Moderne Chefinnen, alte Machtstrukturen – Wenn junge Frauen in globalen Teams auf Widerstand stoßen

Führung auf Augenhöhe – internationale Zusammenarbeit meistern (© WAHLUNIVERSUM® / Jessica Wahl )
 
Grenzen der Diversität im Arbeitsalltag
Deutsche Unternehmen feiern Diversität – doch im Alltag internationaler Teams zeigt sie ihre Grenzen. Besonders junge Frauen in Führungspositionen zahlen den Preis, wenn kulturelle Missverständnisse unausgesprochen bleiben. In Deutschland gilt Führung als partnerschaftlich, das Geschlecht offiziell als irrelevant. In multikulturellen Teams mit Kollegen und Kolleginnen reicht dieses Selbstverständnis oft nicht aus. In einigen Ländern prägen patriarchale Strukturen und klare Hierarchien das Bild von Autorität – mit spürbaren Folgen für weibliche Managerinnen.

Missverständnisse und die Suche nach Respekt
„Viele deutsche Führungskräfte glauben, dass Kompetenz ausreicht, um respektiert zu werden. In hierarchischen Kulturen ist das jedoch ein Trugschluss, besonders für Frauen“, sagt Jessica Wahl, Gendercoach und Expertin für interkulturelle Führung und Kommunikation. „Respekt muss dort anders aufgebaut werden: über Rolle, Auftreten, Sprache und ein klares Verständnis kultureller Erwartungen.“ In Indien etwa wird von Führungspersönlichkeiten eine paternalistische, autoritäre Rolle erwartet. Das lässt sich nur schwer mit einem partnerschaftlichen Führungsstil vereinbaren. In Japan wiederum wird eine direkte, selbstbewusste Kommunikation bei weiblichen Vorgesetzten eher als unangemessen oder irritierend wahrgenommen.

Toleranz reicht nicht – Führungskompetenz ist gefragt
Jessica Wahl betont: Toleranz allein reicht nicht. „Echte Toleranz bedeutet Arbeit an sich selbst. Führungskräfte, besonders weibliche, müssen lernen, kulturelle Codes zu lesen, ihre Kommunikation anzupassen und ihren Stil flexibel weiterzuentwickeln, ohne die eigenen Werte aufzugeben.“ Internationale Führung ist kein Haltungsthema, sondern eine Kompetenz. Wenn man Führung im interkulturellen Kontext aktiv gestaltet, also mit Sprache, Auftreten und Rollenklärung, dann wird eine Führungskraft respektiert. Wer darauf verzichtet, verliert ihn.

Erfolgreiche Führung in einer globalisierten Welt
Um in internationalen Teams erfolgreich zu führen, müssen Führungskräfte ihre interkulturellen Kompetenzen gezielt weiterentwickeln. Es gilt, die eigene Kommunikation und das Auftreten an kulturelle Erwartungen anzupassen, ohne die eigenen Werte zu verlieren. Unternehmen können diesen Prozess durch Trainings und Mentoring-Programme für Führungskräfte und Mitarbeitende unterstützen, um so eine respektvolle und produktive Arbeitsumgebung zu fördern. Für alle Beteiligten. Die Fähigkeit, interkulturelle Herausforderungen zu meistern, stärkt das Teamgefühl und hilft dabei, Unternehmensziele global erfolgreich umzusetzen. Wer diese Kompetenz entwickelt, trägt zu einer inklusiven Unternehmenskultur bei und schafft so langfristige wirtschaftliche Vorteile.

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Interview
Jessica Wahl, Personal Performance Coach über Herausforderungen und Chancen weiblicher Führung in internationalen Teams

Frage: Viele deutsche Managerinnen sind fachlich anerkannt, werden aber nicht als Führungskraft wahrgenommen. Woran liegt das?
Jessica Wahl: In vielen Kulturen wird Führung nicht nur über Kompetenz definiert, sondern auch über Rolle und Auftreten. Wer zu kollegial, erklärend oder zu offen agiert, wirkt schnell unsicher. Besonders in hierarchisch geprägten Kulturen wie Indien oder Japan erwarten Mitarbeitende klare Ansagen, Entscheidungsstärke und sichtbare Autorität. Der Schlüssel liegt in der Balance: Man sollte Kompetenz zeigen und gleichzeitig ein autoritativeres Auftreten entwickeln, ohne dabei die eigene Authentizität zu verlieren.

Frage: Was unterschätzen deutsche Führungskräfte im Umgang mit indischen Teams besonders?
Jessica Wahl: In Indien wird Führung oft paternalistisch verstanden. Mitarbeitende erwarten Orientierung und klare Vorgaben und sehen sich eher als „zu führende Personen“ denn als gleichwertige Partner. Wer als Führungskraft ständig nach Meinungen fragt oder Verantwortung zurückdelegiert, verliert schnell an Autorität. Frauen sollten daher Entscheidungen selbstbewusst treffen, Erwartungen klar formulieren und Verantwortung übernehmen – ohne Rechtfertigung.

Frage: Und bei japanischen Teams?
Jessica Wahl: Besonders junge, weibliche Führungskräfte stehen vor Herausforderungen, da in Japan Respekt stark durch Verhalten UND Alter geprägt ist. Auch wenn man jünger als das Team ist – Führung erfolgt hier mehr über indirekte Kommunikation und Beziehungspflege. Kritik sollte behutsam eingerahmt, Pausen zugelassen und Hierarchien respektvoll berücksichtigt werden.

Frage: Viele Managerinnen wollen „authentisch“ führen. Passt das zur Anpassung an andere Kulturen?
Jessica Wahl: Nein. Authentisch heißt nicht, immer gleich zu handeln, sondern wirksam zu sein. Anpassung ist keine Anbiederung, sondern eine Erweiterung des eigenen Führungsstils.

Frage: Welche Stellschrauben können Frauen sofort nutzen?
Jessica Wahl:

* Sprache klarer und entscheidungsorientierter wählen.
* Statussignale bewusst einsetzen, Struktur und Agenda schaffen sowie klare Rollen definieren.
* Nähe dosieren: Vertrauen entsteht nicht überall durch Gleichrangigkeit, sondern durch Verlässlichkeit und Führung.

Frage: Was sollten Unternehmen tun, um ihre Führungskräfte besser vorzubereiten?
Jessica Wahl: Interkulturelle Kompetenz darf kein Soft Skill bleiben. Entscheidend sind Coaching, Rollentraining und ehrliches Feedback. Wer internationale Teams will, muss internationale Führung lernen. Sonst bleibt Diversität ein Lippenbekenntnis.

Frage: Ihr Fazit für deutsche Managerinnen in globalen IT-Teams?
Jessica Wahl: Respekt ist kulturell codiert. Wer ihn will, muss lernen, diese Codes zu lesen und souverän zu nutzen. Wer diese Sensibilität entwickelt, steigert nicht nur die eigene Wirksamkeit, sondern auch den langfristigen Erfolg des gesamten Teams.

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