Intelligenz und Gedächtnis – beide Fähigkeiten sind für die Wissenschaft seit jeher spannende Untersuchungsgegenstände. Dabei stellt sich in der Forschung unter anderem die Frage: Wie sind beide Leistungen miteinander verknüpft und sind Gedächtnisleistungen eine Basis dafür, um Intelligenzleistungen vorhersagen zu können? Eine aktuelle Studie der Universität Bremen hat das untersucht und liefert jetzt mit Hilfe von Wechsler-Tests erste Ergebnisse. „Es gibt bedeutsame Zusammenhänge beider Leistungen, allerdings sind sie nicht redundant zueinander“, sagt Dr. Anja Christina Lepach, Klinische Neuropsychologin GNP vom Zentrum für Klinische Psychologie und Rehabilitation an der Universität Bremen und Leiterin der Studie.
In dieser wurden 137 Personen von 16 bis 69 Jahren zwei Testverfahren unterzogen – sowohl der WAIS-IV (Wechsler Adult Intelligence Scale) als auch der WMS-IV (Wechsler Memory Scale). Beide – so hat die Studie bestätigt – messen unterschiedliche Funktionsbereiche, die jedoch gut miteinander korrespondieren. „Anhand der Gedächtnisleistungen lässt sich unseren Ergebnissen zufolge besser auf die Intelligenz schließen, als umgekehrt, dennoch erklären sie nur einen Teil der Intelligenzwertunterschiede“, präzisiert Dr. Lepach. Beide Verfahren ergänzen sich. So überprüft die WAIS-IV beispielsweise das auditive Arbeitsgedächtnis, wobei die WMS-IV visuelle Arbeitsgedächtnisaufgaben beinhaltet.
Genauer gesagt: Während die WAIS-IV die Bereiche Sprachverständnis, wahrnehmungsgebundenes logisches Denken, Arbeitsgedächtnis und Verarbeitungsgeschwindigkeit abdeckt, befasst sich die WMS-IV mit Auditivem Gedächtnis, Visuellem Gedächtnis, Visuellem Arbeitsgedächtnis sowie unmittelbarer und verzögerter Wiedergabe. „Ausgangspunkt der Studie bildete die Annahme, dass aufgrund des großen Zusammenhangs von Arbeitsgedächtnis und fluider Intelligenz einige Gedächtnisleistungen und Intelligenz häufig als beinahe synonym bewertet werden. Nach unserer Auffassung ist das jedoch falsch. Sie hängen miteinander zusammen, sind aber im Kern unterschiedliche Konstrukte. So ist besonders die Intelligenz ein Konstrukt, das man sehr vielschichtig betrachten muss“, so die Neuropsychologin.
Ein Indikator dafür ist der Altersfaktor. So lässt sich mit der WAIS-IV zeigen, dass die Bereiche Arbeitsgedächtnis und Verarbeitungsgeschwindigkeit im Alter stärker abnehmen, während im Gegenzug die sogenannten kristallinen Fertigkeiten – das erworbene Wissen durch Lernerfahrung oder Bildung – konstant bleiben oder sogar steigen können. „Die Wechsler-Skalen gibt es international bereits seit den 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts und seit den 50ern auch in Deutschland. Diese immer wieder aktualisierten, umfangreichen Testverfahren, mit denen sich verschiedene Funktionsbereiche differenzieren lassen, haben sich in der klinischen Praxis bewährt und eignen sich gut für prognostische Einschätzungen oder die Therapieplanung. Welches Verfahren letztlich aber eingesetzt wird, hängt im klinischen Kontext immer von der Fragestellung ab“, betont Dr. Anja Lepach.
Hinweis:
Mehr Informationen zu den Wechsler-Tests WAIS-IV und WMS-IV sowie Protokollbögen und Arbeitshefte erhalten Interessierte bei der Pearson Assessment & Information GmbH unter www.pearsonassessment.de.