Bei der Welt-Aids-Konferenz in Durban in
Südafrika beraten seit Montag 18.000 Forscher, Aktivisten und
Politiker über Strategien gegen HIV. Jedes Jahr infizieren sich rund
2,1 Millionen Menschen mit dem gefährlichen Virus. Prof. Joachim
Hauber vom Heinrich-Pette-Institut in Hamburg erklärt im Interview
mit Pharma Fakten, welche Ziele bei der HIV-Bekämpfung künftig
erreichbar erscheinen.
Seit mehr als 15 Jahren gibt es unterschiedliche Prognosen, wonach
AIDS/HIV bald geheilt sein soll. Wann ist nach Ihrer Ansicht mit
einem Heilmittel zu rechnen?
Prof. Joachim Hauber: Mit Prognosen dazu sollte man sehr
vorsichtig sein. Aussagen dazu könnten zu große Hoffnungen wecken.
Außerdem muss unterschieden werden, was man unter Heilung versteht:
eine funktionelle oder eine sterilisierende Heilung. Bei einer
funktionellen Heilung könnten Patienten ihre Infektion ohne
Medikamente kontrollieren. Auf natürliche Weise schaffen das schon
jetzt etwa ein Prozent der mit HIV Infizierten, die sogenannten
Elite-Controller. Die genauen Ursachen dafür sind noch weitgehend
unverstanden.
Das große Ziel jedoch ist die sterilisierende Heilung, dass
Patienten also komplett virenfrei werden. Ob das zu erreichen ist,
bleibt abzuwarten. Auf jeden Fall müssen wir die Entwicklung
entsprechender Therapieansätze weiterhin versuchen.
Welcher Mechanismus muss für einen Durchbruch geknackt werden?
Prof. Hauber: Das HIV verbirgt sich in unserem Erbgut, indem es
sich in unsere Gene integriert. Bislang ist das unumkehrbar und
deshalb der Knackpunkt. Obwohl durch die derzeitigen
Kombinationstherapien die Virenvermehrung erfolgreich unterdrückt
werden kann, bleibt der genetische Bauplan des HI-Virus erhalten. Die
Folge sind lebenslange Therapien. Diese Behandlungsmöglichkeit ist
sicherlich einer der größten Erfolge der biomedizinischen Forschung.
Doch sie kann auf Dauer auch unerwünschte Folgen haben. Mit der Zeit
können sich Nebenwirkungen zeigen: beispielsweise altern die
Patienten schneller, haben Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes,
oder ein höheres Krebsrisiko.
Eine echte Heilung, denke ich, wird nur durch Kombination
verschiedener neuer Ansätze gelingen können, wobei Gentherapien dabei
eine wichtige Komponente sein werden. Aktuell haben wir auf diesem
Gebiet eine sehr spannende Entwicklung. Neue molekulare Werkzeuge
ermöglichen im Labor das Gene Editing, also die Inaktivierung oder
Entfernung des Virus-Erbgutes in bzw. aus der einzelnen infizierten
Zelle.
Mit welchem Behandlungsfortschritt können Patienten demnächst
rechnen?
Prof. Hauber: Die vorhandenen Kombinationstherapien werden
sicherlich noch weiter verfeinert. Patienten werden künftig wohl
insgesamt weniger Pillen zu sich nehmen müssen. Es ist mit
Medikamenten zu rechnen, die eine Wirkung von mehreren Wochen und
Monaten haben werden. Mit Sicherheit wird es künftig mehr Versuche
zur Heilungsforschung geben. In zehn bis 15 Jahren ist zu erwarten,
dass diese in einzelnen Fällen eine funktionelle Heilung ermöglichen.
Dafür wird allerdings, wie bereits erwähnt, die Entwicklung
neuartiger kombinatorischer Therapieansätze notwendig sein.
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Stefan Rebein
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