Von Müll zu wertvollen Produkten
Neue und innovative Technologien zur Konvertierung von Müll werden ein massiver industrieller Wachstumsmarkt in den kommenden Jahren weltweit sein. Experten erwarten in der nächsten Dekade bei Technologien von „Müll-zu-Energie“ und „Müll-zu-(Bio)Produkten“ eine CAGR-Wachstumsrate (in Englisch CAGR, compound annual growth rate) von über 11%. In den europäischen Gemeinden und Kommunen gibt es viele Müllreserven, wie zum Beispiel den normalen Hausmüll, Agrarreste sowie Klärschlamm von Wasseraufbereitungsanlagen, welche ein unermessliches Reservoir an wiederverwertbaren Kohlenstofffraktionen darstellen. Diese Fraktionen wieder zurück zu gewinnen, erlaubt es, ein wertvolles Produkt zu extrahieren und gleichzeitig die Umwelt zu schonen. Für das Abfallmanagement bedeuten gerade die Technologien der Müll-zu-Bioprodukte-Konversion, wie z.B. die Reststoff-basierte Herstellung von Biokunststoffen, sowohl neue Herausforderungen als auch neue Chancen. Speziell der Biokunststoffbranche wird ebenfalls ein rasantes Wachstum in den nächsten Jahren prophezeit, finden deren Biopolymere doch Eingang in sämtliche Industriezweige von der Verpackungs- über die Kleidungs- und Automobilindustrie bis hin zur Bauindustrie. Amerikanische Analysten erwarten ein 500%iges Wachstum in der bio-basierten Plastikproduktion bis zum Jahre 2015 mit technologischen Fortschritten, die nahezu im wöchentlichen Rhythmus veröffentlicht werden.
SYNPOL – Ein Projekt mit deutscher und schweizer Expertise
Das von der EU mit ca. 7,3 Millionen Euro geförderte Projekt SYNPOL (Biopolymers from syngas fermentation; zu Deutsch: Biopolymere durch Synthesegas-Fermentation) setzt sich das Ziel, diverse Abfallfraktionen zu hochwertigen Bioprodukten (z.B. Biokunststoffen) zu konvertieren. Dies geschieht durch verschiedene Partner des Projektkonsortiums, welche eine Müllvorbehandlung mit nachgeschalteter Pyrolyse des Mülls zur Produktion des sogenannten Synthesegases (ein Gas bestehend vor allem aus CO, H2 und CO2) und abschliessender bakterieller Fermentation des produzierten Gases koppeln wollen. Die Bakterien synthetisieren Biopolymergrundbausteine und Polyhydroxyalkanoate (PHA), welche dazu dienen, neue biobasierte Kunststoffprototypen durch chemische und enzymatische Katalyse zu gewinnen. Dabei trägt deutsches Know-How einen maßgeblichen Anteil zum Erfolg des SYNPOL-Projektes bei. Ein Grossteil des mikrobiellen Fermentationsprozesses wird von Bakterien geleistet, welche Forschungsobjekte an den Universitäten Ulm (Arbeitsgruppe Prof. Dr. Peter Dürre) und Münster (AG Prof. Dr. Alexander Steinbüchel) sind. Für eine erfolgreiche biotechnologische Applikation der Bakterien in diversen Synthesegasfermentationsprozessen werden spezifisches Bioprozess-Knowhow und spezialisierte Bioreaktoren benötigt. Die schweizer Arbeitsgruppen um Prof. Dr. Manfred Zinn (HES-SO Valais/Wallis, Sion) und Dipl.-Ing. Daniel Egger (Infors AG, Bottmingen) runden diesbezüglich das Projekt-Knowhow ab. Sie werden daher ein wichtiges Bindeglied für die industrielle Umsetzung des Synthesegases zu Biokunststoffderivaten durch bakterielle Fermentation innerhalb des Projekts darstellen.
Von Müll zu 100% biologisch abbaubarem Bioplastik
„Die beiden wichtigsten Vorteile des SYNPOL-Projekts sind zum einen die Tatsache, dass die Abfallströme für die Synthesegasherstellung nicht in Konkurrenz stehen mit Agrarprodukten, wie sie zum Beispiel für die Biotreibstoffproduktion verwendet werden und zum anderen, dass das Bioplastik, welches von Bakterien rein biologisch produziert wird auch zu 100% biologisch abbaubar ist“, erklärt SYNPOL Projektmanager Dr. Oliver Drzyzga vom spanischen Zentrum für Biologische Forschung (Centro de Investigaciones Biológicas, CIB-CSIC, Madrid). „Die neuen Kenntnisse, welche durch die innovative biotechnologische Anwendung des Projekts zu erwarten sind, werden sich nicht nur positiv auf das Umweltmanagement von terrestrischem Abfall auswirken, sondern vor allem dazu beitragen, den negativen Umwelteinfluss von Öl-basierten Plastiksorten zu reduzieren“, fügt er hinzu.
Mehr Informationen zum Projekt unter: www.synpol.org