Neue Studie belegt: Wohlstand, Jobs und Umwelt profitieren von moderner Saatgutbeizung in der EU / Wissenschaftler: Ohne Neonikotinoide verliert die deutsche Wirtschaft bis zu 900 Millionen Euro p. a.

Mittelfristig 50 000 Arbeitsplätze in
Europa gefährdet / mehr Treibhausgas-Emissionen befürchtet

Saatgutbeizung mit Pflanzenschutzmitteln aus der Gruppe der
Neonikotinoide leistet einen unverzichtbaren Beitrag zur
Nachhaltigkeit der europäischen Landwirtschaft. Der sozio-ökonomische
Wertbeitrag beläuft sich mittelfristig (fünf Jahre) auf bis zu 17
Milliarden Euro; 50 000 Arbeitsplätze in der Landwirtschaft und in
den von ihr abhängigen Wirtschaftsbereichen wären im selben Zeitraum
ohne diese Technologie gefährdet. Zugleich leistet die Saatgutbeizung
mit Neonikotinoiden einen wichtigen Beitrag zur Reduktion von
Treibhausgasen aus der landwirtschaftlichen Produktion.

Dies sind die zentralen Ergebnisse einer aktuellen
wissenschaftlichen Studie von Steffen Noleppa und Thomas Hahn, die in
der Publikationsreihe des Humboldt Forum for Food and Agriculture e.
V. (HFFA) veröffentlicht und heute bei einer gemeinsamen
Pressekonferenz des Bundesverbands Deutscher Pflanzenzüchter e. V.
(BDP) und des Industrieverbands Agrar e. V. (IVA) in Berlin
vorgestellt wurde. In Deutschland allein sichert die Saatgutbeizung
mit Neonikotinoiden nach Berechnung der Autoren eine jährliche
gesamtwirtschaftliche Wertschöpfung von bis zu 884 Millionen Euro, in
der Landwirtschaft allein von 599 Millionen Euro.

Die Beizung von Saatgut ist ein besonders schonendes und
effizientes Verfahren im Pflanzenschutz. Vor der Aussaat werden die
Körner mit einem Pflanzenschutzmittel ummantelt und unmittelbar von
der Pflanze aufgenommen. Neonikotinoide sind sogenannte insektizide
Pflanzenschutzmittel – sie schützen die Pflanze während des Wachstums
wirksam vor dem Fraß und Befall von Schadinsekten. Spritzungen
während des Wachstums werden so reduziert und können bisweilen ganz
unterbleiben, was dem Landwirt Kosten-, Zeit- und Energieaufwand
erspart.

„Wir haben in unserer Studie gezeigt, dass die Beizung von Saatgut
mit Neonikotinoiden ein integraler Bestandteil im deutschen und
europäischen Pflanzenschutz ist und erheblich zu einer nachhaltigen
Nahrungsmittelproduktion beiträgt“, erklärte Thomas Hahn, Leiter des
Forschungsprojekts. „Die negativen makroökonomischen Effekte eines
potenziellen Verbots dieser Technologie sind tief greifend und
belasten nicht nur Landwirtschaft und Arbeitsmarkt, sondern würden in
zusätzlichen CO2-Emissionen von einmalig 600 Millionen Tonnen
resultieren“, so Hahn weiter.

Noleppa und Hahn haben sich in ihrer Studie nicht nur mit der
gesamteuropäischen Perspektive befasst, sondern zu zahlreichen
Regionen in Europa sogenannte Hot-Spot-Analysen durchgeführt. In
Deutschland haben sie dabei die Feldkulturen Raps und Zuckerrübe
eingehender untersucht. Ohne den Einsatz von Neonikotinoiden sind
beispielsweise im Rapsanbau bei einem starken Befall durch
Schädlinge, wie dem großen Rapserdfloh und der kleinen Kohlfliege,
Ertragsverluste von 10 bis 15 Prozent zu erwarten. In zentralen
Rapsanbaugebieten in Deutschland würden die Netto-Margen der
Produzenten um 60 Prozent schrumpfen. In Feldstudien zeigen Pflanzen,
die mit Neonikotinoiden behandelt wurden, bei Befall dagegen keine
nennenswerten Ertragsverluste.

Diese Erfahrungen bestätigten in Berlin auch Praktiker aus der
Landwirtschaft: „Zu Neonikotinoiden, die als Beizmittel angewendet
werden, gibt es in Bezug auf die Ertragssicherheit und die Schonung
von Nützlingen im Rapsfeld für mich keine wirksame Alternative. Die
Saatgutbeizung ist der Königsweg des Pflanzenschutzes hinsichtlich
der benötigten Wirkstoffmenge, der zielgenauen Anwendung und des
Anwenderschutzes“, sagte Dietmar Brauer, Geschäftsführer der
Norddeutsche Pflanzenzucht Hans-Georg Lembke KG.

Ein ähnliches Bild zeigt sich bei den Zuckerrüben. „Als
Zuckerrübenanbauer stehe ich jedes Frühjahr unter einem immensen
Zeitdruck, weil ich viele Dinge auf dem Acker gleichzeitig erledigen
muss“, sagte Hans-Christian Koehler, Aufsichtsratsvorsitzender der
Nordzucker AG und aktiver Zuckerrübenanbauer aus Uelzen. „Die
Saatgutbehandlung mit Neonikotinoiden schützt meine jungen
Rübenpflanzen vor Insekten und Virusinfektionen bis zum
Reihenschluss, ohne dass ich zusätzliche Spritzungen durchführen
muss. Die punktgenaue Wirkung spart Zeit und lässt mir genügend Raum
für andere notwendige Pflegemaßnahmen auf dem Feld.“ Dies
unterstreichen auch die Daten aus der Hot-Spot-Analyse zum
Zuckerrübenanbau in Deutschland. Ein Verzicht auf die Beizung mit
Neonikotinoiden würde bei Befall einen Ertragsverlust von 20 bis 40
Prozent bedeuten. Für den Zuckerrübenanbauer bedeutet das nach den
Berechnungen von Noleppa und Hahn einen Einbruch seiner Margen um bis
zu 40 Prozent.

Die Studie steht zum Download im Internet zur Verfügung unter
http://www.hffa.info

Über die Studie

Die Beratungsunternehmen a-connect und agripol GbR haben die erste
umfangreiche Untersuchung zur sozio-ökonomischen, technologischen und
ökologischen Bedeutung von Neonikotinoiden in der Saatgutbeizung für
die Europäischen Union und die Agrarproduktion in einzelnen Ländern
durchgeführt. Unterstützt wurde die Studie von dem Europäischen
Bauernverband COPA-COGECA, dem Europäischen Saatgut-Verband ESA und
dem Europäischen Pflanzenschutz-Verband ECPA. Finanziert wurde die
Forschungsarbeit von den Unternehmen Bayer CropScience und Syngenta.
Der Forschungsbericht wurde herausgeben vom Humboldt Forum for Food
and Agriculture e. V. (HFFA). Die Studie quantifiziert die
sozio-ökonomischen Effekte von Neonikotinoiden im Pflanzenschutz und
zeigt die nachteiligen Auswirkungen eines Verzichts von
Neonikotinoiden für die moderne Landwirtschaft auf.

Über den BDP

Der Bundesverband Deutscher Pflanzenzüchter e. V. (BDP) mit Sitz
in Bonn und Berlin ist die berufsständische Vertretung der rund 130
deutschen Pflanzenzuchtunternehmen und Saatenhändler aus den
Bereichen Landwirtschaft, Gemüse und Zierpflanzen. Mit einer
F&E-Quote (Forschung & Entwicklung) von 16,1 Prozent gehört die
Pflanzenzüchtung zu den innovativsten Branchen in Deutschland. Rund
12 000 Beschäftigte finden in ihr einen Arbeitsplatz und legen mit
ihrer Tätigkeit die Basis für eine erfolgreiche Landwirtschaft und
die darauf folgenden Stufen der Wertschöpfungskette.

Über den IVA

Der Industrieverband Agrar e. V. (IVA) mit Sitz in Frankfurt am
Main vertritt die Interessen der agrochemischen Industrie in
Deutschland. Zu den Geschäftsfeldern der 54 Mitgliedsunternehmen
gehören Pflanzenschutz, Pflanzenernährung, Schädlingsbekämpfung und
Biotechnologie. Der Verband legt seinen Arbeitsschwerpunkt auf die
Vermittlung von Informationen zu den Branchenthemen, insbesondere zur
Bedeutung von Forschung und Innovation für eine moderne und
nachhaltige Landwirtschaft.

Über das HFFA

Das Humboldt Forum for Food and Agriculture e. V. (HFFA) ist ein
unabhängiger internationaler Think Tank. Ziel des HFFA ist die
Entwicklung von Strategien für eine nachhaltige globale
Landwirtschaft, die die Versorgung mit sicheren und hochwertigen
Nahrungsmittel für die rasant wachsende Weltbevölkerung sichert. Das
HFFA bringt internationale Experten aus aller Welt zusammen, um den
Dialog zwischen allen interessierten Seiten zu befördern. Es stellt
sich an die Spitze einer globalen Diskussion zu zentralen Fragen der
Weltlandwirtschaft, indem es neues Wissen und Strategien zur
nachhaltigen globalen Ernährungssicherung bereitstellt. Das HFFA
veröffentlicht Studien für die Öffentlichkeit, Medien, Politik,
Verwaltung und Regierungen, stellt sich der öffentlichen Diskussion
und sucht den Dialog mit allen interessierten Parteien zu den Fragen
von Welternährung und Landwirtschaft.

Pressekontakt:
Industrieverband Agrar e. V. (IVA)
Martin May
Leiter Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Mainzer Landstraße 55
60239 Frankfurt am Main
Tel. +49 69 2556-1249, Mobil +49 151 54417692
Fax +49 69 2556-1298
E-Mail: may.iva@vci.de
http://www.iva.de

Bundesverband Deutscher Pflanzenzüchter e. V. (BDP)
Ulrike Amoruso-Eickhorn
Referentin Verbandskommunikation
Kaufmannstraße 71-73
53115 Bonn
Tel. +49 228 98581-17, Mobil +49 172 2664573
E-Mail: ulrike.amoruso@bdp-online.de
http://www.bdp-online.de

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