– Neuer Rekord: Forschungsausgaben auf rund 11,8 Milliarden Euro
gestiegen
– Hohe FuE-Intensität: Über 5 Prozent des Umsatzes in Forschung
investiert
– Starker Wettbewerbsdruck: Innovationsstandort Deutschland weiter
stärken
– Chemie-Start-ups: Gute Ideen, unzureichende
Wachstumsfinanzierung
– Grafiken: www.vci.de/infografiken
Die deutsche chemisch-pharmazeutische Industrie hat noch nie so
viel geforscht wie im Jahr 2018: Rund 11,8 Milliarden Euro haben die
Unternehmen für ihre Forschung und Entwicklung (FuE) aufgewandt.
Damit hat Deutschlands drittgrößter Industriezweig erneut mehr als 5
Prozent seines Umsatzes in FuE investiert. Das geht aus den aktuellen
Forschungskennzahlen hervor, die der Verband der Chemischen Industrie
(VCI) in Frankfurt vorgestellt hat. Für das laufende Jahr
prognostiziert der VCI, dass die FuE-Budgets der Branche die Marke
von 12 Milliarden Euro erreichen werden. Im internationalen Vergleich
bleibt Deutschland der viertgrößte Chemie- und
Pharmaforschungsstandort nach den USA, China und Japan.
Doch wo Licht ist, ist auch Schatten. Zu den neuen Zahlen sagt
Thomas Wessel, Vorsitzender des VCI-Ausschusses Forschung,
Wissenschaft und Bildung: „Mittelfristig wird es für unseren
heimischen Forschungs- und Produktionsstandort immer schwieriger,
seine gute Position zu verteidigen. Viele Industrie- und
Schwellenländer unterstützen gezielt die Innovationskraft ihrer
Firmen als Voraussetzung für Wachstum und Wohlstand. Gerade China
gibt hohe Summen für FuE aus. Die Volksrepublik hat es so geschafft,
innerhalb von nur 17 Jahren nach den USA die Nummer 2 der
internationalen FuE-Standorte in der Chemie zu werden.“
Wessel sieht daher die „deutschen Chemie- und Pharmaunternehmen
unter doppeltem Handlungsdruck“: Sie müssen sich sowohl im weltweit
steigenden Wettbewerb behaupten, wie auch ihr Know-how einsetzen, um
Antworten auf wesentliche gesellschaftliche und ökologische
Herausforderungen zu finden. Gleichzeitig müssen sie ihre
Forschungsergebnisse schneller zur Marktreife bringen.
Chemie-Start-ups brauchen bessere Starthilfe
Mit Blick auf diese Entwicklung setzt sich Wessel dafür ein,
„talentierte Gründer und Erfinder zu fördern, um so den deutschen
Hightech-Standort zu stärken.“ Gerade Chemie-Start-ups könnten als
agile, schnelle Akteure im Innovationsgeschehen neue Ideen schneller
voranbringen und den Wettbewerb um die besten Lösungen für Kunden und
Nutzer von Chemieprodukten beleben. „Schwachstellen wie eine
aufwendige Bürokratie, zu wenig Wachstumskapital, und eine
unzureichende Infrastruktur erschweren jedoch die Gründung junger
innovativer Unternehmen“, erklärt Wessel. Er schlägt daher einen
spürbaren Abbau von Bürokratie sowie eine Vereinfachung der
Förderprogramme vor. Möglichkeiten sieht er beispielsweise durch eine
beschleunigte Antragsprüfung und eine auf Start-ups zugeschnittene
Bonitätsprüfung.
Für den deutschen Wagniskapitalmarkt spielen Investitionen in
junge Chemieunternehmen nur eine untergeordnete Rolle. Von 2015 bis
2018 gingen lediglich durchschnittlich 0,3 Prozent pro Jahr der
gesamten Risikokapitalinvestitionen in Deutschland in
Chemie-Start-ups. Wagniskapitalfonds sollten sich nach Auffassung von
Wessel deshalb nicht nur an digitalen Themen ausrichten, sondern auch
den Bedürfnissen von jungen innovativen Unternehmen gerecht werden,
die Werkstoffe und Wirkstoffe entwickeln und bei langen
Entwicklungszeiten einen hohen Kapitalbedarf haben.
„Vielversprechende Ideen dürfen nicht an mangelndem Geld für die
Wachstumsphase scheitern“, unterstreicht der Vorsitzende des
VCI-Forschungsausschusses.
Für alle Chemie- und Pharmaunternehmen unabhängig vom Alter gilt,
dass passende Rahmenbedingungen Innovationen insgesamt weiter
vorantreiben müssen. Die geplante Einführung einer steuerlichen
Forschungsförderung für alle Unternehmen zu Beginn nächsten Jahres
bezeichnet Wessel daher als eine richtige Weichenstellung für
notwendige zusätzliche Innovationsimpulse. „Sie werden langfristig zu
mehr Arbeitsplätzen und mehr Wertschöpfung führen, wenn die Förderung
praktikabel und sachgerecht ausgestaltet ist“, betont er weiter. Dazu
gehöre, dass der Auftraggeber die steuerlichen Anreize erhält, da er
das unternehmerische Risiko der Forschung trägt. Das sei besonders
wichtig für kleine und mittlere Unternehmen, denn für sie habe die
Auftragsforschung eine große Bedeutung. Gleichzeitig sei es
notwendig, die steuerliche Forschungsförderung im Laufe der Zeit zu
erhöhen. Denn die zurzeit vorgeschlagene Förderung von 500.000 Euro
jährlich pro Unternehmen würde die Firmen nur begrenzt animieren,
mehr Geld in FuE zu investieren.
Ergänzend empfiehlt Wessel eine ressortübergreifende
Innovationspolitik, die mit der Hightech-Strategie 2025 gekoppelt
ist. Notwendig seien ebenfalls ausreichend finanzierte und
technologisch breit angelegte Förderprogramme, um das Niveau
deutscher Forschung zu halten. Auch einen Innovations-Check bei der
Gesetzgebung in Deutschland und Europa hält Wessel für notwendig. Mit
diesem könne überprüft werden, wie sich bestehende und künftige
Vorschriften auf neue Produkte und Verfahren auswirken.
Der VCI vertritt die wirtschaftspolitischen Interessen von rund
1.700 deutschen Chemieunternehmen und deutschen Tochterunternehmen
ausländischer Konzerne gegenüber Politik, Behörden, anderen Bereichen
der Wirtschaft, der Wissenschaft und den Medien. Der VCI steht für
mehr als 90 Prozent der deutschen Chemie. Die Branche setzte 2018 203
Milliarden Euro um und beschäftigte rund 462.500 Mitarbeiter.
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