Tuttlingen, 24.09.2012. Mit Tricks aus der Natur lassen sich Instrumente konstruieren, die die knochenharte Handarbeit von Chirurgen erleichtern. Eine schonende Plasmatechnik könnte Kunststoffteile preiswerter und umweltfreundlicher für Anwendungen in der Medizintechnik präparieren. Neuartige Feuchtesensoren könnten signalisieren, ob die Mikroelektronik in einem Implantat wasserdicht verkapselt ist.
Hightech-Themen wie diese beherrschen das 4. MedicalMountains Innovationsforum am 25. Oktober in der Stadthalle Tuttlingen – eine Fachveranstaltung für Entwickler, Produktmanager und Unternehmer aus den Sektoren Elektronik, Medizin-, Kunststoff-, Oberflächen-, Mikro-, Biotechnik und verwandten Branchen. Mehr Informationen auf www.innovation-forum.eu.
Das Tuttlinger Innovationsforum ist eine Veranstaltung der regionalen Clusterorganisation MedicalMountains AG und der IHK Schwarzwald-Baar-Heuberg. Auf dem Programm stehen vier Keynotes namhafter Wissenschaftler und Medizintechnik-Experten sowie 18 Kurzvorträge zu anwendungsreifen Entwicklungen und Ideen aus der Wissenschaft und forschenden Industrie.
Anwendungen aus der Bionik
Die Schwerpunktthemen sind neue klinische Anwendungen, Beschichtungs- und Oberflächentechnik und intelligente Implantate. Mehrere Referenten informieren über Bionik-Anwendungen. Unter anderem stellt das Stuttgarter Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung das Konzept für eine neuartige Knochenstanze vor. Das Gebiss der Katzen und die Anakonda-Schlange dienen in diesem Fall als Ideengeber, um dem alten Instrument mehr Bisskraft und neue, zusätzliche Funktionen zu verleihen. Chirurgen könnten mit Hilfe dieser Innovation den Kraftaufwand bei der Knochenbiopsie um 45 bis 74 Prozent reduzieren. Hersteller chirurgischer Instrumente könnten mit der Idee ein neues und wahrscheinlich begehrtes Produkt auf den Markt bringen.
Ein Themenblock des Innovationsforums befasst sich mit der Beschichtung und Funktionalisierung von Oberflächen. Unter anderem wird vorgestellt, wie man Kunststoffteile mittels Niederdruckplasma präparieren kann, damit sie zum Beispiel hydrophile Eigenschaften annehmen. Das Verfahren würde sich für zahlreiche medizintechnische Anwendungen und Produkte eignen. Innovativ ist auch, dass sich diese Funktionalisierung der Kunststoffoberfläche über längere Zeit aufrechterhalten lässt.
Mikrotechnik für Implantate
Der dritte Themenblock wendet sich an Unternehmen, die Fortschritte im Bereich der Implantattechnologien anstreben. So zeigt die Firma 2E mechatronic aus Wernau, wie man Mikroelektronik und Leiterbahnen dreidimensional in Kunststoffkörper integriert, um miniaturisierte Implantate bauen zu können. Mit dieser Technologie ließe sich beispielsweise ein Mikro-Durchflusssensor für implantierbare Medikamentendepots realisieren.
Prof. Volker Bucher vom Naturwissenschaftlichen und Medizinischen Institut (NMI) in Reutlingen berichtet, wie sich kleine Feuchtesensoren in die Verkapselung von Mikroimplantaten integrieren lassen. Damit könnte man leichter feststellen, ob die Elektronik in einem Implantat noch vor Feuchtigkeit bzw. Körperflüssigkeit geschützt ist.
„Wer aus dieser Idee eine verkaufsfähige Innovation macht, würde ein großes Problem der Mikromedizin lösen und damit einen Wachstumsmarkt erschließen“, erläutert Yvonne Glienke, Clustermanagerin bei der MedicalMountains AG. Gezielt habe das Komitee des Innovationsforums solche Beispiele ausgesucht. Bei allen Präsentationen stehe der Nutzen für Mensch und Medizin genauso im Vordergrund wie die Marktchancen für potenzielle Hersteller. Die Autoren der Beiträge und Poster bzw. ihre Unternehmen und Forschungsinstitute werden vor Ort sein und für Fachgespräche zur Verfügung stehen. Zum Teil suchen sie gezielt nach Investoren und Entwicklungspartnern aus der Industrie.
Keynotes von RWTH- und Charité-Experten
Univ.-Prof. Dr. med. Dipl.-Ing. Thomas Schmitz-Rode vom Helmholtz-Institut der RWTH Aachen und Universitätsklinikum Aachen startet das Forum mit einer Keynote. Er spricht über innovative Technologien für die personalisierte Medizin. Dr.-Ing. Joachim Schulz von der Aesculap AG wirft einen Blick auf das Spannungsfeld zwischen Innovation und Wirtschaftlichkeit in der Medizintechnikproduktion. Univ.-Prof. Dr.-Ing. Erwin Keeve von der Berliner Charité beschreibt in seiner Keynote die OP-Technik der Zukunft. Innovationsmanagement in der Medizintechnik ist das Thema von Frederik Wouters, Sprecher von Verhaert Masters in Innovation aus Belgien.
Open Innovation in der Medizintechnik ist ein weiterer Schwerpunkt des Forums. Das internationale Verbundprojekt OpenAlps stellt sich den Teilnehmern vor. Im Rahmen dieses Verbundprojekts können Unternehmen lernen, wie sie sich externer Entwicklungspartner bedienen – Open Innovation genannt. Mit Open Innovation-Methoden gewinnt man unter anderem mehr Ideen für Neuentwicklungen und für alternative technische Problemlösungen.
Zielgruppe: mittelständische Industrie
Das MedicalMountains Innovationsforum Medizintechnik richtet sich an mittelständische Unternehmen aus Europa, die auf der Suche nach neuen Produkten und Lösungen sind. Im Mittelpunkt steht der direkte Dialog zwischen Forschern, Entwicklern und Herstellern, um den Technologietransfer in der Medizintechnik zu beschleunigen. Die Teilnehmer können mit den Referenten aus der Wissenschaft und forschenden Industrie über gemeinsame Entwicklungsschritte oder über die kommerzielle Verwertung der vorgestellten Innovationen sprechen oder sich zu eigenen Entwicklungsprojekten inspirieren lassen.
Zu den Kooperationspartnern des MedicalMountains Innovationsforum zählen die Initiativen BioValley Alsace und OpenAlps, die Wirtschaftsförderungsgesellschaft BIOPRO Baden-Württemberg, das Naturwissenschaftliche und Medizinische Institut an der Universität Tübingen (NMI) aus Reutlingen und die Hochschule Furtwangen University (HFU). Die EU fördert das Forum über das Enterprise Europe Network und das Alpine Space Programm. Weiterer Sponsor ist Chemgineering, ein weltweit agierendes Beratungs- und Engineering-Unternehmen.
Unternehmer und Interessenten melden sich über die Internetseite www.innovation-forum.eu an. Die Teilnahme kostet 145,- Euro bei Anmeldung bis 28. September, danach 175,- Euro. Anmeldeschluss ist der 19. Oktober. Unternehmen, die als Aussteller mitwirken, erhalten freien Eintritt für zwei Mitarbeiter.
Auskünfte erteilt Marcel Trogisch, IHK Schwarzwald-Baar-Heuberg, Romäusring 4, 78050 Villingen-Schwenningen, Telefon 07721 922-170, E-Mail trogisch@villingen-schwenningen.ihk.de.