Mehr als 20 Wissenschaftler, Mediziner und Experten
verschiedener Fachgebiete fordern von der Bundesregierung eine
Drogenpolitik, die sich stärker an den Erkenntnissen der Forschung
orientiert. Im sechsten Alternativen Drogen- und Suchtbericht
kritisieren sie, dass es nach wie vor an einer schlüssigen
Gesamtstrategie fehle, die relevante Studien aus der Drogen- und
Suchtforschung berücksichtige. „Die letzte “Nationale Drogen- und
Suchtstrategie“ datiert aus dem Jahr 2012″, sagte Suchtexperte Prof.
Heino Stöver, Vorsitzender des Vereins akzept e.V. und Mitherausgeber
des Berichts, am Freitag. Seitdem habe sich in der Forschung viel
getan. „Es ist dringend nötig, den politischen und gesellschaftlichen
Umgang mit legalen und illegalen Suchtstoffen wissenschaftlich
begründet zu kommentieren und entsprechende Lösungsvorschläge für
eine bessere Drogenpolitik zu erarbeiten – nicht zuletzt vom
Nachfolger der scheidenden Drogenbeauftragten des Bundes.“
Der Alternative Drogen- und Suchtbericht wird seit 2014 jährlich
vom Bundesverband für akzeptierende Drogenarbeit und humane
Drogenpolitik, akzept e.V., sowie der Deutschen Aidshilfe
herausgegeben und versteht sich als Alternativentwurf zum
Jahresbericht der Drogenbeauftragten des Bundes. Zu den
grundsätzlichen Forderungen der Autoren zählen unter anderem klar
formulierter Ziele in der Drogenpolitik sowie ein Einbeziehen aller
fachlich relevanten Akteure im Rahmen eines Sucht- und
Drogenbeirates.
Einen Schwerpunkt des diesjährigen Berichts bildet die
Tabakkontrollpolitik. Sie zeige deutlich, dass die Bundesregierung
wissenschaftliche Erkenntnisse bewusst ignoriere, so die
Studienautoren. „Die Bundesregierung verfolgt das richtige Ziel, dass
möglichst viele Raucher von der Zigarette loskommen“, sagte Stöver.
„Dabei verkennt sie jedoch das Potenzial der deutlich weniger
schädlichen E-Zigarette. Anders als etwa die britische Regierung
betrachtet die Bundesregierung die E-Zigarette nicht als probates
Mittel der Raucherentwöhnung. Eine unserer Forderungen ist es, das zu
ändern – und endlich die wissenschaftliche Evidenz zu akzeptieren und
in der Politik umzusetzen.“
Auch in Bezug auf illegale Substanzen vertreten die
Wissenschaftler einen Ansatz, der sich stärker an der Realität
ausrichtet. So stünde die Rekordzahl von mehr als 350.000
polizeilichen Ermittlungen gegen Konsumenten von illegalen Drogen im
krassen Widerspruch zu politischen Bekundungen, konsumnahe Delikte
wie Besitz und Erwerb von Drogen nicht zu kriminalisieren. Neben der
dringend notwendigen Entkriminalisierung Konsumierender dürfe auch
die Frage der Regulierung von Cannabis zu Genusszwecken nicht länger
ausgeklammert bleiben – nicht zuletzt auch wegen der erwartbaren
positiven steuerungspolitischen Folgen. Studien und Stimmen aus dem
eigenen Land dazu würden ebenso übergangen wie Erfahrungen aus dem
Ausland. Weitere Themen des Alternativen Drogen- und Suchtberichts
sind u.a. Alkohol, Opioide, Drug-Checking sowie Drogen in
Gefängnissen.
Weitere Informationen zum Alternativen Drogen- und Suchtbericht
sowie zum Verein akzept e.V. unter: www.akzept.org
Ansprechpartner für die Presse:
Prof. Dr. Heino Stöver
Vorsitzender akzept e.V.
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