(Stuttgart/Tübingen) – Die Mireca Medicines GmbH arbeitet an einer Methode zur Behandlung erblicher Netzhauterkrankungen, die bislang nicht heilbar sind. Ein Team um Prof. Dr. Francois Paquet-Durand vom Forschungsinstitut für Augenheilkunde des Universitätsklinikums Tübingen hat eine Substanz gefunden, die den Verlust des Augenlichts stoppen könnte. Das frisch gegründete Start-up mit internationalem Forschungsnetzwerk, das in Tübingen seinen idealen Standort gefunden hat, wurde soeben mit dem Innovationspreis der BioRegionen in Deutschland ausgezeichnet.
Prof. Dr. Francois Paquet-Durand und Barbara Brunnhuber haben den ersten Teil ihrer Erfolgsgeschichte schon geschrieben: Sie haben eine Biotech-Firma in einer Garage gegründet! Damit hat die Mireca Medicines GmbH aus Tübingen aber nicht nur den idealen Standort für ein „richtiges“ Start-up – sie hat auch die richtigen Zutaten: Prof. Paquet-Durand, CSO der Mireca Medicines GmbH, ist Projektleiter am Forschungsinstitut für Augenheilkunde des Universitätsklinikums Tübingen und ein international anerkannter Spezialist für erbliche Netzhautdegeneration. Barbara Brunnhuber, CEO, hat als Chemikerin, Ingenieurin, Betriebswirtschaftlerin und Unternehmensberaterin die Schlüsselqualifikationen, um für ein junges Start-up die Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Wirtschaft zu bilden. Gemeinsam mit Peter Rall, Mitglied des „Senioren der Wirtschaft Arbeitskreis e.V.“, als Business Administrator für die Gründungsphase bilden sie ein kleines Team, das perfekt international vernetzt ist. „Als Standort kam aber trotzdem nur die BioRegion STERN infrage“, erklärt Barbara Brunnhuber. „In Tübingen ist sozusagen „the brain“ des Unternehmens. Außerdem bietet uns diese Region perfekte Unterstützung in jeglicher Form.“ Beste Voraussetzung also für die Gründer, hier die Therapie zur Behandlung seltener Netzhauterkrankungen zur Anwendungsreife zu entwickeln.
Erbliche Netzhautdegeneration, wie beispielsweise die sogenannte Retinitis Pigmentosa (RP), betrifft weltweit mindestens zwei Millionen Menschen. Die Augenkrankheit führt zu schweren Sehbehinderungen und zur allmählichen Erblindung und ist momentan noch nicht behandelbar. Das liegt unter anderem daran, dass ganz unterschiedliche Defekte bzw. Mutationen in verschiedenen Genen dafür verantwortlich sein können. Ein EU-gefördertes internationales Konsortium aus Unternehmen und Forschungseinrichtungen hatte es sich daher vor rund fünf Jahren zur Aufgabe gemacht, im Rahmen des DRUGSFORD Projektes neue Substanzen zur Heilung von Retinitis Pigmentosa zu entwickeln. Als wissenschaftlicher Koordinator des Projektes fand Prof. Paquet-Durand gemeinsam mit seinen Partnern den Schlüssel: „Wir haben festgestellt, dass bei RP eine Überaktivierung des cGMP-Signalweges vorhanden ist. Das heißt, dass durch den Anstieg dieses zellulären Botenstoffes die Zellen in den Photorezeptoren des Auges absterben. Hier Medikamente einzusetzen, ist nicht einfach, weil die Netzhaut durch die „Blut-Retina-Schranke“ abgeschirmt wird.“ Die Lösung: Die therapeutische Substanz, ein cGMP-Analogon, das dem natürlichen cGMP ähnelt, aber dessen Stoffwechselwege hemmt statt zu aktivieren, muss in eine Formulierung „verpackt“ werden, die es ihr erlaubt, diese Schranke zu überwinden.
Die anwendungsorientierten Patente sind höchst aussichtsreich
„Die Gründung der Mireca Medicines GmbH ist die logische Konsequenz, da sich das Konsortium sicher ist, eben diese Lösung gefunden zu haben“, erklärt Brunnhuber. Und der Innovationspreis der BioRegionen in Deutschland, den das Start-up soeben erhalten hat, ist ein Beleg dafür, dass auch eine unabhängige Jury die anwendungsorientierten Patente des Unternehmens für höchst aussichtsreich hält.
Das Unternehmen ermöglicht nun die kommerzielle Verwertung der Patente und damit letztlich die Entwicklung einer Therapie für Patienten. Im nächsten Schritt folgen die klinischen Versuche der Phasen 1 bis 2b, die voraussichtlich am Steinbeis Transferzentrum eyetrial am Department für Augenheilkunde der Augenklinik Tübingen durchgeführt werden. Prof. Paquet-Durand ist überzeugt, dass in vier Jahren, wenn diese Phasen abgeschlossen sein werden, konkrete Ergebnisse vorliegen, die Patienten Anlass zur Hoffnung geben werden: „Wir sind bereits mit nationalen und internationalen Patientenorganisationen in Kontakt, um Betroffene frühzeitig in den Entwicklungsprozess einbinden zu können.“ Denn wenn Mireca hält, was sich Experten heute schon versprechen, wird die neue Therapie verhindern, dass Patienten ihr Augenlicht verlieren. „In Anbetracht der Wachstumsperspektiven des Unternehmens ist der Start in einer Garage perfekt. Schließlich haben auch andere – heute sehr erfolgreiche Firmen – so angefangen“, sagt CEO Barbara Brunnhuber.