Die anhaltende Deckelung der laborärztlichen
Vergütung gefährdet nicht nur den hohen Standard der Labormedizin in
Deutschland, sondern mittlerweile auch das Patientenwohl. Diesen
drastischen Schluss hat der Vorsitzende des Berufsverbands Deutscher
Laborärzte (BDL), Dr. Andreas Bobrowski, heute (26.) in Berlin
gezogen. Seit Jahren würden den Laborärzten die tatsächlich
entstehenden Kosten für Laboruntersuchungen für gesetzlich
Versicherte nicht mehr voll erstattet. Derzeit erhielten sie gerade
noch eine Erstattungsquote von 89,18 Prozent.
„Ich spreche hier nicht vom ärztlichen Honorar“, betonte
Bobrowski, „ich spreche nur von den betriebswirtschaftlichen Kosten.“
Hätten die Labore bisher versucht, die Verluste bei technischen
Leistungen durch Einnahmen aus dem Bereich der privaten
Krankenversicherung oder aus dem ärztlichen Honorar abzufedern, sei
nun das Ende der Fahnenstange erreicht. „Der seit Jahrzehnten
andauernde Mittelabfluss aus dem Bereich der Labormedizin,
Mikrobiologie und weiteren verwandten Disziplinen hat dazu geführt,
dass nicht nur die wohnortnahe flächendeckende Versorgung der
Bevölkerung mit Laborleistungen in unserem Lande vor dem Aus steht,
sondern auch die Existenz unsers Faches im Kern getroffen ist.“
An dieser Situation ändere auch der Beschluss der
Vertreterversammlung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV)
nichts, die am Wochenende eine Untergrenze dieses Abschlags auf 91,58
Prozent ab 1. Januar 2014 beschlossen hatte. „Konkret heißt dies
nämlich nichts anderes, als dass die ärztlichen Labore weiterhin auf
über acht Prozent ihrer Kosten sitzen bleiben können.“
„Wir brauchen auch zukünftig eine starke Laboratoriumsmedizin“
warnte Professor Dr. Michael Neumaier. Der Vizepräsident der
Deutschen Vereinten Gesellschaft für klinische Chemie und
Laboratoriumsmedizin betonte als Repräsentant der wissenschaftlichen
Fachgesellschaft, die zunehmende Abhängigkeit medizinischer
Entscheidungen von immer komplizierteren Laborbefunden und
Ergebniskonstellationen sei in Zeiten individualisierter Medizin
vorprogrammiert, würde weiter stark zunehmen und erfordere eine
entsprechende hohe Spezialisierung, um für die therapeutische Medizin
von Nutzen zu sein. Berufspolitik, die hier die Axt ansetze, gefährde
den Nachwuchs der Laboratoriumsmedizin und damit auch den
wissenschaftlichen Fortbestand dieses großen Querschnittsfachs. Durch
Abbau solcher Kernkompetenzen werde die Gesamtstruktur der
diagnostischen Medizin in Deutschland nachhaltig beschädigt.
Die finanzielle Ausdünnung und die zunehmende Konzentration sieht
auch die Vorsitzende des Dachverbands für Technologen/-innen und
Analytiker/-innen in der Medizin (DVTA), Andrea Michelsen, mit Sorge.
Statt die Labormedizin zu stärken, verunsichere die Politik der KBV
die hochqualifizierten Medizinisch-technischen Laborassistenten. „Die
KBV steht in der Pflicht, die Kosten für eine qualifizierte
technische Leistungserbringung angemessen zu berücksichtigen.“
Der Vorsitzende des Berufsverbands der Ärzte für Mikrobiologie,
Virologie und Infektionsepidemiologie, Dr. Lorenz Leitritz, dessen
Fach ebenfalls von Kostenquotierungen betroffen ist, verwies darauf,
dass labor- und mikrobiologische Untersuchungen nur auf Anforderung
überweisender Ärzte durchgeführt und nicht abgelehnt werden dürfen.
Die Mengenentwicklung könne daher von den Facharztgruppen gar nicht
gesteuert werden. Er betonte, der Mengenzuwachs werde maßgeblich
durch die Faktoren alternde Bevölkerung, Rückzug des Staates aus der
Diagnostik von Infektionserkrankungen und der Verlagerung von
Leistungen aus dem stationären in den ambulanten kassenärztlichen
Bereich getrieben.
Dr. Bobrowski forderte die KBV daher auf, die mittlerweile 15
Jahre alte Labor-Gebührenordnung den aktuellen Entwicklungen
anzupassen und finanziell so auszustatten, dass sich eine Quotierung
kurzfristig erübrigt und die Kosten gedeckt werden. Der
BDL-Vorsitzende schlug vor, eine neue Vergütungsordnung mit einer
Indizierung zu versehen, die sich nach der Kostenentwicklung in
ausgewählten Beobachtungspraxen richtet. Außerdem sprach er sich für
die Aufnahme von Verhandlungen zwischen KBV und dem Spitzenverband
der Gesetzlichen Krankenversicherung mit dem Ziel aus, alle im
GKV-System, ohnedies nur im Auftrag überweisender Ärzte erbrachten
Laborleistungen, nicht durch Budgets zu begrenzen. Die KBV sei
schließlich die Vertretung aller Ärzte. Sie könne nicht
Finanzprobleme auf dem Rücken nur einer Facharztgruppe austragen.
Über den BDL
Der Berufsverband Deutscher Laborärzte (BDL) vertritt die
beruflichen und wirtschaftlichen Belange der Ärzte für
Laboratoriumsmedizin auf nationaler und internationaler Ebene. Der
BDL Verband ging 1984 aus der 1956 gegründeten Arbeitsgemeinschaft
der Laborärzte Deutschlands hervor. Der BDL arbeitet eng mit dem
wissenschaftlichen Fachverband „Deutsche Vereinte Gesellschaft für
Klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin e.V.“ (DGKL) zusammen und
hat heute rund 440 Mitglieder. Die Verbandsgeschäftsstelle ist in
Düsseldorf.
Rückfragen:
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