„Wir wissen die Talente von Menschen zu schätzen, die in zwei Kulturen zuhause sind“ (FOTO)

Interview mit Bundesforschungsministerin Johanna Wanka zum
Deutsch-Türkischen Wissenschaftsjahr / Eröffnung am Donnerstag in
Berlin

Die deutsch-türkische Zusammenarbeit in der Wissenschaft hat eine
lange Tradition. Und sie ist besonders intensiv: Mehr als drei
Millionen Menschen türkischer Herkunft leben in Deutschland, und mehr
als fünftausend deutsche Firmen sind in der Türkei aktiv. „Das
Kooperationspotenzial Deutschlands und der Türkei ist besonders groß.
Das Deutsch-Türkische Wissenschaftsjahr 2014 wird dem einen weiteren
Schub geben“, sagt Bundesministerin Johanna Wanka im Interview mit
bmbf-online, dem Internetauftritt des Bundesministeriums für Bildung
und Forschung (BMBF). Eröffnet wird das Wissenschaftsjahr am 23.1. im
Berliner E-Werk. Bundesministerin Wanka und ihr türkischer
Amtskollege Isik halten die Eröffnungsreden. Das Ereignis wird via
Livestream auf bmbf.de direkt im Internet übertragen.

bmbf-online: Frau Ministerin Wanka, Ihr Ministerium organisiert
gemeinsam mit dem türkischen Wissenschaftsministerium das
Deutsch-Türkische Wissenschaftsjahr 2014. Worum geht es?

Johanna Wanka: Das Deutsch-Türkische Wissenschaftsjahr hat ein
großes Ziel: Es soll die Brücke zwischen unseren Ländern weiter
ausbauen. Auf beiden Seiten gibt es ein großes Interesse an
universitären Partnerschaften und Forschungszusammenarbeit. Das hat
eine lange Tradition. Das Fundament für die deutsch-türkischen
Hochschulzusammenarbeit zum Beispiel wurde schon in den dreißiger
Jahren durch Professoren gelegt, die vor dem nationalsozialistischen
Regime in die Türkei geflüchtet waren. Der Hochschulkompass der
Hochschulrektorenkonferenz verzeichnet aktuell 848 Kooperationen
zwischen deutschen und türkischen Hochschulen, mit steigender
Tendenz. Für deutsche und europäische Wissenschaftler ist die Türkei
ein bedeutender Partner. Der Austausch von Studenten ist längst
selbstverständlich.

bmbf-online: Was konkret planen Sie?

Johanna Wanka: Am 23. Januar wollen wir das Wissenschaftsjahr in
Berlin eröffnen. Schwerpunkte des Jahres sind Schlüsseltechnologien
wie zum Beispiel die Informations- und Kommunikationstechnologien,
die Nano- und Biotechnologie und die Herausforderungen des globalen
Wandels. Zentral ist ein Ideenwettbewerb. Mit ihm suchen wir nach
Vorschlägen: Wie können zum Beispiel neue Partnerschaften zwischen
deutschen und türkischen Forschungseinrichtungen, Unternehmen und
Bildungsanbietern initiiert werden? Gefördert werden Konferenzen,
Workshops, Delegationsreisen und andere öffentlichkeitswirksame
Termine. Wissenschafts- und Bildungsorganisationen bekommen so die
Möglichkeit, ihre Aktivitäten einer breiten Öffentlichkeit
vorzustellen. An diversen deutschen Hochschulen gibt es zudem
Türkei-Wochen.

bmbf-online: Wenn Sie die vielen deutsch-türkischen
Wissenschaftsprojekte betrachten – welches ist das spannendste?

Johanna Wanka: Das ist sicher die Türkisch-Deutsche Universität in
Istanbul, die TDU, die gerade ihre Arbeit begonnen hat. Sie ist
wirklich etwas Besonderes im Verhältnis unserer beiden Länder und
verleiht der Zusammenarbeit beider Seiten eine neue Dimension. Das
deutsche Bundesbildungsministerium und die türkischen Partner
finanzieren das Projekt gemeinsam. An der TDU haben sich mehr als 130
Studenten eingeschrieben – für die Bachelorstudiengänge Jura,
Mechatronik und BWL und die Masterstudiengänge „European and
International Affairs“ und „Interkulturelles Management“. Diese
Studiengänge wurden zusammen mit deutschen Hochschulen entwickelt.
Deutsche und türkische Professoren teilen sich die Lehre. Hinzu
kommen Studien- und Praxisaufenthalte in Deutschland. Ein Aspekt ist
mir dabei besonders wichtig: Die TDU soll eng mit der türkischen und
deutschen Wirtschaft zusammenarbeiten.

bmbf-online: Die türkische Wirtschaft wächst sehr schnell. Welche
Rolle spielt das?

Johanna Wanka: Eine sehr große. Gut ausgebildete Fachkräfte – etwa
die Absolventen der TDU – sind sehr gefragt. Die Leistungen, die an
der TDU erbracht werden, kommen so unseren beiden Ländern direkt
zugute. Darüber hinaus fördern unsere Regierungen schon gemeinsam
Projekte, bei denen mindestens ein Unternehmen und ein akademischer
Partner in Deutschland und der Türkei zusammenarbeiten, die
sogenannten „2+2 Projekte“. So können wichtige Innovationen
entstehen, zum Wohle beider Länder. Darum möchte ich noch ein
weiteres Beispiel unserer Zusammenarbeit nennen: Das
Forschungszentrum „German-Turkish Advanced Research Centre for
Information and Communication Technologies“ mit Sitz in Berlin und
Istanbul, das zeigt, wie anwendungsnah unsere gemeinsame Forschung
ist.

bmbf-online: Internationale Wissenschaftsjahre hat es schon viele
gegeben. Sie sind Teil der Strategie der Bundesregierung,
Wissenschaft und Forschung zu internationalisieren. Was ist dieses
Mal anders?

Johanna Wanka: Dieses Deutsch-Türkische Wissenschaftsjahr ist
sicher nicht nur für die Wissenschafts-Community von Interesse. Denn:
In Deutschland leben fast 3 Millionen Menschen türkischer Herkunft,
von denen etwas mehr als die Hälfte die deutsche Staatsangehörigkeit
besitzt. Die meisten von ihnen fühlen sich hier sehr wohl und
bereichern unser Land, einige haben große Verdienste in der
Wissenschaft und in der Wirtschaft erworben. Natürlich gibt es auch
Schwierigkeiten. Doch längst wissen wir die Talente von Menschen zu
schätzen, die in zwei Kulturen zu Hause sind und mehrere Sprachen
sprechen. Ich bin überzeugt, dass die Potenziale gerade der jungen
Leute mit Einwanderungshintergrund eine wichtige Chance für
Deutschland bieten.

bmbf-online: Und umgekehrt? Was ist mit den Deutschen in der
Türkei?

Johanna Wanka: Unsere Länder sind miteinander verflochten. Mehr
als 5000 deutsche Firmen sind in der Türkei aktiv. Das zeigt, wie
dynamisch die Türkei ist, wie stark ihre Wirtschaft. Und vergessen
Sie nicht: Viele Millionen Deutsche machen jedes Jahr Urlaub in der
Türkei. Beide Länder profitieren vom Austausch, und mit der
fortschreitenden Einbindung der Türkei in den europäischen
Integrationsprozess gewinnen auch die deutsch-türkischen Beziehungen
weiter an Bedeutung. Das Kooperationspotenzial Deutschlands und der
Türkei ist besonders groß. Das Deutsch-Türkische Wissenschaftsjahr
2014 wird dem einen weiteren Schub geben.

Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.bmbf.de/de/22881.php

Pressekontakt:
Oliver Hoischen

Öffentlichkeitsarbeit
Bundesministerium für Bildung und Forschung

Hannoversche Straße 28-30, 10115 Berlin
T +49 3018 57-5286
F +49 3018 57-85286
Oliver.Hoischen@bmbf.bund.de
www.bmbf.de

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