bei der Nutzung voraussichtlich zum Einsatz kommt. Hier gibt es wesentliche Unterschiede. Während VR-Brillen mit einlegbarem Smartphone wie das Google Cardboard gerne als Give Aways verschenkt werden, setzt man bei standortgebundenen Präsentationen eher die höherwertigen, sogenannten Standalone-Brillen wie die Samsung Galaxy Gear VR, Oculus Rift oder die HTC Vive ein.
VR im Messeeinsatz
Ein beliebtes Einsatzgebiet von VR Enterprise Apps sind Messauftritte. Hier lassen sich beispielweise Unternehmensfilme abspielen oder Produkte digital präsentieren. Vor allem Industrieunternehmen stehen häufig vor dem Problem, ihre riesigen Maschinen und Anlagen nicht live auf Messen aufbauen zu können. Mithilfe von mobilen VR Anwendungen können Kooperationspartner und Standbesucher nun auf virtuellem Weg Einblick nehmen in die gesamte Produktpalette. Die User Experience ist dabei viel intensiver als bei der Verwendung klassischer Broschüren oder Bildschirmpräsentationen. Für die Bayer AG hat mobivention beispielsweise eine VR App als Adaption der mobivention Whitelabel VR App entwickelt. Sie wird zur Präsentation von 3D-Imagefilmen in der öffentlichen Dauerausstellung im Baykomm Communication Center der Bayer AG in Leverkusen genutzt. Eine weitere Adaption ist im Spezialchemie-Konzern LANXESS im Einsatz.
VR im Schulungseinsatz
Auch wenn es um die Vermittlung von Wissen und Fähigkeiten geht, eröffnet VR ganz neue Möglichkeiten, im schulischen und akademischen Bereich ebenso wie bei der beruflichen Aus- und Weiterbildung. Einige der großen deutschen Industrieunternehmen, verschiedene Airlines oder auch die deutsche Bahn und die Bundeswehr nutzen mobile VR-Technik, um ihren Mitarbeitern technische Sachverhalte zu vermitteln und sie zu schulen. In der virtuellen Welt können die Lernenden Bedienungs- und Wartungsprozesse ebenso üben wie Flugmanöver oder komplizierte Operationen. International agierende Konzerne können sicherstellen, dass die Kollegen an allen Standorten eine adäquate Ausbildung erhalten. Nicht weniger interessant sind VR Anwendungen für den Schulunterricht, insbesondere für die Vermittlung naturwissenschaftlicher Fächer. Das räumliche und spielerische Erleben, zum Beispiel von komplexen Versuchen, steigert Aufnahmefähigkeit und Motivation. Einige Pilotprojekte laufen bereits an deutschen Schulen und Universitäten.
VR im Shopping-Einsatz
Online-Shopping auf der Basis von Produktabbildungen und -beschreibungen ist heute für die meisten alltäglich. Der neueste Trend sind jedoch virtuelle Einkaufslandschaften, die ein ganzheitlich simuliertes Shopping-Erlebnis bieten. Bewegliche und modifizierbare 3D-Modelle der Produkte, Avatare, die Kleidungsstücke anprobieren können, Möbel, die sich in verschiedenen Farben und Lichtumgebungen zeigen – die Möglichkeiten sind bei weitem noch nicht ausgeschöpft. Wohin die Reise noch geht, welche technischen Herausforderungen noch zu meistern sind oder welche Einkaufserfahrungen und -erlebnisse durch die VR Brille sich die Kunden wünschen und nachfragen würden, damit beschäftigt sich das Deutsche Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI).
VR im Immobilieneinsatz
Gerade in der Immobilienbranche spielt die Vermarktung von Objekten, die sich gerade erst in der Planung oder im Bau befinden, eine große Rolle. Nicht jeder potenzielle Käufer oder Mieter ist in der Lage, sich das fertige Gebäude oder die fertigen Büroräume vorstellen zu können. Hier bietet sich der Einsatz von VR Apps an. Mit ihnen können Immobilienunternehmen ihre Kunden quasi in das neue Heim beamen und sie es sogar interaktiv gestalten lassen. Das Traum-Zuhause könnten sie im nächsten Schritt beispielsweise per Give Away aus App und Smartphone-basierter Brille mit nach Hause nehmen, um sich dort weiter damit anzufreunden. Im Bauprozess selbst wird an vielen Stellen bereits Building Information Modeling, kurz BIM, eingesetzt – ein digitales 3D-Modell, welches mittels Software die Planung von Gebäuden und die Zusammenarbeit aller Baubeteiligten optimieren kann.
VR in der Produktentwicklung
Der Einsatz von VR bereits in der Entwicklungsphase ist vor allem bei komplexen Produkten wie Investitionsgütern oder Automatisierungssystemen sinnvoll. Durch die Skalierbarkeit lassen sich Details und konkrete Problemstellungen fokussiert betrachten, die Wärmeflüsse einer Heizanlage ebenso wie Personenwege oder der Warenfluss. Die dreidimensionale Darstellung in Echtzeit zeigt mögliche Fehler bereits in der Planungsphase und beugt damit späteren Nachbesserungsarbeiten vor. Über mobile VR Technologie können Spezialisten oder auch Kunden von überall auf der Welt direkt eingebunden werden in Meetings und Testläufe. Bei vielen Autoherstellern ist VR bei der Montage bereits Gang und Gäbe.