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Das Gesundheitssystem kann es sich nicht leisten, KI in der Medizin nicht einzusetzen
Die Kombination Mensch und KI ist unschlagbar: KI eröffnet neue Möglichkeiten, weil sie neue, zusätzliche Informationen für den Arzt liefert
Es braucht einen einfacheren Zugang zu mehr qualifizierten Daten, um KI-Modelle besser trainieren zu können
KI wird die Arzneimittelentwicklung beschleunigen, klinische Studien verkürzen, dabei Kosten senken und eine Biologie eröffnen, an die wir bisher noch nicht denken
Der zunehmende Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) in Medizin und Gesundheitswesen eröffnet ungeahnte Möglichkeiten für die Patientengesundheit und -sicherheit – durch bessere und schnellere Medikamentenentwicklung, passgenauere Therapien und zugeschnittene Medikamente. Gleichzeitig stehen neben enormen Chancen auch Herausforderungen, die zu einem rechtlichen, wie ethischen Balanceakt führen können. Darüber diskutierten Moderatorin Jeanne Turczynski mit Gästen aus angewandter Forschung, Biopharma-Industrie und KI-Rat in der 11. Livetalk-Runde des FORUM Science & Health von BioM – Live aus dem WERK1 zum Thema: Vom Algorithmus zur Heilung – Wie KI die Biomedizin revolutioniert. Es wurde deutlich: KI-Anwendungen werden in der Medizin alltäglich sein und Aufgaben übernehmen, den Arzt unterstützen, bessere Behandlungen ermöglichen und die Medikamentenentwicklung beschleunigen.
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Seit zwei Jahren unterstützt ein KI-gestützter mobiler Computertomograph auf dem Münchner Oktoberfest dabei, Kopfverletzungen schnell und sicher abzuklären. Und auch in anderen Bereichen der Medizin wird Künstliche Intelligenz zur Diagnostik, Prävention und personalisierten Therapie erfolgreich eingesetzt. Innovative Algorithmen revolutionieren die medizinische Bildgebung, werten Stoffwechselprofile für die Früherkennung von Krankheiten aus und berechnen, wie ein Medikament, Impfstoff, ein Behandlungsplan oder gar der Therapieerfolg aussehen könnte.
Mit den vielfältigen Einsatzmöglichkeiten ergeben sich jedoch auch Fragen zu Grenzen und Umsetzungsmöglichkeiten: Ist Deutschland hinsichtlich Digitalisierung bereit, großflächig von KI-Systemen profitieren zu können? Gehen durch das Delegieren an KI-Systeme Fähigkeiten und Erfahrungen der Ärzte verloren? Wie muss der Zugang zu medizinischen Daten erfolgen, damit KI sich entfalten kann? Wie kann KI bei der Entwicklung neuer Medikamente helfen?
Über diese Aspekte diskutierte am 24. November BR-Wissenschaftsredakteurin Jeanne Turczynski mit hochrangigen Gästen live aus dem WERK1 in München.
Als Referenten geladen waren Dr. Carsten Marr, Direktor des Instituts AI for Health am Helmholtz Munich, Dr. Anna Bauer Mehren, Head Analytics and D&A Site Head, Roche Innovation Center Munich, Pharma Research and Early Development Informatics, Dr. Jonas Biehler, Co-founder & CTO des Start-ups Ebenbuild GmbH, und Prof. Dr. Michael Ingrisch, Clinical Data Science für Radiologie am LMU Klinikum – Klinik und Poliklinik für Radiologie.
Sie skizzierten, wie ihre tägliche Arbeit bereits von KI geprägt wird und welche Aspekte es zu berücksichtigen gilt. Gleichzeitig gewährten sie den Zuschauenden einen Blick in die Zukunft und wie medizinische KI-Anwendungen das Leben von Patienten verbessern werden.
Dr. Carsten Marr sieht eine rasante Entwicklung der Künstlichen Intelligenz und eine enorme Chance durch die moderne Datenanalyse, insbesondere bei der Diagnose von Krebserkrankungen. Es brauche jedoch mehr Daten für die gesamte Gesundheitsversorgung, die aber oft noch nicht vorrätig oder zugänglich sei, um KI-Modelle zu trainieren. „Wenn wir eine KI haben, die das Ansprechen auf eine Therapie besser vorhersagen kann als der Experte, dann haben wir die Pflicht, diese Technik einzusetzen.“
Dr. Jonas Biehler entwickelt mit seinem Start-up Ebenbuild eine Technologieplattform für präzise, patientenspezifische Simulationsmodelle der menschlichen Lunge, sogenannte digitale Zwillinge. Er ist überzeugt, dass Befunde immer sicherer durch KI-Anwendungen werden. Diese blieben aber immer unterstützende Systeme. „Der Arzt kann damit präzisere Diagnose und Therapien ableiten – die Kombination aus KI und Mensch wird unschlagbar sein.“ Man müsse jedoch gleichzeitig die Grenzen von KI verstehen und für diese auch ein Bewusstsein schaffen.
In der Radiologie, so Prof. Dr. Michael Ingrisch, sind bereits einige KI-Produkte im Einsatz, die gut funktionieren und eine zusätzliche Meinung bereitstellen, die Sicherheit bei den Ärzten vermittelt. Er sieht das größte Potential von KI bei der Automatisierung von einfachen, repetitiven Aufgaben und bei der Auswahl von Therapien für den richtigen Patienten zur richtigen Zeit. Wichtig seien Daten für das Trainieren von Algorithmen. „Dort fehlen Infrastrukturen und Randbedingungen.“ Wichtig wäre zudem ein konstruktiver Umgang mit Datenschutz.
Für Dr. Anna Bauer-Mehren ist die Anwendung von KI nichts Neues: „Wir nutzen Künstliche Intelligenz schon seit vielen Jahren in vielen Bereichen. Was neu ist, ist der Zuwachs an hochqualitativen Daten, den Möglichkeiten Modelle zu trainieren, und der Expertise neue Modelle voranzutreiben. Durch den Zugriff auf Mehrdaten, können wir die Biologie besser verstehen. Das ist entscheidend, um dort Medikamente zu entwickeln, wo wir heute noch keine Ansatzpunkte haben.“ Dies ermögliche ein komplettes Umdenken, wie neue Medikamente entwickelt werden. Gleichzeitig könne KI Abläufe, wie sie heute in der Medikamentenentwicklung üblich sind, beschleunigen bzw. ersetzen.
Konsens der Diskussion war, dass Künstliche Intelligenz in der Medizin alltäglich sein wird. KI eröffne die Chance, den Arzt durch zusätzliche Informationen zu unterstützen, zeitintensive Routinen zu übernehmen und Entscheidungen abzusichern. Gut trainierte KI-Modelle werden die Entwicklung von Arzneimitteln und Therapien beschleunigen und eröffnen neue Ansätze für innovative Medikamente. Dies sei jedoch auch vom Zugang zu qualifizierten Daten und deren verantwortungsvollen Einsatz abhängig.
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