Die orale Antikoagulation mit Vitamin-K-Antagonisten ist seit rund fünf Jahrzehnten in der gerinnungshemmenden Therapie etabliert. Sie kann das Thromboembolie-Risiko dramatisch senken. Voraussetzung hierfür ist eine stabile Einstellung des Gerinnungsstatus. Es hat sich bewährt, dass der Patient das Management der oralen Antikoagulation selbst in die Hand nimmt, denn das Gerinnungs-Selbstmanagement kann das Thromboembolie-Risiko im Vergleich zur konventionellen INR-Kontrolle deutlich senken. Dies belegte eine aktuelle Metaanalyse, die auf den individuellen Daten von 6.417 Patienten aus elf klinischen Studien basiert(1).
Die biochemischen Eigenschaften der Vitamin-K-Antagonisten (VKA) ermöglichen eine regelmäßige Kontrolle ihrer Wirkung und damit eine individuelle Anpassung der benötigten Wirkstoffdosis an den Gerinnungsstatus. Als Maß für die Gerinnung dient die Thromboplastinzeit, sie wird als INR (International Normalized Ratio)-Wert angegeben. Zum einen gilt es, den individuellen therapeutischen Zielbereich für die orale Antikoagulation festzulegen, zum anderen sollte ein möglichst hoher Anteil der Messwerte im therapeutischen Bereich liegen. Denn: Eine Optimierung der Zeit im therapeutischen Bereich verringert das Blutungs- und Schlaganfallrisiko(2). So kann eine erhöhte Blutungsneigung bei Überdosierung sowie ein erhöhtes thromboembolisches Risiko bei Unterdosierung vermieden werden. Die notwendigen Kontrollen können vom Arzt oder – nach einer entsprechenden Schulung – vom Patienten selbst übernommen werden.
In Deutschland werden rund 850.000 Patienten mit Vitamin-K-Antagonisten oral antikoaguliert.
Bisher nutzen bereits 150.000 Patienten das Gerinnungs-Selbstmanagement. Diese Methode gilt als besonders zuverlässig, um die Gerinnung im individuell optimalen Bereich zu stabilisieren. Dies belegte unter anderem bereits eine 2006 von der Self-Monitoring Trialist Collaboration, unter Leitung von Dr. Carl Heneghan, Oxford University, Department of Primary Care Health Sciences, durchgeführte Metaanalyse von 14 randomisierten Studien(3).
Bestimmte Patienten-Subgruppen profitieren besonders vom Gerinnungs-Selbstmanagement
Um detailliertere Ergebnisse zur Wirksamkeit und Sicherheit des Gerinnungs-Selbstmanagements zu erhalten, werteten Heneghan und Mitarbeiter in einer aktuell in Lancet publizierten Metaanalyse die individuellen Patientendaten (IPD) aus elf randomisierten klinischen Studien mit insgesamt 6.417 Teilnehmern aus(4). Eine solche IPD-Metaanalyse hat gegenüber einer Metaanalyse basierend auf publizierten Populationsdaten einen deutlichen Vorteil: Es ist eine noch detailliertere Analyse der Zeitdauer bis zum Auftreten von Ereignissen sowie von Patienten-Subgruppen, wie älteren Patienten oder Patienten mit bestimmten Indikationen für die Antikoagulation, möglich.
Die Ergebnisse sprechen eindeutig für das Selbstmanagement der oralen Antikoagulation:
Die Rate der thromboembolischen Komplikationen wurde im Vergleich zur üblichen Gerinnungskontrolle halbiert (Hazard Ratio [HR] 0,51, 95%-Konfidenzintervall [KI] 0,31-0,85). Praktizieren 27 oral antikoagulierte Patienten fünf Jahre lang das Gerinnungs-Selbstmanagement, wird so ein thromboembolisches Ereignis verhindert (Number-Needed-to-Treat, NNT = 27). Jüngere Patienten (unter 55 Jahre) zogen einen besonders hohen Nutzen aus dem Gerinnungs-Selbstmanagement: Bei ihnen reduzierte sich das Thromboembolie-Risiko um rund zwei Drittel (HR 0,33; 95%-KI 0,17-0,66), entsprechend einer NNT von sogar nur 21. Dabei ging der optimierte Thromboembolie-Schutz nicht mit einem Anstieg schwerer Blutungskomplikationen (HR 0,88; 95%-KI 0,74-1,06) oder der Sterberate (HR 0,82, 95%-KI 0,62-1,09) einher. Dies galt auch für die Subgruppe sehr alter Patienten (= 85 Jahren, n = 99)(3).
Verantwortlich für die bessere Einstellung der Selbstmanager sind im Wesentlichen zwei Faktoren: Zum einen ermöglicht die engmaschige INR-Kontrolle eine rasche Dosisanpassung des Vitamin-K-Antagonisten im Falle eines Ausbrechens der Werte aus dem individuellen Zielkorridor, zum Beispiel bei einem Infekt. Zum anderen zeigen Erfahrungen aus der Diabetiker-Betreuung, dass die Compliance des Patienten umso besser ist, je umfassender er über seine Krankheit informiert ist und je mehr Verantwortung er für therapeutische Maßnahmen übernimmt. Darüber hinaus stärkt die aktive Beteiligung des Patienten an seiner Behandlung das therapeutische Arbeitsbündnis mit dem betreuenden Arzt. Ein weiterer Vorteil ist der Zugewinn an Lebensqualität, denn das Gerinnungs-Selbstmanagement erhält die Flexibilität und Unabhängigkeit des Patienten.
Fazit für die Praxis
Die Autorengruppe um Heneghan folgerte, dass das Gerinnungs-Selbstmanagement bei oraler Antikoagulation mit Vitamin-K-Antagonisten nach entsprechender Schulung eine sichere Option für Patienten aller Altersgruppen sei. Patienten sollte die Option zum Selbstmanagement ihrer gerinnungshemmenden Behandlung mit entsprechender professioneller Unterstützung angeboten werden.
(1) Heneghan C et al. Lancet 2012; 379: 322 334
(2) Wallentin L et al. Lancet 2011; 376: 975 983
(3) Heneghan C et al. Lancet 2006; 367: 404 411
(4) Heneghan C et al. Lancet 2012; 379: 322 334
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