Auf dem Campus Klein-Altendorf der Universität Bonn rollen die 
Bagger und drehen sich die Kräne. Für rund 15,4 Millionen Euro 
entstehen auf dem fast 140 Hektar großen Gelände neue Gebäude und 
Forschungsinfrastruktur. Mit den Investitionen soll das Außenlabor 
der Landwirtschaftlichen Fakultät noch besser an Lösungen für die 
drängendsten Fragen der Menschheit forschen können. Die 
Wissenschaftler suchen etwa mit modernsten Methoden nach neuen 
Pflanzensorten, die mit Trockenstress infolge des globalen 
Klimawandels besser zu Recht kommen, weniger krankheitsanfällig sind 
und Düngemittel effizienter verwerten. Außerdem erforschen sie 
nachwachsende Rohstoffe für die energetische und stoffliche Nutzung.
   Pferd und Esel auf der Koppel des Universitätscampus 
Klein-Altendorf wundern sich derzeit wahrscheinlich über die 
Veränderungen, die auf dem idyllisch gelegenen Fleckchen zwischen 
Wiesen, Feldern, Bäumen und traditionellen Backsteingebäuden vor sich
gehen. Lastwagen fahren vorbei, Bagger rollen an, große Baugruben 
entstehen, Erdhügel türmen sich in der Landschaft auf. Vor kurzem 
haben die Baumaßnahmen begonnen. „Für insgesamt rund 15,4 Millionen 
Euro entstehen dringend benötigte neue Gebäude und neue 
Forschungsinfrastruktur“, sagt Prof. Dr. Ralf Pude, Geschäftsführer 
des Außenlabors der Universität Bonn. 11,2 Millionen Euro stammen vom
Land sowie 4,2 Millionen aus dem Wettbewerb zur Regionale 2010 für 
das Projekt „AgroHort“, mit dem in Klein-Altendorf eine Verbindung 
zwischen Wissenschaft und Wirtschaft sowie zwischen Gartenbau und 
Landschaftsarchitektur geschaffen wird.
Neue Gebäude mit kühn geschwungener Architektur
   Dort, wo jetzt eine große Baugrube klafft, soll in kühn 
geschwungener Architektur eine rund 2100 Quadratmeter große 
Maschinenhalle mit einer Werkstatt entstehen. Ein Traktor tuckert 
vorbei, der anmutet als würde er aus einem Science-Fiction-Film 
stammen: Er ist ungewöhnlich breit und hoch, vorne ist ein 
auffälliges gelbes Fass befestigt. „Das ist eine von uns entwickelte 
Spezialmaschine“, berichtet Prof. Pude. „Damit können wir unsere 
Versuchsparzellen befahren und bewirtschaften, ohne dass die Pflanzen
berührt werden.“ Solche Arbeitsgeräte sind aber zu groß, um in ein 
bestehendes Gebäude zu passen. „Deshalb brauchen wir die neue 
Maschinenhalle“, sagt der Geschäftsführer. Die Landmaschinen Marke 
Eigenbau werden von den Wissenschaftlern für unterschiedliche Zwecke 
mit Messfühlern bestückt. „Die Sensoren erkennen zum Beispiel 
unterschiedliche Boden- und Pflanzeneigenschaften“, sagt Dr. Heiner 
Goldbach, Professor für Pflanzenernährung der Universität Bonn. „Das 
ermöglicht, nur dort Pflanzenschutzmittel zu spritzen und zu düngen, 
wo nötig – das schont die Umwelt.“
Mit einem fahrbaren Dach machen die Forscher ihr eigenes Wetter
   Nicht weit von der Baugrube entfernt ragen die Metallstreben eines
riesigen Daches in den blauen Himmel. Die Scheiben fehlen noch. Der 
Clou: Es kann auf Rollen und Schienen hin- und herbewegt werden. Auch
diese Konstruktion wurde von Wissenschaftlern und Technikern der 
Universität ersonnen und gebaut. „Das Dach hält den Regen von den 
Kulturen ab – deshalb machen wir hier unser eigenes Wetter“, 
berichtet Prof. Pude. Unter der rund 24 Tonnen schweren Bedachung 
wollen die Wissenschaftler Weizen, Rüben und Gerste anbauen. „Durch 
den Klimawandel nimmt auch hierzulande die Häufigkeit von 
Dürreperioden absehbar zu“, berichtet der Geschäftsführer. „Wir 
suchen nach Pflanzensorten, die mit weniger Wasser klarkommen und 
trotzdem hohe Erträge liefern“, ergänzt Prof. Goldbach. Hierzu 
simulieren die Forscher unter der mobilen Regenhaube Trockenstress 
und erfassen automatisch mit Hightech-Sensoren das Befinden der 
Pflanzen und wie schnell sie wachsen. „Das fahrbare Dach ist 
einzigartig“, sagt Pude. „Es bietet quasi Freilandbedingungen, denn 
ringsherum ist die Konstruktion offen.“ In den Boden sind zwei 180 
Meter lange Betonfundamente mit Schienen eingelassen. Ein Traktor 
kann das Dach ein Stück weiterbewegen, wodurch die nächste Kultur 
unter Wassermangelstress gerät.
Baustoffe und Energie aus schnell wachsenden Gräsern und Bäumen
   Neben den Folgen des Klimawandels widmen die Forscher ihr 
Augenmerk auf ein anderes brennendes Zukunftsproblem. „Die Vorräte an
fossilen Ressourcen für die Energie- und Rohstoffgewinnung nehmen 
weltweit rapide ab“, erläutert der Geschäftsführer. „Es geht nun also
darum, verstärkt nachwachsende Rohstoffe zu nutzen.“ Am Campus 
Klein-Altendorf erforschen die Wissenschaftler schon seit vielen 
Jahren schnell wachsende Gräser und Bäume, die sich etwa als Dämm- 
und Werkstoffe in der Bauwirtschaft oder auch für die energetische 
Nutzung gewinnen lassen. Das natürliche Pflanzenmaterial wird 
entweder zu Bauplatten oder zu Pellets für die Verfeuerung gepresst.
   Auf dem Campus soll ein Forschungsgewächshaus entstehen, an dem 
sich die Außenhaut nach Bedarf austauschen lässt. Je nach Material 
dringen verschiedene Wellenlängen des Lichtes zu den Kulturen in dem 
Gewächshaus durch. Damit simulieren die Wissenschaftler etwa 
verschiedene Umweltbedingungen für Arzneipflanzen. Ein intelligent 
geführter Luftkanal sorgt im Sommer dafür, dass es für die wertvollen
Versuchspflanzen nicht zu heiß ist. Wird es zu kühl, springt die 
Heizung an. „Unser Ziel ist, die Gewächshäuser auf dem Campus allein 
mit Holzhackschnitzeln zu heizen“, sagt Prof. Pude. Das ist eine 
klimaneutrale Lösung, denn was beim Heizen aus den Hackschnitzeln an 
Kohlendioxid freigesetzt wird, haben die Pflanzen zuvor durch ihr 
Wachstum der Atmosphäre entzogen. Mit „AgroHort“-Mitteln soll auch 
eine Solartrocknungsanlage für die Hackschnitzel entstehen, die mit 
Hilfe der Sonnenwärme den Holzhäckseln die Feuchtigkeit entzieht.
Transparente Gebäude für transparente Forschung
   Der ökologische Campus der Universität in Klein-Altendorf widmet 
sich über die Forschung hinaus auch der forschungsnahen Lehre und 
Öffentlichkeitsarbeit. Deshalb entsteht am Eingangsbereich ein neues 
Seminargebäude. Die Bodenplatte ist bereits gegossen. Demnächst 
sollen die Spezialscheiben für die Wände geliefert werden. „Das 
Gebäude ist nahezu transparent“, berichtet der Geschäftsführer. „Man 
wird also von außen schemenhaft sehen können, wenn drinnen eine 
Veranstaltung stattfindet.“ Diese Architektur setzt die Grundidee um:
Denn die Erkenntnisse der Forschungsprojekte sollen nicht in 
Klein-Altendorf bleiben, sondern möglichst allen Menschen zugute 
kommen.
Vom früheren Rittergut zum ökologischen Universitätscampus
   Bei dem zwischen Meckenheim und Rheinbach gelegenen Campus 
Klein-Altendorf handelt es sich um ein früheres Rittergut, das schon 
im 10. Jahrhundert urkundlich erwähnt wird. 1963 ging es in den 
Besitz des Landes Nordrhein-Westfalen über und dient seitdem der 
Universität Bonn als Lehr- und Forschungsstation. 2002 wurde dort das
Kompetenzzentrum Gartenbau gegründet und ab 2004 der Versuchsbetrieb 
des Dienstleistungszentrums Ländlicher Raum (früher Forschungsanstalt
für Weinbau und Gartenbau) nach Klein-Altendorf verlagert. Im April 
2009 trat auch das Forschungszentrum Jülich dem Kompetenzzentrum 
Gartenbau bei. Nach einem Rektoratsbeschluss von 2007 werden in 
Klein-Altendorf in einer ersten Stufe zurzeit die Lehr- und 
Forschungsstationen der Pflanzenfächer zusammengeführt (Ausnahme 
derzeit Wiesengut), in einer zweiten Stufe auch die Tierfächer. Viele
der Forschungsaktivitäten werden zusammen mit verschiedenen Partnern,
insbesondere dem Forschungszentrum Jülich, durchgeführt.
Fotos unter: http://www3.uni-bonn.de/Pressemitteilungen/257-2011
Pressekontakt:
Prof. Dr. Ralf Pude
Geschäftsführer der Außenlabore Agrar, Geodäsie, Ernährung
Leiter des Fachbereichs Nachwachsende Rohstoffe
Tel. 02225/9996313
E-Mail: r.pude@uni-bonn.de
