Forschung trifft Praxis auf der GfA-Herbsttagung / Wie Arbeitswissenschaft die Zukunft des industriellen Mittelstandes sichert

Arbeitswissenschaftliche Instrumente können
wesentlich mit dafür sorgen, dass die deutsche Industrie in den
kommenden Jahrzehnten den Herausforderungen des demografischen
Wandels trotzen und weiterhin erfolgreich sein kann. Dazu zählen
ergonomische Schichtpläne und die ergonomische
Arbeitsplatzgestaltung, die es den Arbeitnehmern ermöglichen, länger
gesund und leistungsfähig am Arbeitsprozess teilzunehmen. Das sind
zentrale Botschaften der Herbstkonferenz 2012 der Gesellschaft für
Arbeitswissenschaft (GfA), die von Mittwoch bis Freitag in Düsseldorf
stattfand und die das Institut für angewandte Arbeitswissenschaft
(ifaa) in diesem Jahr ausrichtete.

Mit verblüffend einfachen Mitteln Produktivitätsgewinne und
Verbesserung der Arbeitszufriedenheit erreichen

„Auch und vor allem kleine sowie mittlere Unternehmen, die mehr
als 60 Prozent aller Arbeitsplätze in Deutschland stellen, sind
aufgerufen, arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse in ihre Prozesse zu
integrieren“, erklärte Professor Ralph Bruder (Leiter des Instituts
für Arbeitswissensschaft der TU Darmstadt und Präsident der GfA) am
Freitag. Praxisbeispiele auf dieser Tagung dokumentierten, dass oft
mit verblüffend einfachen Mitteln teilweise deutliche
Produktivitätsgewinne sowie eine deutliche Verbesserung der
Arbeitszufriedenheit der Belegschaft erreicht werden konnten. „Das
Thema Arbeitszufriedenheit rangiert in unserer jüngsten
Quartals-Expertenbefragung ifaa-Trendbarometer ganz oben“, betonte
auch Professor Stowasser, Direktor des ifaa. Zufriedene Mitarbeiter
werden nach Stowassers Einschätzung in Zukunft für Unternehmen
wichtiger denn je sein, „denn zukunftsentscheidend für Unternehmen
wird es künftig vor allem sein, wie gut es ihnen gelingt, fähige
Mitarbeiter zu gewinnen, zu binden und zu halten“. Gerade KMU, die
vielfach keine omnipräsenten Markennamen tragen wie etwa
Autokonzerne, können über attraktive Arbeitsbedingungen und
zufriedene Mitarbeiter für sich werben.

Betriebsbeispiele verdeutlichen die Bedeutung der
Arbeitswissenschaft

Dass intelligente arbeitswissenschaftlich fundierte Lösungen
hierbei helfen können, zeigten Beispiele aus der Betriebspraxis – und
das oft mit verblüffend überschaubaren Mitteln.

So stellte Dirk Richter, Arbeitsschutz-Experte des Autozulieferer
Benteler in Düsseldorf, eine Kippmechanik für Materialkisten vor: Für
einen lediglich dreistelligen Betrag konnten so schwere
Wirbelsäulenbelastungen beim Herausheben von Teilen vermieden werden.
Karl-Josef Jussen, Personalchef der Berzelius Bleihütte in Stolberg
präsentierte Erfahrungen mit der Umstellung auf einen ergonomischen
Schichtplan: Zuvor hatten die 130 Schichtarbeiter in dem
200-Mitarbeiter-Betrieb jeweils 7 Nacht-schichten, sieben Früh- und
sieben Spätschichten gearbeitet. Der Plan ist inzwischen nach
arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen dahingehend geändert, dass
nie mehr als drei Nachtschichten in Folge gearbeitet wird und dass
nach jedem Nachtschichtzyklus eine mindestens zweitägige Ruhephase
eingelegt wird. Das Modell erfreut sich wachsender Zustimmung.
GfA-Präsident Professor Bruder: „Gerade ältere Menschen tun sich
schwerer mit Schichtarbeit. Denn die Regenerationsfähigkeit nimmt mit
dem Alter ab. Arbeitswissenschaftlich ausgearbeitete ergonomische
Schichtpläne können hier helfen, dass diese Menschen länger im
Schichtarbeits-Prozess bleiben können, der in der Industrie nicht
völlig vermeidbar ist.“

„Gute Ergonomie in der Arbeitsplatz- und Arbeitszeitgestaltung ist
auch für Jüngere wichtig, weil damit unnötiger Verschleiß im
Arbeitsprozess von Anfang an vermieden werden kann“, ergänzte
ifaa-Direktor Professor Stowasser.

Betriebliche Gesundheitsförderung immer wichtiger

Ein weiteres bei der GfA-Tagung diskutiertes Megathema ist die
betriebliche Gesundheitsförderung. GfA-Präsident Professor Ralph
Bruder stellte eine noch unveröffentlichte Stichprobenuntersuchung
der TU Darmstadt unter jungen Erwachsenen vor. Danach rangiert schon
unter jungen Menschen das Thema Gesundheit im Arbeitsleben ganz oben.
Auch ohne eigene Stabsstellen für dieses Thema, wie sie Konzerne
haben, können KMU erfolgreiche arbeitswissenschaftlich fundierte
Gesundheitsförderung betreiben. So führte Berzelius in seinem
Produktionsprozess den Einsatz kleiner Bagger ein, die Mitarbeitern
das Heben schwerer Teile ersparen.

Pressekontakt:
Institut für angewandte Arbeitswissenschaft e. V. (ifaa)
Ansprechpartnerin:
Dorothée Werry, Uerdinger Straße 56, 40474 Düsseldorf,
Telefon: 0211 542263-24, d.werry@ifaa-mail.de,
www.arbeitswissenschaft.net

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