Die Verrechnungspreise für konzern- oder
gruppeninterne Leistungsbeziehungen gewinnen im Zuge der
Globalisierung zunehmend Brisanz für die großen Familienunternehmen:
„Sie leiden in hohem Maß unter der Rechtsunsicherheit bei der
Ermittlung der Verrechnungspreise. Gleichzeitig belastet sie der
damit verbundene Dokumentationsaufwand, der viele Mitarbeiter in den
Steuerabteilungen bindet“, erklärt Prof. Rainer Kirchdörfer, Vorstand
der Stiftung Familienunternehmen. Er fordert dringend eine Anpassung
des deutschen Verfahrensrechts an internationale Standards und eine
stärkere Koordinierung der Finanzverwaltungen über die Staatsgrenzen
hinweg, um die Anforderungen an die Verrechnungspreisermittlung zu
vereinheitlichen.
Die Stiftung Familienunternehmen hat mit Unterstützung des
Baden-Württembergischen Industrie- und Handelskammertages die Studie
„Internationale Verrechnungspreise – Herausforderungen und
Lösungsansätze für Familienunternehmen“ herausgegeben: Danach
besitzen Verrechnungspreise für 61 Prozent der befragten großen
Familienunternehmen eine hohe oder sehr hohe steuerpolitische
Relevanz. Denn in fast jedem zweiten Fall wird z.B. die Anwendung der
Verrechnungspreismethode in der Betriebsprüfung korrigiert. Im
Zusammenhang mit einer Beanstandung kommt es in 65 Prozent der Fälle
nachträglich zu einer Anpassung der Verrechnungspreise. Die
Datenauswertung ergibt, dass das korrigierte Einkommen in 56 Prozent
aller Beanstandungen doppelt besteuert wird.
Diese Zahlen sind Ergebnis eines breit angelegten
Forschungsprojekts von Prof. Dr. Andreas Oestreicher
(Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät, Universität Göttingen) und
Prof. Dr. Ekkehart Reimer (Juristische Fakultät, Universität
Heidelberg). „Die Anwendung der Verrechnungspreisvorschriften ist für
Steuerpflichtige und Berater, in- und ausländische Finanzbehörden
sowie Gerichte außerordentlich ressourcenintensiv. Der
Compliance-Aufwand der Steuerpflichtigen und die damit verbundenen
Kosten haben in den letzten Jahren sprunghaft zugenommen“, stellen
sie fest.
Die Wissenschaftler zeigen eine Reihe von Lösungsmöglichkeiten
auf, um die Konflikte über Verrechnungspreise zu entschärfen: Die
Finanzverwaltungen von Bund und Ländern sollten anders als heute
verbindliche Auskünfte und Zusagen auch in Verrechnungspreisfragen
erteilen, wie es nach dem Verfahrensrecht bereits heute möglich wäre
und wie es zahlreiche andere Staaten auch praktizieren. Als Königsweg
schlagen sie bi- und noch besser multilaterale
Vorabverständigungsverfahren (so genannte Advance price agreements,
auch APA genannt) vor. Hier befinde sich Deutschland mit seiner
Praxis im internationalen Vergleich klar im Rückstand. Auch
gemeinsame Betriebsprüfungen durch die Finanzverwaltungen
verschiedener Staaten, sogenannte Joint Audits, besäßen großes
Potenzial zur Beilegung von Verrechnungspreisstreitigkeiten.
„Mit der Studie wollen wir konkrete Verbesserungen anstoßen, damit
unnötige bürokratische Belastungen von Unternehmen und Finanzbehörden
auf dem Gebiet der Verrechnungspreise vermieden werden“, sagt
Kirchdörfer. Durch die Beteiligung des Bundesfinanzministeriums und
der Finanzverwaltung lägen sehr gute Grundlagen für die praktische
Umsetzung der Vorschläge vor.
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