Darmkrebs: Wenn die Wachstumsbremse fehlt

Forscher suchen neue Therapien gegen fortgeschrittene Tumore

Aggressiven Darmkrebszellen fehlt möglicherweise ein wichtiges
Molekül, das gesunde Zellen davor bewahrt, sich unkontrolliert immer
weiter zu vermehren. Das könnte die Ursache für besonders schwere
Krankheitsverläufe sein, vermuten Wissenschaftler der Technischen
Universität München. Sie wollen jetzt die genauen Zusammenhänge
entschlüsseln und neue Behandlungsstrategien entwickeln. Die Deutsche
Krebshilfe fördert das Projekt mit rund 325.000 EUR.

Wenn die Kommunikation nicht richtig läuft, ist das Chaos meist
vorprogrammiert. Was für das menschliche Miteinander charakteristisch
ist, trifft auch auf die Zellen unseres Körpers zu. Ein komplexes
Zusammenspiel verschiedener Signalmoleküle steuert ihr gesundes
Wachstum. Sogenannte Tumorsuppressoren etwa regulieren die
Zellteilung. Kommt es zu Fehlern in der Nachrichtenübermittlung,
können die Zellen unkontrolliert weiterwachsen und Tumore bilden.

Als Tumorsuppressor fungiert vermutlich auch ein Eiweißmolekül mit
der wissenschaftlichen Abkürzung DUSP5, das Wissenschaftler des
Klinikums rechts der Isar an der Technischen Universität München
jetzt im Zusammenhang mit der Entstehung von Darmkrebs genauer
untersuchen wollen. „DUSP5 sorgt in gesunden Zellen des Darmtrakts
dafür, dass diese sich regelmäßig erneuern und dann ihr Wachstum
wieder einstellen. Es bremst quasi auf natürlichem Weg die Zellen
aus“, erläutert Studienleiter Professor Dr. Klaus-Peter Janssen. „Wir
konnten nachweisen, dass bei vielen Darmkrebspatienten dieses Protein
nicht vorhanden oder nur schwach ausgeprägt ist. Bei Patienten, die
kein DUSP5 mehr im Tumor haben, wächst der Krebs besonders
aggressiv“, so Janssen weiter. Ohne DUSP5 fehlt den Krebszellen
vermutlich die natürliche Wachstumsbremse, und sie können sich
ungehindert teilen.

Professor Janssen und sein Team gehen nun der Frage nach, warum
die Aktivität des „Bremsmoleküls“ DUSP5 in Darmkrebszellen
herabgesetzt ist und welche Auswirkungen dies auf die Zellen hat.
Langfristig wollen sie klären, warum Darmkrebs bei einigen Patienten
einen aggressiven Verlauf nimmt, also oft nur schwer behandelbare
Absiedlungen in anderen Organen (Metastasen) bildet, und ob DUSP5
dafür mitverantwortlich ist. Die Arbeitsgruppe um Professor Janssen
kann bereits erste Erfolge verbuchen: Aktuelle Ergebnisse belegen,
dass DUSP5 im Laborversuch das Entstehen der Metastasen tatsächlich
verhindern kann. Darmkrebszellen, in denen DUSP5 gezielt wieder
„angeschaltet“ wurde, konnten keine Tumorabsiedlungen in Lymphknoten
oder anderen Organen mehr ausbilden. Im nächsten Schritt wollen die
Wissenschaftler neue Verfahren entwickeln, um das Risiko für das
Auftreten von Metastasen besser beurteilen zu können. Langfristiges
Ziel sind neuartige Behandlungsstrategien bei fortgeschrittenen
Stadien der Krebserkrankung.

„Insbesondere bei fortgeschrittenen Krankheitsverläufen steht die
Krebsmedizin immer noch vor großen Herausforderungen. Für die
Entwicklung neuer Therapieansätze ist es daher unabdingbar, die
Entstehungsmechanismen von Krebserkrankungen zu verstehen“, betont
Gerd Nettekoven, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Krebshilfe.

Wer sich anlässlich des Darmkrebsmonats März detaillierter über
die Themen Vorbeugung, Früherkennung, Behandlung und Nachsorge von
Darmkrebs informieren möchte, erhält kostenlose
Informationsmaterialien bei der Deutschen Krebshilfe, Postfach 1467,
53004 Bonn. Alle Ratgeber und Faltblätter können auch im Internet
unter www.krebshilfe.de/informieren bestellt oder heruntergeladen
werden. Eine persönliche Beratung bieten darüber hinaus die
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Informations- und
Beratungsdienstes der Deutschen Krebshilfe INFONETZ KREBS unter der
kostenlosen Rufnummer 0800 / 80708877.

Hintergrundinformation: Darmkrebs

Darmkrebs ist die dritthäufigste Krebserkrankung in Deutschland.
Rund 33.000 Männer und 28.000 Frauen erkranken jedes Jahr neu daran
(Robert Koch-Institut, Berlin 2016). Das durchschnittliche
Erkrankungsalter liegt für Männer bei 72 Jahren und für Frauen bei 75
Jahren.

Rauchen und Übergewicht sind die bedeutendsten Risikofaktoren für
Darmkrebs. Auch Bewegungsmangel, regelmäßiger Alkoholkonsum sowie
eine ballaststoffarme Ernährung mit hohem Anteil an rotem Fleisch und
Wurstwaren spielen eine große Rolle. Darüber hinaus erhöhen schwere
entzündliche Darmerkrankungen wie Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa
sowie bestimmte Formen von Dickdarmpolypen, die als Vorläufer von
bösartigen Darmtumoren gelten, das individuelle Darmkrebsrisiko. Auch
eine erbliche Belastung kann von Bedeutung sein.

Projektnr.: 70111822

Interviewpartner auf Anfrage!

Pressekontakt:
Deutsche Krebshilfe
Pressestelle
Buschstr. 32
53113 Bonn
Telefon: 02 28/7 29 90-96
E-Mail: presse@krebshilfe.de
Internet: www.krebshilfe.de

Original-Content von: Deutsche Krebshilfe, übermittelt durch news aktuell

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