Auf Einladung der DGfN fand vor der offiziellen
Eröffnungsveranstaltung des Nephrologiekongresses in Berlin eine
Podiumsdiskussion statt. Darin werteten Daniel Bahr, Bundesminister
für Gesundheit, Prof. Karl Lauterbach, Gesundheitspolitischer
Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Prof. Reinhard Burger, Präsident
des Robert Koch-Instituts, Dr. Ute Teichert-Barthel, Vorsitzende des
Bundesverbandes der Ärztinnen und Ärzte des öffentlichen
Gesundheitsdienstes, sowie Prof. Reinhard Brunkhorst, Präsident der
Deutschen Gesellschaft für Nephrologie, und Prof. Ulrich Frei,
Kongresspräsident des Nephrologiekongresses und Ärztlicher Direktor
der Charité Berlin, das Krisenmanagement der Gesundheitsbehörden und
der medizinischen Fachgesellschaft während der EHEC-HUS-Epidemie aus.
Unter den Diskutanten herrschte ein Konsens darüber, dass das
Krisenmanagement grundsätzlich zügig und effektiv verlief. Besonders
hervorgehoben wurde das Engagement der Nephrologen, die binnen
Stunden über die Infrastruktur ihrer Fachgesellschaft, der Deutschen
Gesellschaft für Nephrologie, ein Netzwerk schafften, um Personal in
die Krisenregion abzusenden, Apharesekapazitäten zu erweitern und
Patienten an Zentren mit freien Kapazitäten zu überweisen. Zudem
wurde innerhalb von wenigen Tagen ein onlinebasiertes
EHEC-HUS-Register eingerichtet, dessen wissenschaftliche Auswertung
hilfreiche Aufschlüsse zur bestmöglichen Behandlung von EHEC-HUS
geben wird. Alles erfolgte in enger Abstimmung mit den
Gesundheitsbehörden. Lauterbach kommentierte: „Es war beispielhaft,
wie die Krise mit der Fachgesellschaft aufgearbeitet wurde“. Auch
Bahr dankte für dieses Engagement und hob in seinem
Abschluss-Statement hervor, dass es des Engagements von
Fachgesellschaften sowie Einzelner in solchen Situationen bedarf, da
die Politik häufig längere Entscheidungswege hat.
Damit griff er den Punkt auf, der in der Diskussion am
Krisenmanagement der Gesundheitsbehörden am deutlichsten kritisiert
wurde: Die bislang etablierten Meldewege sind im Rahmen eines
Epidemiegeschehens zu lang. Gesundheitsämter haben bis zu zehn Tagen
Zeit, um Fälle an das RKI zu melden, was potentiell eine Verzögerung
der epidemiologischen Bearbeitung (z.B. Suche nach der
Infektionsquelle, Identifizierung des Erregers etc.) zur Folge haben
kann. Die Diskutanten betonten jedoch, dass letztlich das Auffinden
der Ursache innerhalb von drei Wochen im internationalen Vergleich
relativ zügig erfolgte.
Das Problem der zu langen Meldewege wurde aber von allen
Diskutanten erkannt: Bahr verwies darauf, dass nun eine
Gesetzesvorlage zu ihrer Verkürzung im Kabinett beschlossen wurde.
Brunkhorst und Lauterbach sprachen sich aber dennoch für eine weitere
„Verschlankung“ der Meldewege in Krisensituationen aus und
argumentierten, dass in solchen Situationen die Gesundheitsämter die
festgelegten Meldeinstanzen nicht durchlaufen, sondern auch eine
direkte Meldung an das RKI erfolgen sollte. Beide wiesen aber
ausdrücklich darauf hin, dass die Einrichtung einer „Superbehörde“
wie das CDC (Centers of Disease Control and Prevention) nach
amerikanischen Vorbild nicht notwendig sei. Vorstellbar sei dagegen,
dass das RKI noch direkter auf Mitarbeiter der regionalen
Gesundheitsämter zugreifen kann, um den Einsatz von Fachleuten vor
Ort gezielter steuern zu können. Frei und Brunkhorst unterstrichen im
weiteren Verlauf der Podiumsdiskussion, die sehr gute Resonanz fand,
dass für die Bewältigung zukünftiger Krisensituationen die
flächenhafte Vorhaltung von gut ausgebildeten Fachärzten (z.B.
Nephrologen) auch in der Zukunft entscheidend sei. Von der Politik
wurden entsprechende Maßnahmen, z.B. im Bereich der Weiterbildung
gefordert.
Die DGfN plant nun, ihre in der EHEC-Krise gewonnen Erfahrungen
für andere nutzbar zu machen. Es soll eine internetbasierte
„Krisenplattform“ eingerichtet werden, die im Falle von Epidemien
eine Infrastruktur bietet, die Medizinern eine schnelle Kommunikation
und gezieltes und abgestimmtes Handeln ermöglicht.
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