Mehr gesichertes Wissen in den Praxisalltag bringen – Berliner Gesundheitspreis 2013 prämiert Wissenstransfer-Projekte

Das Wissen der Welt verdoppelt sich innerhalb von
fünf Jahren. Doch wie kann dieses neue Wissen in der medizinischen
Versorgung nutzbringend angewendet werden? Das war die
Aufgabenstellung des diesjährigen Wettbewerbs zum Berliner
Gesundheitspreis. Der mit insgesamt 50.000 Euro dotierte Preis ist am
Dienstagabend in der Hauptstadt an Projekte verliehen worden, die
sich mit dem Wissenstransfer von evidenzbasierter Medizin (EbM) in
den Versorgungsalltag auseinandergesetzt haben.

Der erste Preis ging an die Universität Graz für ihre Arbeit zur
Umsetzung einer Leitlinie zur Sturzprophylaxe für ältere Patienten.
Annette Widmann-Mauz, Parlamentarische Staatssekretärin beim
Bundesminister für Gesundheit, übergab die mit 20.000 Euro dotierte
Trophäe an die Preisträger aus der Steiermark. In ihrer Laudatio
sagte die Staatssekretärin,dass es eben nicht ausreiche,
evidenzbasiertes Wissen zu haben. Es müsse auch ganz gezielt etwas
dafür getan werden, dass dieses Wissen – wie in Graz gezeigt – im
Alltag zum Tragen komme. Besonders beeindruckt zeigte sich die
Staatssekretärin von dem hohen Beteiligungsgrad der Pflegekräfte, die
Leitlinie alltagstauglich zu machen.

Zweiter Sieger wurde ein Projekt des Klinikums der Universität
München: Die dort angesiedelte Abteilung Arzneimittelinformation
hilft Ärzten und Pflegepersonal seit 1992 bei der Beantwortung aller
Fragen rund um die Arzneimitteltherapie auf der Grundlage von
evidenzbasiertem Knowhow. Überzeugt hatte den Präsidenten der
Ärztekammer Berlin, Dr. Günther Jonitz, der die Laudatio hielt und
den Preis überreichte, dass hier ein Musterbeispiel für EbM in der
Praxis realisiert wird. Interdisziplinäre Vernetzung von Ärzten und
Klinischen Pharmazeuten auf Basis gesicherten, von Dritten
unbeeinflussten Wissens sowie die Einbeziehung des Patienten in die
Routineversorgung einer Uniklinik zeichnen dieses Projekt in
besonderem Maße aus. Die Münchner konnten sich über 15.000 Euro
freuen.

Für den dritten Platz und jeweils 7.500 Euro Preisgeld konnten
sich zwei Projekte qualifizieren. Dass Herzinfarktpatienten nach
internationalen Leitlinien behandelt werden,das ist das Anliegen des
Berliner Herzinfarktregisters. Für diese Arbeit des Werbens für eine
leitliniengerechte Stroke-Therapie zeichnete sie der
Vorstandsvorsitzende der AOK Nordost, Frank Michalak, aus. Besonders
betonte er in seiner Festrede, dass sich auch jenseits von
staatlicher Förderung allein durch das Engagement von Ärzten und
Krankenhäusern Wissenstransfer und praktische Umsetzung realisieren
lassen.

Ebenfalls auf den dritten Platz kam das Projekt zur
Vorsorgeuntersuchung Check-up 35.Zeitgemäße Vorsorgeuntersuchungen
auf der Basis von evidenzgesicherten medizinischen Erkenntnissen und
den individuellen Risiken von Patienten ist der Kern dieser Arbeit
der Universität Bremen. Dr. Regina Klakow-Franck, unparteiisches
Mitglied des Gemeinsamen Bundesausschusses, lobte die Preisträger
dafür, dass ohne ein hohes Maß an Eigeninitiative und persönlichem
Engagement aller Beteiligten das Projekt nie das Licht der
Öffentlichkeit erblickt hätte.

Neben Staatssekretärin Widmann-Mauz sowie dem österreichischen
Botschafter in Berlin, Dr. Ralph Scheide, nahmen rund 300 Gäste im
Atrium des AOK-Bundesverbandes in der Rosenthaler Straße an der
festlichen Verleihung teil.

Zitat Annette Widmann-Mauz, Parlamentarische Staatssekretärin im
Bundesgesundheitsministerium:

„Wenn ein österreichisches Projekt zur Verhütung von Stürzen einen
renommierten deutschen Gesundheitspreis gewinnt, ist das ein gutes
Zeichen für Europa. Medizinisches Wissen grenzübergreifend einsetzen
und als Nachbarn voneinander lernen, das ist ein Weg,wie wir die
Gesundheitsversorgung und den europäischen Gedanken zum Nutzen der
Menschen voranbringen.“

Zitat Jürgen Graalmann, Vorstandvorsitzender AOK-Bundesverband:

„Wer die Qualität in der Versorgung verbessern will, muss die
vorhandenen wissenschaftlich begründeten Erkenntnisse kennen und
berücksichtigen. Dass das im Alltag in Krankenhaus und Praxis
durchaus machbar ist, zeigen die Modelle unserer Preisträger
eindrücklich. Deshalb sage ich, Nachahmung deutschlandweit
ausdrücklich erwünscht.“

Zitat Dr. Günther Jonitz, Präsident Ärztekammer Berlin:

„Was wir brauchen in Deutschland, ist mehr evidenzbasiertes Wissen
im Praxisalltag. Deshalb freue ich mich über die Beispiele aus dem
Wettbewerb, die alle Signalwirkung haben. Das sind echte Anleitungen
dafür, wie wir Medizin hochwertiger, patientenorientiert und damit
humaner gestalten können.“

Zitat Frank Michalak, Vorstandsvorsitzender AOK-Nordost:

„Ich freue mich, dass auch ein Projekt aus der Region Nordost zu
den Gewinnern des diesjährigen Berliner Gesundheitspreises gehört.
Das Berliner Herzinfarktregister ermöglicht die Behandlung von
Herzinfarktpatienten auf dem aktuellsten wissenschaftlichen Stand. Es
beweist, dass der Wissenstransfer evidenzbasierter Medizin in den
Versorgungsalltag für die Menschen von konkretem Nutzen ist.“

Die Preisträger

Erster Preis

Preisträger: Medizinische Universität Graz, Institut für
Pflegewissenschaft

Projektbeschreibung: Das Universitätsklinikum Graz hat zur
Vermeidung von Stürzen älterer Patienten eine evidenzbasierte
Leitlinie entwickelt. Trotz scheinbar günstiger Rahmenbedingungen
wurden diese Handlungsanweisungen aus vielerlei Gründen nicht
ausreichend im Pflegealltag umgesetzt. Im Rahmen eines
Forschungsprojekts erarbeiteten dann alle Beteiligten zusammen
Strategien zum Einsatz der Sturzprophylaxe und verbesserten so das
Wissen der Pflegekräfte rund um die Gefahren des Fallens bei
Patienten.

Preisgeld: 20.000 Euro

Ansprechpartnerin: Helga Elisabeth Breimaier, Medizinische
Universität Graz,Institut für Pflegewissenschaften, Tel. 0043 316 385
72073, E-Mail: helga.breimeier@medunigraz.at,
www.medunigraz.at/pflegewissenschaften

Zweiter Preis

Preisträger: LMU der Universität München, Apotheke Campus
Großhadern

Projektbeschreibung: Das Klinikum der Universität München
unterhält seit 1992 die Abteilung für Arzneimittelinformation.
Aufgabe dieser Fachabteilung ist es, durch Literaturrecherche schnell
und auf den jeweiligen Patienten zugeschnitten, fachlich bewertete
und qualitätsgesicherte Informationen zur Arzneimitteltherapie zur
Verfügung zu stellen. Seit 2009 erhält jeder neue Mitarbeiter des
Klinikums eine Schulung zur Benutzung der Arzneimittelinformation, um
das evidenzbasierte Wissen der Krankenhausapotheker nutzen zu können.
Die Krankenhausapotheker nehmen an Visiten teil und können so vor Ort
auf der Grundlage von qualitätsgeprüftem Wissen beratend tätig sein.

Preisgeld: 15.000 Euro

Ansprechpartnerin: Dr. Cornelia Vetter-Kerkhoff, Tel. 089
70956600, E-Mail: Cornelia.Vetter@med.lmu.de

Dritter Preis

Preisträger: Berliner Herzinfarktregister e. V. am IGE der TU
Berlin

Projektbeschreibung: Herzinfarktpatienten sollen nach
internationalen medizinischen Leitlinien behandelt werden. Inwiefern
das gelingt und was man dazu tun muss, dieses Ziel zu erreichen, hat
sich das Berliner Herzinfarktregister auf die Fahnen geschrieben.
Durch Datenerhebungen bei 19 Berliner Kliniken seit 1998 wurde Wissen
zusammengetragen, das Versorgungsprobleme in Sachen Herzinfarkt
deutlich werden ließ. Durch vielfältige Initiativen zur Umsetzung der
leitliniengerechten Therapie konnte die Sterblichkeitsrate bei
Herzinfarkten in Berliner Krankenhäusern gesenkt werden.

Preisgeld: 7.500 Euro

Ansprechpartnerin: Dr. Birga Maier, Berliner Herzinfarktregister
e.V. am IGE der Technischen Universität Berlin, Telefon: 030
31476672,E-Mail: Birga.maier@tu-berlin.de www.herzinfarktregister.de

Dritter Preis

Preisträger: Universität Bremen, Institut für Public Health und
Pflegeforschung

Projektbeschreibung: Die Gesundheitsvorsorgeuntersuchung Check-up
35 gibt es seit 1989, bei dieser Maßnahme spielen aber weder Alter
noch Vorerkrankungen oder Gesundheitsrisiken eine Rolle. Das Projekt
hat sich zum Ziel gesetzt, neue evidenzbasierte Erkenntnisse in diese
etablierte Vorsorgemaßnahme auf der Grundlage von internationalen
Empfehlungen und Leitlinien einzubeziehen. Dabei werden individuellen
Merkmale und Risiken des Patienten berücksichtigt. Anders als bei
herkömmlichen Check-ups steht das Gesamtrisiko des Patienten statt
einzelner Parameter im Vordergrund.

Preisgeld: 7.500 Euro

Ansprechpartner: Dr. Guido Schmiemann, Universität Bremen;
Institut für Public Health und Pflegeforschung, Tel. 0421 218688 21,
E-Mail: Schmiemann@uni-bremen.de, www.Public-health.uni-bremen.de

Weitere Informationen zu den Preisträgern:
www.berliner-gesundheitspreis.de

Der Berliner Gesundheitspreis wurde im Jahr 1995 vom
AOK-Bundesverband, der Ärztekammer Berlin und der AOK Nordost
gestiftet und erstmals vergeben. Seither zeichnen die Veranstalter in
einem Turnus von zwei Jahren besondere Projekte aus dem
Gesundheitswesen aus. Der Preis wurde in diesem Jahr zum neunten Mal
verliehen. Die Preisträger werden durch eine Jury ausgewählt, ihr
gehören zehn Mitglieder aus Politik, Wissenschaft und medizinischer
Praxis an.

Pressekontakt:
Gabriele Hauser-Allgaier
Pressestelle AOK-Bundesverband
Tel. 030 346 46 2312
presse@bv.aok.de

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