Wissenschaftler der Universitäten Bonn, Tokyo und Tsukuba
erschließen zurzeit den Nachlass des bedeutenden Japanologen
Friedrich M. Trautz (1877-1952). Darunter befinden sich zahlreiche
Fotografien, Postkarten, Bilder, Briefe und Aufzeichnungen über das
Japan vergangener Tage. Nun besuchten auch der japanische
Generalkonsul Kiyoshi Koinuma mit einer Delegation im Beisein von
Rektor Prof. Dr. Jürgen Fohrmann die wertvolle Sammlung.
„Der Forschungsgegenstand ist dermaßen bedeutend, dass das
staatliche Fernsehen Japans derzeit einen Dokumentarfilm
vorbereitet“, berichtet Prof. Dr. Harald Meyer von der Japanologie
(Institut für Orient- und Asienwissenschaften). Auch in der größten
japanischen Tageszeitung „Yomiuri shinbun“ sei bereits mehrfach über
die Sammlung und das Projekt berichtet worden. „Der Nachlass birgt
natürlich kein kostbares Gold und keine Edelsteine, aber der
wissenschaftliche Wert insbesondere der äußerst zahlreichen
historischen Fotografien ist sehr groß“, sagt Prof. Meyer. „Sie geben
einmalige Einblicke in das Japan vergangener Tage.“ Die
wissenschaftliche Erschließung der Sammlung fällt in ein
Jubiläumsjahr: Vor 150 Jahren – am 24. Januar 1861 – schlossen
Preußen und Japan einen Freundschafts-, Handels- und
Schifffahrtsvertrag.
Wissenschaftler nehmen ihre Schatzkammern unter die Lupe
Im Rahmen des Workshops „Zur Nutzbarmachung der Trautz-Sammlung
als wissenschaftliche Ressource“ nehmen die Forscher der Universität
Bonn ihre Schatzkammern gemeinsam mit hochkarätigen Spezialisten aus
Japan fachkundig unter die Lupe. Der japanische Generalkonsul Kiyoshi
Koinuma, Prof. Dr. Keiichi Kodaira, Direktor der Japanischen
Gesellschaft für Wissensvermittlung (JSPS), und Kenji Matsumoto,
stellvertretender Direktor des Japanischen Kulturinstituts, sowie
Universitätsrektor Prof. Dr. Jürgen Fohrmann nahmen an der Führung
durch die Sammlung teil.
Der Workshop widmet sich dem so genannten Trautz-Nachlass, der
1959/60 an die Universität Bonn kam, dem Leben und Werk dieses
Japanforschers der schwierigen Zwischenkriegszeit sowie der
Geschichte der Bonner Japanologie. Die Geburtsstunde des Faches an
der Alma mater fällt in das Sommersemester 1930, als der spätere
Professor Oscar Kressler erstmals Japanisch-Unterricht erteilte und
Vorlesungen zur japanischen Kultur hielt. Zur Sammlung zählen
Schriften (aus dem 18. und 19. Jahrhundert), historische Fotografien,
Glasnegative, Postkarten sowie Filme (des 19. und der ersten drei
Dekaden des 20. Jahrhunderts). „Die Bestände werden nun auch
digitalisiert“, berichtet Prof. Meyer.
Friedrich M. Trautz: Vom Offizier zum Japanforscher
Friedrich M. Trautz (1877-1952), geboren in Karlsruhe, schlug eine
Offizierslaufbahn ein und unternahm 1909/10 eine „Weltreise“, die ihn
auch nach Japan führte. Nach seinem Aktivdienst während des Ersten
Weltkriegs wurde er in Berlin 1921 zum Dr. phil. in Japanologie
promoviert. Anschließend war er wissenschaftlicher Assistent am
Museum für Völkerkunde und 1926 bis 1930 Leiter des Japan-Instituts
in Berlin. 1927 habilitierte sich Trautz in Berlin in Japanologie.
1930 bis 38 hielt er sich in Japan auf, zuletzt als deutscher Leiter
des Japanisch-Deutschen Forschungsinstituts in Kyoto. 1938 kehrte er
nach Deutschland zurück und unterrichtete bis zu seinem Tod im Jahr
1952 Japanstudien als Privatgelehrter in Karlsruhe. 1959/60 nahm das
Orientalische Seminar der Universität Bonn seinen wertvollen Nachlass
auf, eine Sammlung von Schriften der Edo- und Meiji-Zeit sowie von
äußerst zahlreichen historischen Fotoabzügen, Glasnegativen,
Postkarten und Korrespondenzen.
Pressekontakt:
Prof. Dr. Harald Meyer
Institut für Orient- und Asienwissenschaften
Abteilung für Japanologie und Koreanistik
Tel. 0228/737599
E-Mail: harald.meyer@uni-bonn.de