Jedes Jahr erleiden rund 270.000 Menschen in Deutschland einen
Schlaganfall. Davon hat etwa ein Drittel eine Aphasie – eine
erworbene Sprachstörung. Der deutsche Bundesverband für Logopädie
(dbl) unterstützt die logopädische Forschung auf diesem Gebiet. Dr.
Ilona Rubi-Fessen, Trägerin des diesjährigen
Luise-Springer-Forschungspreises, erklärt im Interview neue Wege in
der Aphasietherapie.
dbl: Was haben Sie erforscht?
Rubi-Fessen: Ich habe als Teil einer interdisziplinären
Arbeitsgruppe an einer Gruppe von 30 Patienten in unserer Klinik
untersucht, ob sich der Erfolg einer zweiwöchigen logopädischen
Therapie in einer relativ frühen Phase der Aphasie durch eine
nicht-invasive Hirnstimulation steigern lässt. Dabei wurden direkt
vor der Sprachtherapie Areale des Gehirns durch Magnetimpulse von
außen durch die Schädeldecke stimuliert, so dass die Sprachzentren
während der Therapie besser arbeiten konnten. Das Gehirn wurde
sozusagen in „Alarmbereitschaft“ versetzt, die Inhalte der
Sprachtherapie besser und schneller zu verarbeiten und zu lernen.
dbl: Was sind die Ergebnisse?
Rubi-Fessen: Wir haben die Patienten in zwei Gruppen geteilt. Die
eine Gruppe hat vor der Sprachtherapie die richtige Stimulation, die
andere Gruppe eine Placebo-Stimulation bekommen. Beide Gruppen haben
sich durch die logopädische Therapie in Sprachtests überzufällig
verbessert. Die Therapieerfolge der Patientengruppe mit der richtigen
Hemmung waren aber in manchen Sprachleistungen doppelt so groß.
Besonders wichtig ist, dass sich der Erfolg nicht nur in Aufgaben,
etwa beim Benennen von Bildern zeigt, sondern auch beim Lösen von
alltagsähnlichen Situationen, wie zum Beispiel dem Absagen eines
Arzttermins.
dbl: Was bedeutet das für die Therapie von Patienten mit Aphasie
nach Schlaganfall?
Rubi-Fessen: Die Ergebnisse, die hier in Köln in der
Zusammenarbeit unserer Rehabilitationsklinik mit dem
Max-Planck-Institut für neurologische Forschung (jetzt
Stoffwechselforschung) gefunden wurden, sind ein vielversprechender
Beginn. Es ist für Menschen mit Aphasie ungeheuer wichtig, direkt von
Anfang an motivierende Therapieerfolge zu erzielen und den
Rehabilitationsverlauf zu optimieren. Allerdings sind weitere
Untersuchungen erforderlich, um etwa zu überprüfen, ob wir die
Abstimmung zwischen Stimulationsort und Sprachtherapiemethoden noch
weiter verbessern können oder ob bestimmte Patientengruppen besonders
von der neuen Kombinationstherapie profitieren.
Dr. Ilona Rubi-Fessen ist Diplom-Logopädin. Als Logopädin und
Fachsupervisorin für neurologische Sprach- und Sprechstörungen
arbeitet sie in einer neurologischen Rehabilitationsklinik in Köln.
Als Lehrlogopädin unterrichtet sie an verschiedenen Lehranstalten für
Logopädie und führt Seminare in der Weiterbildung durch. Zum Einsatz
der transkraniellen Magnetstimulation in der Aphasietherapie hat sie
an der RWTH Aachen promoviert und forscht zu diesem Thema auch weiter
im Rahmen eines multinationalen Forschungsprojekts. Die Verleihung
des Luise-Springer-Forschungspreises wird beim diesjährigen
dbl-Kongress am 15. Juni 2017 in Mainz stattfinden.
Pressefotos stehen Ihnen auf der dbl-Website zur Verfügung:
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