Die Fakultät Informatik an der Hochschule Reutlingen ist Partner im bundesweiten Forschungsprojekt KI DeltaLearning des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie, welches das Projekt mit 27 Millionen Euro fördert. Es gehört zur Leitinitiative autonomes und vernetztes Fahren des Branchenverbands VDA, der deutsche Automobilhersteller- und Zulieferer in diesem Bereich zu Marktführern machen will.
Im Teilprojekt KI DeltaLearning hat Mercedes die Projektführung inne. „Für uns ist das eine tolle Gelegenheit der gemeinsamen Forschung“, so Prof. Dr. Cristóbal Curio, der das Projektteam an der Fakultät Informatik leitet. „Wir sind eine der wenigen Hochschulen für angewandte Wissenschaften, die an dieser bundesweiten KI-Leitinitiative beteiligt ist, was unsere Stärke im Bereich des Transfers von KI-Grundlagen widerspiegelt.“
Hochschulpräsident Prof. Dr. Henrik Brumme zeigt sich überzeugt davon, dass die Hochschule Reutlingen in diesem Bereich zukunftsweisend aufgestellt ist: „Seit Jahren bescheinigen uns Spitzenplätze in zahlreichen Rankings das hohe Niveau und den guten Ruf unserer wissenschaftlichen Ausbildung. Mit unserem KI-Forschungsschwerpunkt gelingt es uns, digitale Schlüsseltechnologien voranzutreiben und in die Gesellschaft einzubringen.“
Die Hochschule Reutlingen erhält für das Projekt 650.000 Euro für drei Jahre, der Projektstart war im Januar 2020. Zum Projektteam gehören neben Curio die drei Wissenschaftler Michael Essich, Vinu Nair und Markus Rehmann.
Das Team arbeitet daran, wie künstliche Intelligenz bei der Weiterentwicklung des autonomen Fahrens genutzt wird. Im kürzlich abgeschlossenen Projekt „Offene Fusions-Plattform“ hatte Cristóbal Curio mit seinem wissenschaftlichen Mitarbeiter Dennis Burgermeister synthetische Sensordaten aus ihrem Motion Capture Labor genutzt. Diese Methode kommt nun im neuen Projekt KI DeltaLearning erweitert zum Einsatz.
Wie weit die Reutlinger Forscher auf diesem Gebiet bereits sind, erklärt Michael Essich, wissenschaftlicher Mitarbeiter im Projekt, am Beispiel eines Fußgängers, der im Handstand läuft. Bisher erkannten die Algorithmen diese Personen nicht. Den Reutlinger Forschern ist das aber gelungen. Ein Thema dem sich Dennis Burgermeister im Team widmete und dafür sogar mit einem internationalen Konferenzpreis ausgezeichnet wurde.
Mit dem Projekt geht das Reutlinger Forscherteam Grundprobleme der Entwicklung der technischen Wahrnehmung beim autonomen Fahren an. Hierbei kommen moderne KI-Methoden zum Einsatz. Zum einen sollen beispielsweise Personen oder Gegenstände im Straßenverkehr zweifelsfrei erkannt werden, egal wie sich die Fußgänger bewegen, welches Wetter herrscht oder wo sich das Fahrzeug gerade befindet. Zum anderen ist es nicht möglich, kritische oder tödliche Verkehrssituationen mit einem autonom fahrenden Auto in der Praxis zu testen. Solche Situationen, so Curio, müssen simuliert werden – und genau dort nutzen die Forscher aus Reutlingen ihr Wissen und ihre Erfahrung aus den vergangenen Jahren. „Mit unserem Motion Capture Labor können wir genau diese kritischen Verkehrssituationen simulieren. Die so gewonnenen Daten und Erkenntnisse werden dann dafür genutzt, um die technische Wahrnehmung mittels künstlicher Intelligenz vorzubereiten.“ Am Ende, so das Ziel, soll ein Auto sich auch in diesen kritischen, innerstädtischen Situationen so sicher wie möglich verhalten.
Doch das Projekt möchte in der Entwicklung sogar noch einen Schritt weitergehen. Während im Moment aktuelle Algorithmen meist aufwendig für neue Situationen und Umgebungen neu trainiert werden müssen, werden hierfür Methoden der künstlichen Intelligenz weiterentwickelt, so dass ohne großen Aufwand Systeme selbst lernen und damit quasi automatisch immer sicherer werden.