Volkskrankheit Depression – in diesem Jahr Thema
der Klüh Stiftung. Der mit 25.000 Euro dotierte Förderpreis 2016 der
Klüh Stiftung zur Förderung der Innovation in Wissenschaft und
Forschung geht an den Forscher Prof. Thomas E. Schläpfer (57) in
Bonn. Der Schweizer Mediziner ist stellvertretender Direktor der
Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Universitätsklinikums
Bonn und Associate Professor an der John Hopkins University in
Baltimore/USA. Die Laudatio hielt der FDP-Vorsitzende Christian
Lindner. Der FDP-Vorsitzende würdigte in seiner Rede im Haus der
Commerzbank am Brandenburger Tor die Arbeit Schläpfers: „Herr
Professor Schläpfer und sein Team gehen einen neuen Weg, der vielen
von dieser schweren Erkrankung betroffenen Menschen eine Perspektive
bietet. Die ersten Erfolge zeigen, dass sich die interdisziplinäre
Zusammenarbeit auszahlt. So wird nicht nur den Betroffenen geholfen,
sondern auch die Depressionsforschung insgesamt voran gebracht.“
Jeder fünfte Mensch erkrankt im Leben mindestens an einer
depressiven Episode. Etwa zehn Prozent der erkrankten Patienten
leiden an einer so genannten therapieresistenten Depression. Dies
bedeutet, dass die Betroffenen nicht auf die Behandlung mit den
herkömmlichen Verfahren wie Psychotherapie und Medikamenten
ansprechen. Prof. Schläpfer: „Dies führt dazu, dass diese Patienten
weiter an der schlimmsten Erkrankung leiden, die die Menschheit
kennt“.
Seit etwa zehn Jahren wird versucht, diesen depressiven Patienten
mit dem Therapieverfahren der tiefen Hirnstimulation zu helfen, die
schon seit etwa 20 Jahren mit Erfolg auch in der Neurologie
eingesetzt wird. Dazu werden in einer sogenannten stereotaktischen
Operation mit Hilfe von bildgebenden Verfahren in unterschiedliche
Zielregionen im Gehirn Elektroden eingesetzt. Diese werden mittels
unter der Haut verlegter Kabel mit einem Generator verbunden, der
ähnlich einem Herzschrittmacher die elektrische Stimulation
ermöglicht. Die Wirkung dieser Therapie in verschiedenen Zielgebieten
wurde systematisch untersucht und etwa der Hälfte der operierten
Patienten wurde damit signifikant geholfen.
Prof. Schläpfer: „Wir sind außerordentlich dankbar für die
Zuerkennung des Preises der Klüh Stiftung. Der damit verbundene
Geldbetrag ermöglicht uns, die Forschungen schneller voranzutreiben
als gedacht. Auch die damit einhergehende mediale Aufmerksamkeit
hilft, unser Thema in den Fokus zu rücken, wofür ich sehr dankbar
bin.“
Erst kürzlich hatte der Mediziner mit einem neuen Konzept eine
wichtige Verbesserung seiner Therapie erzielt. Das Forscherteam fand
heraus, dass alle für die tiefe Hirnstimulation relevanten Punkte
nahe beieinander liegen, nämlich im medialen Vorderhirnbündel, einem
Nervenstrang, der verschiedene Punkte des Belohnungssystems
miteinander verbindet. Vier Studien belegten laut Prof. Schläpfer,
dass eine Stimulation von verschiedenen Teilen des Belohnungssystems
starke und anhaltende antidepressive Effekte hat.
Das Kernsymptom der Depression ist die Anhedonie, die Unfähigkeit
Freude zu erleben in Situationen, die bisher Freude gemacht haben. So
empfindet etwa ein Fußballfan keine Freude mehr, wenn seine
Mannschaft ein Tor schießt. Prof. Schläpfer: „Diese so genannten
hedonen Reize werden im Belohnungssystem des Gehirns verarbeitet, ein
Hirnsystem, das uns Menschen Informationen darüber gibt, wenn ein
Reiz oder eine Empfindung gut für uns ist. Bei der schweren
Depression scheint nun exakt dieses System in seiner Funktion gestört
zu sein.“
Alle Studien belegten bei ca. 85% der Probanden eine
antidepressive Wirkung. Prof. Schläpfer: „Gefühle der
Hoffnungslosigkeit und Antriebslosigkeit verringerten sich teilweise
innerhalb von wenigen Tagen.“ Dieses Verfahren, glaubt der Mediziner,
könnte durch die wachsende Erfahrung, die weitere technische
Entwicklung der Elektroden und der Bildgebung ein viel versprechendes
Mittel in der Bekämpfung der Depression sein und vielen Betroffenen
Hoffnung machen. Weitere Studien müssten nun diese ersten Resultate
bestätigen und zeigen, wie nachhaltig die Behandlung wirkt. Wichtig
sei dabei die Interdisziplinarität des Behandlungsteams: Psychiater,
Psychologen und Neurochirurgen müssten eng zusammenarbeiten.
Über die Klüh Stiftung
Die Preisverleihungen der Klüh Stiftung sollen dazu beitragen,
dass besonders auszeichnungs- und förderungswürdige Projekte entweder
ihre Anerkennung oder ihre Förderung durch die Zuerkennung eines
Preises erhalten. Seit ihre Gründung 1986 anlässlich des 75-jährigen
Bestehens der Klüh-Gruppe hat die Stiftung rund 703.000 Euro an
Preisgeldern ausgeschüttet und ein breites Spektrum von medizinischen
Forschungen unterstützt. Die bisherigen Förderpreise wurden in der
Regel für medizinische Forschungsarbeiten vergeben, für die keine
öffentlichen Mittel bereitgestellt wurden. Stiftungsgründer ist
Unternehmer Josef Klüh, Alleininhaber des international tätigen
Multiservice-Anbieters Klüh Service Management GmbH.
Pressekontakt:
osicom | Wolfgang Osinski | Tel.: 0211 15 92 62-60 |
wolfgang.osinski@osicom.de
Klüh Service Management: Ivanka Pataca | Tel.: 0211 90 68-232 |
i.pataca@klueh.de