In einer Phase-3-Studie mit 1.795 Probandinnen und Probanden hat der experimentelle Wirkstoff Lecanemab positiv im Vergleich zu einem Placebo abgeschnitten. Lecanemab baut die für die Alzheimer-Erkrankung charakteristischen Ablagerungen aus Beta-Amyloid im Gehirn ab. Der Krankheitsverlauf wird um 27 Prozent verzögert. Auf der Alzheimer-Konferenz Clinical Trial on Alzheimer´s Disease (CTAD) in San Francisco wurden jetzt die ausführlichen Studienergebnisse vorgesellt.
Dr. Linda Thienpont, Leiterin Wissenschaft bei der Alzheimer Forschung Initiative, sagt:
„Die Ergebnisse stimmen vorsichtig optimistisch. Lecanemab greift in die Mechanismen der Alzheimer-Krankheit ein und reduziert nicht nur die schädlichen Amyloid-Ablagerungen, sondern verzögert auch den Krankheitsverlauf. Das ist das ausschlaggebende Kriterium für die Patientinnen und Patienten – und das hat bisher noch kein Wirkstoff geschafft. Allerdings ist die Verbesserung der Kognition von 27 Prozent nur sehr moderat. Es ist deshalb fraglich, wie stark dieser Effekt für Betroffene spürbar ist und tatsächlich im Alltag einen Unterschied macht.
Die Studie hat aber gezeigt, dass sich der verzögernde Effekt mit zunehmender Dauer der Wirkstoffeinnahme vergrößert hat. Das könnte heißen, dass eine Einnahme über den Zeitraum der bisher untersuchten 18 Monate hinaus die Wirksamkeit von Lecanemab noch erhöht. Weitere Studien müssen das untersuchen.
Im Zusammenhang mit möglichen Nebenwirkungen, wie zum Beispiel Hirnschwellungen, muss genau abgewogen werden, ob Nutzen und Risiko in einem vertretbaren Verhältnis stehen. Im Falle einer Zulassung des Medikamentes wird eine engmaschige ärztliche Kontrolle bei der Behandlung nötig sein. Es muss außerdem genauer eingegrenzt werden, welche Patientinnen und Patienten für eine Behandlung in Frage kommen. Die Todesfälle von zwei Studienteilnehmer*innen im Zusammenhang mit der Einnahme von Blutverdünnern zeigen, dass noch Fragen zur Sicherheit des Wirkstoffes geklärt werden müssen.
Klar ist, dass Lecanemab die Alzheimer-Krankheit nicht heilen kann. Der Wirkstoff kann im Falle einer Zulassung den Verlauf im frühen Krankheitsstadium im besten Fall verzögern. Menschen im fortgeschrittenen Krankheitsstadium würden nicht von der Behandlung profitieren.
Die Studienergebnisse zeigen, dass es richtig ist, dass wir in der Alzheimer-Forschung diesen Behandlungsansatz weiterverfolgen, der auf die Beseitigung der schädlichen Amyloid-Plaques setzt. Es ist aber trotzdem sehr wichtig, mit Beta-Amyloid nicht nur einen Krankheitsmechanismus im Blick zu haben, sondern auch Forschungsansätze zu verfolgen, die sich mit weiteren charakteristischen Merkmalen der Erkrankung wie Ablagerungen des Tau-Proteins oder entzündlichen Prozessen beschäftigen. Denn wir werden die Alzheimer-Krankheit vermutlich nicht mit einem Wirkstoff heilen können, sondern es werden Kombinationstherapien gebraucht, die individuell an unterschiedlichen Krankheitsmechanismen ansetzen. Deshalb ist es uns als Alzheimer Forschung Initiative auch so wichtig, möglichst breite Grundlagenforschung mit unterschiedlichen Ansätzen zu fördern.“
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