Im Rahmen des im K1-Zentrum CEST (Kompetenzzentrum für elektrochemische Oberflächentechnologie) durchgeführten Projektes PLEOC (Plant Logistics Engineering, Optimisation and Control) untersucht PROFACTOR Möglichkeiten zur Leistungssteigerung von Feuerverzinkungsanlagen. Schwerpunkte sind dabei gezielte Auftragsreihenfolgeplanung sowie die Entwicklung optimierter Produktionssteuerungsstrategien.
„Eine Erhöhung des Durchsatzes um bis zu zehn Prozent scheint in greifbarer Nähe. Mit der entwickelten Lösung können die Kunden von INGENIA ihre Anlagen noch besser nutzen und vor allem nach einstellbaren Kriterien betreiben“, berichtet Markus Vorderwinkler, Projektleiter bei PROFACTOR.
Inbetriebnahmezeiten und -kosten senken
Aufgebaut wurden die Untersuchungen auf dem von PROFACTOR entwickelten Soft-Commissioning® Konzept. Dabei wird ein detailliertes Simulationsmodell der Anlage an das reale Leitsystem angekoppelt und von diesem exakt wie in der Realität angesteuert. Mit dieser Konfiguration können Schwächen und Fehler im Leitsystem oder in der Produktionslogistik rechtzeitig vor der Inbetriebnahme erkannt und damit Inbetriebnahmezeiten und -kosten gesenkt werden. Zudem ist es möglich, unterschiedliche Steuerungs- und Produktionsstrategien zu erproben und zu optimieren.
Nach der Auswahl einer geeigneten Referenzanlage wurde mit der Entwicklung des logistischen Anlagenmodells begonnen. Anschließend wurde die aktuelle Leitsystemsoftware des Projektpartners AREC an das Simulationsmodell gekoppelt. Parallel dazu wurde an der realen Anlage ein Datenlogger installiert, mit dem die tatsächlichen Auftrags- und Betriebsdaten als Zeitreihen aufgezeichnet wurden. Diese Daten dienten in weiterer Folge als Referenz für die durchgeführten Untersuchungen.
Realtitätsabgleich des Modells
In einer ersten Experimentserie wurde das Modell möglichst genau mit der Realität abgeglichen. Dazu wurden die Modellparameter solange adaptiert, bis die vom Simulationsmodell gelieferten Betriebsdaten sich mit den an der realen Anlage aufgezeichneten Daten deckten. Damit stand für die weiteren Untersuchungen ein validiertes und mit der Realität ausreichend übereinstimmendes Modell zur Verfügung.
Gesamtleistung der Anlage erhöht
Im nächsten Schritt wurden die an der realen Anlage gefahrenen Auftragsreihenfolgen modifiziert und die sich neu ergebenden Kennzahlen (Key Performance Indikatoren) am Simulator beobachtet. Speziell wurde analysiert, wie weit sich der Anlagendurchsatz sowie die Auslastung der Auf- und Abgabestationen durch eine Umreihung der Aufträge beeinflussen lassen. Zur Automatisierung der Aufgabenstellung wurde die Problemstellung als Optimierungsaufgabe formuliert und ein genetischer Algorithmus zur Permutation der Auftragsreihenfolge eingesetzt.
„Schon mithilfe einfacher Algorithmen konnten wir zum Beispiel die Auslastung des Zinkkessels und damit die Gesamtleistung der Anlage signifikant erhöhen“, so Markus Vorderwinkler.
Schwerpunkte des ersten Projektjahres waren die Systemanalyse und Modellerstellung, die Datenerhebung und -aufbereitung sowie Entwicklung der Test- und Experimentierumgebung. Im zweiten Projektjahr geht es nun in Richtung einer praxisnahen Weiterentwicklung des Lösungsansatzes. Ermutigt durch die ersten positiven Ergebnisse wurde mit der Entwicklung eines detaillierten Bewertungsmodells begonnen. Darin sollen die zahlreichen Kennzahlen zu einem gemeinsamen Fitnesswert zusammengeführt werden, der Aufschluss darüber gibt, wie gut die Anlage insgesamt läuft.
Kennzahlen unter einem Hut
Dabei gilt es, teilweise gegenläufige und schwer quantifizierbare Kennzahlen gegeneinander zu verrechnen. „Eine hohe Anlagenauslastung bedingt zum Beispiel eine Verschlechterung der Termintreue und ein Ansteigen des Bestandes“, erklärt Markus Vorderwinkler. „Wird ein gewisses Ausmaß an Überbeizen toleriert, können Transportmittel und Gehänge eingespart werden. Soll die Energieaufnahme geglättet werden, hat dies wiederum eine direkte Auswirkung auf den Durchsatz. Mit dem geplanten Bewertungsmodell bringen wir die einzelnen Kennzahlen unter einen Hut, um die Anlage nach einstellbaren Strategien betreiben zu können.“
Temporär Engpässe entlasten
Zudem wurde alternativ zum simulationsbasierten Ansatz die Lösung der optimierten Reihenfolgeplanung mittels Constraint-Programming untersucht. Über die Auftragsreihenfolgeplanung hinausgehend, soll im Projekt untersucht werden, wie die Anlagenleistung durch gezielte Eingriffe in den Materialfluss weiter verbessert werden kann. Dazu wird derzeit eine Konfigurationsschnittstelle für das Leitsystem entwickelt, über die das Optimierungsverfahren auf die Steuerungsstrategie Einfluss nehmen kann. Mit diesem Interface wird es möglich, Aufträge im Prozessablauf gezielt umzureihen oder zwischenzupuffern, um auf diese Weise temporäre Engpassaggregate zu entlasten.
„Aktuell haben wir mit der Ankopplung der Konfigurationsschnittstelle an das Simulationsmodell begonnen. Bis zum Projektende schließen wir die Anbindung der Konfigurationsschnittstelle an das Simulationsmodell ab und führen weitere Experimente mit Eingriffen in die Steuerungsstrategie durch. Zudem ist geplant, das umfassende Bewertungskonzept weiter zu verfeinern und zu implementieren“, erzählt Markus Vorderwinkler von den nächsten Schritten.
Projektpartner PLEOC:
– AREC Automatisierungs GmbH – St. Georgen am Ybbsfelde. (AT)
– GEWA Wärmetechnische Anlagen GmbH – Lähden (DE)
– INGENIA GmbH – Linz (AT)
– OKA-Tech GmbH – Hochemmingen (DE)
– PROFACTOR GmbH – Steyr (AT)
– Verzinkerei Herzlake GmbH & Co. KG – Herzlake (DE)
Das Projekt wird im Rahmen des K-Zentrums CEST (COMET Programmschiene der FFG) gefördert.