Eine der Herausforderungen auf dem Weg zur
weiteren deutlichen Absenkung der Zahl an Schwerverletzten und Toten
bei Verkehrsunfällen in Deutschland ist die Berücksichtigung des
demografischen Wandels in der Unfallforschung. Das betonte Prof.
Stefan Strick, Präsident der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt)
bei der Eröffnung der crash.tech 2012 in München. Im Jubiläumsjahr –
die crash.tech wurde von TÜV SÜD erstmals vor 20 Jahren ausgerichtet
– standen bei über 150 Experten die Vernetzung von passiven und
aktiven Sicherheitssystemen sowie neue Herausforderungen etwa durch
Elektromobilität im Mittelpunkt des heute (25. April) zu Ende
gehenden Kongresses.
Vision Zero, null Verkehrstote in Europa bis 2050 und eine weitere
Absenkung der Zahl an Unfalltoten in Deutschland um 40 Prozent bis
2020 vom heutigen Stand aus. Zur Erreichung dieses ambitionierten
Zieles wird nach einhelliger Meinung der Unfallforscher ein ganzes
Maßnahmenpaket notwendig, beginnend bei der Verkehrsinfrastruktur und
verkehrspsychologischen Ansätzen. Eine zentrale Rolle spielt aber die
weitere technische Entwicklung. Wie Horst Schneider, im Vorstand von
TÜV SÜD für die Mobilität verantwortlich, in seiner Begrüßungsrede
betonte, kommt hier der Entwicklung aktiver Schutzsysteme wie
Car-to-Car-Communication, Umfeldsensorik sowie Fußgängererkennung
besondere Bedeutung zu.
Unfallschwere reduzieren und Unfälle aktiv vermeiden
Damit hat sich das Bild seit Beginn der crash.tech vor 20 Jahren
deutlich gewandelt: So stand in den ersten Jahren noch die passive
Sicherheit im Fokus der Experten und damit der Schutz der
Fahrzeuginsassen vor Unfallfolgen. Jetzt rückt seit einigen Jahren in
der Entwicklung und Bewertung aktive Sicherheit in den Mittelpunkt,
also der Einsatz moderner Assistenzsysteme, bei denen über
elektronische Helfer der Fahrer so unterstützt wird, dass Unfälle
idealerweise vermieden werden, respektive beim Unfall die Folgen
möglichst abgemildert werden: „Gerade in den hochentwickelten
Auto-Nationen sind die Möglichkeiten zur Erreichung der Vision Zero
über passive Systeme weitgehend ausgereizt. Eine weitere notwendige
Reduzierung der Zahl der Unfalltoten ist ohne die Entwicklung Unfall
vermeidender Systeme nicht zu erreichen“, so Schneider. Allerdings
dürfte hierüber nicht die Weiterentwicklung passiver Schutzsysteme
vernachlässigt werden, denn nur eine Vernetzung aktiver und passiver
Systeme könne letztlich dafür sorgen, dass die „Vision Zero“ keine
Vision bleibe.
Demografie und Unfallforschung
Dass aber auch die Weiterentwicklung passiver Systeme dringend
notwendig ist, darauf machte BASt-Präsident Prof. Strick am Beispiel
des demografischen Wandels aufmerksam. Die Alterung der Gesellschaft
und die Ausweitung der Lebensarbeitszeit wird nach Erkenntnissen der
BASt dazu führen, dass individuelle Mobilität bis ins hohe Alter
zunehmend wichtig wird. Dies ist in der aktuellen Unfallforschung
aber noch nicht ausreichend berücksichtigt. So lägen zuverlässige
Erkenntnisse vor, dass ältere Menschen selbst bei vergleichsweise
leichten Unfällen schwerere Verletzungen erlitten, speziell im
Brustbereich. Ursache ist hier unter anderem, dass die in der
Unfallforschung verwendeten Dummies nicht die besonderen
Eigenschaften älterer Verkehrsteilnehmer widerspiegeln, etwa wenn es
um Verletzungen im Brustbereich geht. Hier müsse, so Strick, Sorge
getragen werden, dass in der Unfallforschung verbesserte Dummies mit
angepassten biomechanischen Grenzwerten eingesetzt werden, die ein
zuverlässiges Bild über die Unfallfolgen für ältere
Verkehrsteilnehmer erbringen. Außerdem arbeitet die BASt in
verschiedenen Forschungsgruppen an der Weiterentwicklung von
sogenannten nummerischen Menschmodellen, über die Unfallbelastungen
noch besser simuliert werden können als durch den Einsatz von
Dummies.
Aber nicht nur der Mensch stand im Blickpunkt der Unfallforscher,
sondern auch neue Mobilitätsformen wie etwa die Elektromobilität. Die
Experten waren sich einig, dass es mit Blick auf eingesetzte
Hochvolt-Aggregate noch einigen Handlungsbedarf gibt, was den Schutz
der Unfallhelfer anbelangt. Hier müsse insbesondere sichergestellt
werden, dass auch nach leichteren Unfällen der Stromfluss zuverlässig
unterbrochen ist, um jedes Risiko zu vermeiden.
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