GPI-Bericht: Internationale Gesundheitsexperten für mehr Engagement Deutschlands in globaler Gesundheitspolitik (FOTO)

Deutschland bleibt bei der Weiterentwicklung der globalen
Gesundheit hinter seinen Möglichkeiten zurück. Das ist die zentrale
Schlussfolgerung des 5-Eckpunkte-Papiers „Contribution of Research
and Development to Resilient Health Systems – The Role of Germany“,
das die Global Perspectives Initiative mit internationalen
Gesundheitsexperten im Rahmen des „Grand Challenges Annual Meetings“
am 17.10.2018 in Berlin vorstellte. Zu den Protagonisten des Berichts
zählen die Nobelpreisträger Peter Agre und Aaron Ciechanover.

Global Health Experten aus Europa, Afrika und Amerika fordern in
diesem Papier intensiveres Engagement von Deutschland in globalen
Gesundheitsfragen. Sie fordern u. a. höhere Investitionsausgaben für
Forschung und Entwicklung, den Aus- und Aufbau von Kapazitäten und
Kompetenzen vor Ort, eine Intensivierung der Partnerschaften und
interdisziplinären Zusammenarbeit mit Afrika – insbesondere beim
Aufbau afrikanischer Gesundheitssysteme – sowie
Produkt-Development-Partnerships, um den Zugang zu Arzneimitteln zu
erleichtern.

Dr. Ingrid Hamm, Geschäftsführerin von GPI, sagt: „Deutschland
investiert bereits 850 Millionen Euro in Global Health. Der Etat hat
sich in den vergangenen 10 Jahren somit verdoppelt. Und dennoch
zeigten unsere Gespräche mit internationalen Experten, dass
Deutschlands Potenzial bei weitem nicht ausgeschöpft ist.
Gleichzeitig sind sie davon überzeugt, Deutschland könne als
Wegbereiter in der internationalen Gesundheitspolitik agieren.“

Zusammenfassung des 5-Eckpunkte-Papiers

1. Eine Steigerung der F&E-Ausgaben zur Prävention und Heilung von
NTDs und PRND

Nach Ansicht der Experten sollte Deutschland mehr in die
Prävention und Heilung von armutsbedingten vernachlässigten
Krankheiten (poverty-related neglected diseases – PRNDs) und
vernachlässigten tropischen Krankheiten (neglected tropical diseases
– NTDs) investieren. Nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation
(WHO) leiden mehr als eine Milliarde Menschen an vernachlässigten
Tropenkrankheiten, die oft armutsbedingt sind. NTDs gehen über
Malaria, Tuberkulose und HIV hinaus und umfassen 20 Krankheiten, die
in der Forschung kaum Beachtung finden. Die Ergebnisse der G7-Gipfel
in Elmau (2015) und in Ise-Shima (2016) unterstreichen, dass die
Bekämpfung von NTDs eine Herausforderung für die globale Gesundheit
darstellt. Die Investitionen in Forschung und Entwicklung von
deutscher Seite seien jedoch nach Ansicht der Experten weiterhin von
strukturellen Defiziten geprägt.

2. Stärkung der Rolle afrikanischer Forscher durch Erhöhen der
Kapazitäten vor Ort und Kompetenzentwicklung in Afrika

Die Bekämpfung von NTDs wird aus Sicht der Experten nur durch das
interdisziplinäre „One-Health-Konzept“ erfolgreich sein, bei dem auch
Aspekte aus dem Bereich der Tiermedizin Berücksichtigung finden
sollten. Dafür braucht es lokale Ressourcen und Fähigkeiten, die über
das Studium der Humanmedizin hinausgehen. Starke zwischenstaatliche
Beziehungen und Kooperationen mit internationalen Akteuren stellen
auf der anderen Seite sicher, dass gemeinsam definierte Ziele
verfolgt und Entscheidungen gefällt werden. Zudem muss es gelingen,
die Rolle der in Afrika tätigen Forscher auf internationaler Ebene zu
stärken. Hierzu zählt u. a. der Aufbau erstklassig ausgestatteter
Forschungseinrichtungen, die denen im Ausland in nichts nachstehen.

3. Intensivierung der Zusammenarbeit zwischen afrikanischen und
deutschen Institutionen

Die Forschungs- und Entwicklungsarbeit im Hinblick auf NTDs ist
weiterhin sehr einseitig geprägt. Deutsche Forschungseinrichtungen
konzentrieren sich in der Regel auf Grundlagenforschung in der
Biomedizin. Synergieeffekte aus der Zusammenarbeit zwischen
universitärer und außeruniversitärer Forschung werden nicht
ausreichend genutzt, meinen die Experten. Sie regen weiterhin eine
enge Zusammenarbeit deutscher Ministerien an, um interdisziplinäre
Finanzierungsmöglichkeiten zu erkennen. Afrika und Deutschland hätten
das Potenzial zu starken Forschungspartnerschaften. Programme wie das
„Research Networks for Health Innovation in Sub-Sahara Africa“ als
Teil der Afrika-Strategie des Bundesministeriums für Bildung und
Forschung (BMBF) sollten aus Sicht der Experten ausgeweitet werden.

4. Aufbau nationaler afrikanischer Gesundheitssysteme zum Schutz
gegen globale Epidemien

Nachhaltige Gesundheitsökosysteme müssen lokal entwickelt und
patientenzentriert sein. Sie erkennen die Tatsache an, dass viele
Patienten von mehr als einer Krankheit betroffen sind, infektiöse und
nicht-infektiöse. Deutschland kann hier einen entscheidenden Beitrag
leisten. Denn starke Gesundheitssysteme schützen u. a. gegen mögliche
globale Epidemien. Um die Reaktionszeiten in Krisen zu erhöhen,
müssen sich afrikanische Länder aus Sicht der Experten dazu
verpflichten, ihre Kapazitäten für klinische Forschung und
Regulierung im Voraus zu entwickeln und die regionale Zusammenarbeit
zu fördern. Global-Health-Initiativen sollten diese Bemühungen
unterstützen.

5. Verbesserte Forschungsstrukturen und freier Zugang zu
Arzneimitteln

Es müssen Preisbildungs- und Finanzierungsmechanismen entwickelt
werden, die die Erforschung vernachlässigter Krankheiten fördern und
Anreize dafür schaffen. Öffentlich-private Partnerschaften und
neuartige Finanzierungen sind erforderlich, damit weiterhin in
vernachlässigte Krankheiten investiert werden kann – vor allem in
Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen.
Produkt-Development-Partnerships können die Zusammenarbeit zwischen
Forschungsstiftungen und der Industrie auf internationaler Ebene
verstärken und so u. a. den Zugang zu pharmazeutischen Produkten
erleichtern.

Die Ergebnisse des Eckpunktepapiers entstanden in Workshops und
Dialogen, die im Rahmen der 68. Lindauer Nobelpreistagung gehalten
wurden. Zu den teilnehmenden Experten gehörten neben Peter Agre und
Aaron Ciechanover auch Edith Phalane, Dr. Brenda Kwambana, Dr.
Sambuddha Ghosh, Prof. Dr. Peter Kremsner, Dr. Michael Makanga und
Prof. Dr. Jürgen Kluge. Prof. Dr. Stefan Kaufmann war kuratierend als
Experte und wissenschaftlicher Berater maßgeblich beteiligt.

Der Bericht steht hier zum Download bereit:
http://bit.ly/globalhealth_GPI

Über die Global Perspectives Initiative (GPI)

Die Global Perspectives Initiative ist eine gemeinnützige
Organisation, die 2016 in Berlin gegründet wurde. Die Initiative hat
sich zum Ziel gesetzt, den Diskurs über eine nachhaltige, ausgewogene
und gerechte globale Entwicklung zu fördern und damit auch den
Beitrag Deutschlands zur Erfüllung der 2015 von den Vereinten
Nationen verabschiedeten Ziele nachhaltiger Entwicklung zu
unterstützen. Sie hat einen besonderen Fokus auf Gesundheit als Basis
für jedes Wohlbefinden – sowohl für die Menschen als auch für alle
Nationen. Weitere Informationen finden Sie unter
globalperspectives.org und auf unseren Social-Media-Kanälen.

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Mobil: +49 (0)152 5454 9532

Original-Content von: Global Perspectives Initiative, übermittelt durch news aktuell

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