Auf derÜberholspur zur Entwicklung neuer Medikamente: Hertie-Stiftung kooperiert mit amerikanischer Myelin Repair Foundation (MRF)

Medikamente zur Behandlung von Multiple
Sklerose sollen künftig deutlich schneller entwickelt werden.
Weltweit beträgt die Zeitspanne hierfür aktuell bis zu 40 Jahre. Dies
zu beschleunigen, ist das Ziel einer neuen Kooperation, die jetzt in
Frankfurt offiziell bekanntgegeben wurde. Hinter dem in Europa
einmaligen Projekt stehen zwei Stiftungen: die Myelin Repair
Foundation (MRF) aus Kalifornien, USA, sowie die Hertie-Stiftung mit
Sitz in Frankfurt. Die beiden Stiftungen setzen auf ein neues
Forschungsmodell, das sich in seiner Effizienz und Arbeitsweise an
erfolgreichen Wirtschaftsunternehmen orientiert und das als Novum in
der Wissenschaft bezeichnet werden kann.

Bisherige Forschungen dienen üblicherweise eher dem
Erkenntnisgewinn. Von Jahr zu Jahr bringt die Medizinforschung immer
mehr neue Ergebnisse hervor, die in Hunderttausenden von Fachartikeln
veröffentlicht werden. Gleichzeitig werden jährlich gerade einmal
rund dreißig neue Substanzen als Medikament zugelassen. Gründe für
diese Diskrepanz gibt es mehrere. „Die Wissenschaft ist eine eigene
Welt, in der die meisten Forscher das Ziel verfolgen müssen, Neues zu
entdecken und darüber in den wichtigsten Fachmagazinen zu berichten“,
erklärt Dr. h.c. Frank-Jürgen Weise, Vorstandsvorsitzender der
Hertie-Stiftung. „Solche Veröffentlichungen sind häufig
ausschlaggebend für ihren beruflichen Erfolg.“ Die Übertragung von
Ergebnissen aus der Grundlagenforschung in vorklinische und klinische
Studien werde eher selten angestrebt.

Zudem müssen erfolgversprechende Ergebnisse zunächst mehrfach und
unter höchsten Standards bestätigt werden, um wirklich als
aussichtsreich für die weitere Medikamenten-Entwicklung zu gelten.
Dies geschieht bislang in unabhängigen Auftragsforschungsinstituten
oder der Pharmaindustrie selbst. „Leider aber zu selten und nicht
systematisch“, bedauert Scott Johnson, Gründer der amerikanischen
Myelin Repair Foundation (MRF). Verschiedene Studien haben außerdem
ergeben, dass eine Bestätigung der Forschungsergebnisse in bis zu 89
Prozent nicht unter den Bedingungen möglich ist, welche für die
Medikamentenentwicklung notwendig sind.

Schlanke Strukturen und schnelle Prozesse sind gefragt

Jetzt bringt die Hertie-Stiftung, die selbst auf 40 Jahre
Erfahrung in der Förderung von Multiple-Sklerose-Projekten
zurückgreifen kann, das Forschungsmodell der MRF nach Europa.
Führende Wissenschaftler, die sich auf MS spezialisiert haben,
bündeln ihr Fachwissen und arbeiten von Anfang an besonders eng
zusammen. Gegenseitige konkrete Vorgaben, klare Ziele mit Deadlines
und ein ständiger Austausch über Ideen und Ergebnisse gehören zu den
Rahmenbedingungen, die auch in Unternehmen für Effizienz sorgen, im
derzeitigen Wissenschaftsbetrieb aber nur selten so stringent gelebt
werden. Schritt für Schritt werden so parallel verschiedene
Forschungsprojekte durchgeführt. Ein weiteres Novum:
Vielversprechende Ergebnisse werden in einem eigenen Labor der MRF
unter industriellen Bedingungen repliziert. Und nicht zuletzt sorgt
der von Beginn an intensive Kontakt der Wissenschaftler zu Kollegen
der Pharmaindustrie dafür, die Medikamenten-Entwicklung zu
beschleunigen. So gelangen replizierte Ergebnisse schneller in die
Phase der klinischen Studien und damit letztlich rascher zum
Patienten.

In den USA engagiert sich die Myelin Repair Foundation mit diesem
Ansatz schon seit 2004 in der MS-Forschung. Erste Resultate zeigen,
dass die Stiftung den wissenschaftlichen Weg vom ersten
Forschungsergebnis bis zur konkreten Medikamenten-Entwicklung
revolutionieren könnte. MRF-Gründer Scott Johnson, der selbst vor 36
Jahren an MS erkrankte, erhält in Amerika für seine Stiftung
beachtliche Unterstützung aus Wirtschaft, Politik und Bevölkerung.
„Ich freue mich, gemeinsam mit der Hertie-Stiftung diese Idee nun
auch in Deutschland und später in ganz Europa verbreiten zu können“,
erklärt der 58-Jährige. „Mein Wunsch ist es, Mittel zur Regeneration
beschädigter Nervenschutzhüllen (Myelinscheiden) zu finden, damit
auch bereits an MS erkrankten Menschen geholfen werden kann.“

Im Rahmen des langfristig angelegten Projekts werden nun zunächst
in Deutschland ausgewählte Wissenschaftler für das Konzept gewonnen.
Für die Aufbauphase 2014 starten MRF und Hertie-Stiftung mit einem
Budget von 500.000 Euro. „Neben der finanziellen Förderung bringen
wir vor allem unser engmaschiges Experten-Netzwerk, in das Ärzte,
Wissenschaftler und MS-Verbände eingebunden sind, sowie unser
gewachsenes Wissen über die MS-Forschung ein“, so Weise und ergänzt:
„Wir beschreiten mit der Kooperation ein neues Projektfeld, in das
wir sehr große Hoffnungen setzen.“ Nicht zuletzt auch die Hoffnung,
die Medikamenten-Entwicklung künftig – über das Gebiet der Multiplen
Sklerose hinaus – grundsätzlich zu beschleunigen.

Die Gemeinnützige Hertie-Stiftung

Als eine der größten weltanschaulich unabhängigen und
unternehmerisch ungebundenen Stiftungen in Deutschland verfügt die
Hertie-Stiftung über ein Anlagevolumen von mehr als 959 Millionen
Euro (per 31.12.2013), dessen Erträge dem Allgemeinwohl gewidmet
sind. Dem Willen ihres Stifters Georg Karg folgend, orientiert sich
die Hertie-Stiftung an den Lebenssituationen der Menschen und den
Herausforderungen der zukünftigen Gesellschaft in den Arbeitsgebieten
Vorschule und Schule, Hochschule, der Vereinbarkeit von Beruf und
Familie und Neurowissenschaften.

Die Hertie-Stiftung ist der größte Förderer der Hirnforschung in
Deutschland. Die Autoimmunerkrankung Multiple Sklerose gehört zu den
Schwerpunkten ihrer Arbeit. In einer Vielzahl von Projekten geht es
zum einen darum, die Erforschung ihrer Ursachen voranzutreiben. Zum
anderen sollen die Menschen unterstützt werden, die mit MS leben.

Pressekontakt:
Carmen Jacobi
Kommunikation
Gemeinnützige Hertie-Stiftung
Tel.: 069 – 660 756 155
E-Mail: jacobic@ghst.de
www.ghst.de

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