Die Förderung von jungen, talentierten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern liegt der Stuttgarter Gips-Schüle-Stiftung besonders am Herzen. Aus diesem Grund lobt die Stiftung jedes Jahr den Gips-Schüle-Nachwuchspreis aus, der mit 20.000 Euro dotiert ist und besonders innovative Doktorarbeiten auszeichnet. In diesem Jahr werden damit zwei junge Forschende belohnt: In der Kategorie Technikwissenschaften geht der Preis an Dr.-Ing. Juan Francisco Martínez Sánchez (32) von der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg und in der Kategorie Lebenswissenschaften an Dr. Smitha Srinivasachar Badarinarayan (29) von der Universität Ulm. Die feierliche Preisverleihung findet am 18. Juli in der Universität Freiburg statt.
„Wir wollen mit dem Gips-Schüle-Nachwuchspreis den wissenschaftlichen Nachwuchs fördern. Denn Wissen und Qualifikation sind wichtige Ressourcen. Wenn wir in unsere gut ausgebildeten jüngeren Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler investieren, ist es ein Gewinn für die ganze Gesellschaft“, sagt Dr. Stefan Hofmann Vorstand, der Gips-Schüle-Stiftung. Ein wichtiges Kriterium für die Preisvergabe ist, dass sich die Ergebnisse der Doktorarbeiten praktisch umsetzen lassen. Dr. Stefan Hofmann: „Die Qualität der Einreichung zeigt, dass das innovative Potenzial und die Vielfalt der Themen junger Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler groß ist.“ Deshalb wurde der Preis, der sich zunächst auf die Technikwissenschaften konzentrierte, durch einen zweiten Preis in der Kategorie Lebenswissenschaften erweitert.
Effiziente Solarmodule verdoppeln Erträge
Dr.-Ing. Juan Francisco Martínez Sánchez hat in seiner Dissertation ein neuartiges hybrides Photovoltaikmodul namens EyeCon entwickelt, das die Effizienz von Solarzellen steigert. Der Mexikaner, der am Freiburger Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE forscht, kombinierte dabei die Konzentratortechnologie (CPV) mit Flachmodulansatz (PV). „Zwar verwandeln übliche CPV-Module bis zu 38,9 Prozent des direkten Sonnenlichts in elektrische Energie mittels Mehrfachsolarzellen. Aber weil sie konzentrierende Optiken verwenden, kann der diffuse Teil des Sonnenlichts nicht verwertet werden“, erklärt Juan Francisco Martínez Sánchez. Flache Photovoltaikmodule aus Silicium wiederum nutzen Licht aus allen Raumwinkeln, erreichen so Wirkungsgrade um die 20 Prozent. Für seine Dissertation hat der junge Forscher die CPV-Module weiterentwickelt und sie mit bifazialen, also doppelseitigen Silicium-Zellen bestückt. So kann direkte, diffuse und rückseitige Einstrahlung genutzt und pro Fläche höchste Werte solarer Energie erzeugt werden. EyeCon kann die Erträge von Flachmodulen fast verdoppeln, funktioniert ideal bei 50 Prozent diffusem, 50 Prozent direktem Licht wie es in Europa oft herrscht.
Die Dissertation sollte zeigen, wie man die größtmögliche Energieproduktion pro Quadratmeter generiert, den Fußabdruck der Materialien reduziert, die Anwendbarkeit von CPV geografisch ausweitet. „Das haben wir geschafft“, freut sich Juan Francisco Martínez Sánchez.
Heilen mit Retroviren
Dr. Smitha Srinivasachar Badarinarayan hat sich mit endogenen Retroviren (ERV) befasst. Diese können vor Virusinfektionen schützen. Auf welche Weise das passiert, hat sie nun für ihre Doktorarbeit erforscht. „Ich wollte unter die Spitze des Eisbergs schauen, selbst Heilmittel testen und entwickeln und in die tiefen Strukturen des menschlichen Körpers abtauchen,“ erzählt die Inderin, die aktuell am Institut für Virologie und Epidemiologie der Viruskrankheiten der Universität Tübingen forscht. Darum geht s: Auch Viren wechseln mitunter die Seiten. Machten manche vor langer Zeit krank, bekämpfen sie heute neue Krankmacher – als Teile des menschlichen Genoms. Dieses enthält 100.000nde körpereigene Elemente dieser einst infektiösen Viren, auch endogene Retroviren genannt. In ihrer Dissertation wollte die Wissenschaftlerin wissen, wie ERVs im Genom von außen durch Virusinfektionen stimuliert werden können und der Mensch davon profitiert. Sie konnte nachweisen, dass endogene retrovirale Promoter zwei antiviral wirkende Eiweiße namens GBP2 und GBP5 – alias Guanylate-bindende Proteine – antreiben. „Genau diese Promoter sind in jenen T-Zellen aktiviert, die mit HIV infiziert sind. Unser Immunsystem kidnappt also diese fossilen Teile in unserer DNA, um angeborene Antworten und Schutz gegen HIV-1 und andere virale Pathogene wie Corona oder Zika zu finden.“ Ziel ist es nun herauszufinden, wie Gene kontrolliert, bewusst an- und ausgeschaltet werden können – nicht nur durch äußere Viren, sondern auch durch Medikamente. „Hierin liegt ein großes Potenzial für Therapien beispielsweise gegen Krebs!“
Zwei zusätzliche Ehrenpreise
Da unter den aktuellen Bewerbungen um den Gips-Schüle-Nachwuchspreis mehr als zwei preiswürdige Projekte zu finden waren, verleiht die Stiftung auch in diesem Jahr wieder zwei zusätzliche Ehrenpreise: So erhält Dr. Moritz Koch eine Ehrenurkunde im Bereich Lebenswissenschaften für seine Dissertation an der Uni Tübingen zum Thema „Plastikbakterien: Nachhaltiges Bioplastik aus Sonnenlicht und CO2“. In der Dissertation von Bioingenieur Dr. Ing. Philipp Vormittag ging es um die Problematik, dass es üblicherweise sehr lange dauert, bis ein Medikament, das am Computer entwickelt wurde, so hergestellt werden kann, dass es im Körper sein Ziel erreicht. Am KIT Karlsruhe hat der junge Wissenschaftler nun gezeigt, wie die Prozesse optimiert werden können, damit der lange Weg weniger hürdenreich ist.