„In New York und Paris Weichen stellen, um Zukunft der Menschen
auf stabilem Planeten zu sichern“
Signal für den Schutz der Erde, damit auch zukünftig Entwicklung
auf ihr möglich bleibt: Mit der Verleihung ihres Deutschen
Umweltpreises appelliert die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) „an
die internationale Staatengemeinschaft, bei den 2015 noch anstehenden
Konferenzen in New York und Paris die Weichen in Richtung
Zukunftssicherung der Menschheit auf einem stabilen Planeten zu
stellen“, wie ihr Generalsekretär Dr. Heinrich Bottermann heute
betonte. Am 8. November werden in Essen aus der Hand von
Bundespräsident Joachim Gauck der Klima- und Meeresforscher Prof. Dr.
Mojib Latif (60, Kiel) und der global agierende
Nachhaltigkeitswissenschaftler Prof. Dr. Johan Rockström (49,
Stockholm) den größten und unabhängigen Umweltpreis Europas in
Empfang nehmen. „Das Tempo für eine wirklich nachhaltige Entwicklung
ist viel zu langsam. Die Fakten liegen auf dem Tisch. Unser Planet
gerät ernsthaft in Gefahr, wenn nicht entschlossen gehandelt wird“,
sagte Bottermann. Der Preis ist mit insgesamt 500.000 Euro dotiert.
Bei einer Ende September in New York stattfindenden
Generalversammlung der Vereinten Nationen (United Nations, UN) sollen
die thematischen Prioritäten der künftigen globalen
Nachhaltigkeitsziele festgelegt werden. Ende November in Paris soll
dann bei der UN-Klimakonferenz als Nachfolgevertrag für das
Kyoto-Protokoll ein neues Abkommen mit verbindlichen Klimazielen für
alle 194 Mitgliedsstaaten der UN-Klimarahmenkonvention vereinbart
werden. Bottermann: „Wir stehen also an einer Wegscheide.
Entschlossenes Handeln ist jetzt gefragt!“ Mit der erstmalig
gleichzeitigen Auszeichnung zweier Nachhaltigkeits- und Klimaforscher
wolle die DBU das unterstreichen.
Latif sei in seiner jahrzehntelangen Arbeit getrieben von der
persönlichen Sorge um den Zustand des Planeten. Als einer der
herausragenden Klimaforscher Deutschlands weise er unter anderem
darauf hin, dass unser Planet ohne intakte Ozeane für Menschen
unbewohnbar zu werden drohe. In seinem Buch „Das Ende der Ozeane“
biete er eine äußerst lehrreiche und lesenswerte Einführung in die
aktuelle Meeresforschung. Darin würden das Leben im Meer, die
komplexen und wenig anschaulichen physikalischen Zusammenhänge
zwischen Klima und Meer wie auch die Folgen der Meeresverschmutzung
für die Meeresbewohner und auch für die Menschen verständlich und in
anschaulichen Bildern vermittelt.
In zahlreichen Büchern und fachwissenschaftlichen Beiträgen richte
er sich an Experten und ein breites Zielpublikum, auch an Kinder und
Jugendliche. Er zeige damit seinen hohen wissenschaftlichen Anspruch
und Ehrgeiz, Bücher so zu schreiben, dass sich ihre Inhalte einer
breiten Öffentlichkeit leichter erschließen. Neben zahlreichen
fachwissenschaftlichen Beiträgen halte Latif Vorlesungen an
Kinderuniversitäten und Schulen, sei ein gefragter Experte in
verschiedenen Wissenschaftssendungen und liefere wissenschaftliche
Beiträge für zahlreiche Printmedien. Bottermann: „Sprachgewandt,
voller Optimismus, Leidenschaft und Faszination widmet sich Latif
seinem Thema. Dabei bleibt er nicht bei der Vermittlung von Fakten
stehen, sondern fordert immer wieder sehr konkret zum Handeln auf.“
Latif ist Leiter des Forschungsbereiches Ozeanzirkulation und
Klimadynamik im GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel. Er
ist unter anderem Mitglied der Akademie der Wissenschaften in
Hamburg, der Deutschen Gesellschaft Club of Rome und Vorsitzender des
Deutschen Klima-Konsortiums. 2001 und 2007 war er Mitautor der
Berichte des Weltklimarates IPCC (Intergovernmental Panel on Climate
Change). Seit 2003 ist er Professor an der Universität Kiel.
Rockström ist seit 2007 Direktor des Stockholm Resilience Centre.
Unter Resilienz versteht man im Kern das Vermögen, sich in
Krisensituationen trotz Störungen verändernden Bedingungen anzupassen
und weiter zu entwickeln. Ein wichtiges Feld in der aktuellen
Resilienzforschung, in dem sich Rockström besonders hervorgetan hat,
ist der Versuch, die Risiken zu verstehen, die durch das
Überschreiten kritischer Grenzen auf planetarer Ebene entstehen, um
die menschliche Weiterentwicklung nicht zu gefährden.
Bottermann betonte heute, Rockström analysiere die rapide
wachsenden wissenschaftlichen Belege, die zeigten, dass die
Kapazitäten des Erdsystems in einigen Bereichen bereits überschritten
sind, weitere globale Entwicklung zu vertragen. Mit seinen
wissenschaftlich fundierten Konzepten habe er Handlungsrahmen für
Politik, Wirtschaft und Gesellschaft entwickelt, als „Ingenieur der
Zukunft“ einen sicheren Aktionsraum für die Erde festgelegt und die
Grenzen angegeben, innerhalb derer eine verträgliche öko-soziale
Entwicklung auch für die Zukunft möglich bleibe.
Wissenschaftlich akribisch und konstruktiv-optimistisch habe er
gemeinsam mit namhaften internationalen Experten weltweit verfügbare
Daten zum Zustand der Erde zusammengeführt und gewichtet, die
ökologischen Prozesse analysiert, die die Stabilität des Planeten
regulieren. Mit seinem Konzept der „planetaren Grenzen“ habe er auf
der Basis konkreter Messgrößen biophysische Belastungsgrenzen für die
Erde definiert, die den Planeten von seinem jetzigen, für den
Menschen wünschenswerten, stabilen Zustand abbringen könnten – wie
zum Beispiel bei dem Ziel der internationalen Klimapolitik, die
globale Erwärmung auf weniger als eineinhalb bis zwei Grad gegenüber
dem Niveau vor Beginn der Industrialisierung zu begrenzen. Seine
wissenschaftlichen Arbeiten hätten zu einem grundsätzlichen
Paradigmenwechsel im Verständnis des Planeten Erde als System
beigetragen. Bottermann: „Ein Wegweiser in Richtung eines sicheren
Aktionsraumes im Erdsystem, dessen definierte Grenzen wir nicht
verlassen dürfen.“
Rockström habe aber auch Prinzipien entwickelt, mit denen er das
sozial-ökologische System Mensch/Biosphäre für die Zukunft sichern
und den Kollaps verhindern wolle. So habe er „zu einer Versachlichung
in der Umweltdebatte beigetragen und eine dringend notwendige
Mentalitätsveränderung ermöglicht hin zu einer Welt, die sich
innerhalb wissenschaftlich festgelegter Grenzen für kritische,
globale, die Stabilität des Planeten regulierende Parameter
einsetzt“. Rockström übersetze wissenschaftliche Erkenntnisse in
konkrete Handlungsrahmen und vermittle sie an die Entscheider in der
Welt. Nicht zuletzt deshalb habe die Weltgemeinschaft nun in New York
die Chance, die globalen Risiken anzugehen, die Menschen und den
Planeten miteinander zu versöhnen und so für gerechte Lösungen zu
sorgen. Rockström sei auf dem Gebiet der ökologischen Nachhaltigkeit
ein „großer Denker und Kommunikator des Umweltschutzes unserer Zeit“
und stehe „in seiner epochalen Wirkung in einer Linie mit dem 1972
erschienenen Bericht “Grenzen des Wachstums“ des Club of Rome“, so
Bottermann.
Mit dem Ehrenpreis zeichnet die DBU in diesem Jahr Prof. em. Dr.
Michael Succow (74, Greifswald) aus. Er gilt national wie
international als Ausnahmepersönlichkeit im Naturschutz, sein
Engagement für große Wildnisgebiete in Deutschland als einmalig.
Innerhalb kürzester Zeit war es ihm zum Zeitpunkt der deutschen
Wiedervereinigung gelungen, mit dem Nationalparkpro¬gramm für den
Osten Deutschlands auf einen Schlag 12,1 Prozent der Landesfläche der
ehemaligen DDR mit einem einstweiligen und 5,5 Prozent mit einem
endgültigen Schutzstatus als Nationalpark, Biosphärenreservat und
Naturpark zu sichern.
Mit dem 2015 zum 23. Mal verliehenen Deutschen Umweltpreis der DBU
– dem unabhängigen, mit 500.000 Euro höchstdotierten Umweltpreis
Europas – werden Leistungen ausgezeichnet, die vorbildlich zum Schutz
und Erhalt der Umwelt beigetragen haben oder in Zukunft zu einer
deutlichen Umweltentlastung beitragen werden. Er richtet sich an
Personen, Firmen und Organisationen. Es können Projekte, Maßnahmen
oder Lebensleistungen einer Person prämiert werden. Kandidaten für
den Deutschen Umweltpreis werden der DBU vorgeschlagen. Berechtigt
dazu sind etwa Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften, Kirchen,
Umwelt- und Naturschutzverbände, wissenschaftliche Vereinigungen und
Forschungsgemeinschaften, das Handwerk und Wirtschaftsverbände.
Selbstvorschläge sind nicht möglich. Eine vom DBU-Kuratorium ernannte
Jury, besetzt mit unabhängigen und herausragenden Experten aus
Wirtschaft, Wissenschaft, Technik und gesellschaftlichen Gruppen,
empfiehlt dem DBU-Kuratorium die Preisträger für das jeweilige Jahr.
Das DBU-Kuratorium fällt die Entscheidung.
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Prof. Dr. Johan Rockström
Tel.: 004686747183
E-Mail: johan.rockstrom@su.se
Prof. Dr. Michael Succow
Tel.: 00493834|83542-0
E-Mail: info@succow-stiftung.de