Jetzt blühen wieder die Rhododendren in den Gärten und Parks.
Forscher der Jacobs University in Bremen sind überzeugt – in der
Pflanze stecken die Wirkstoffe für ein neues Antibiotikum.
Nicht nur für Spaziergänger ist der Rhododendronpark in Bremen
eine Attraktion. Auch Wissenschaftler der nahe gelegenen Jacobs
University zieht die weltweit zweitgrößte Ansammlung genetischer
Vielfalt von Rhododendren an. Seit rund zweieinhalb Jahren erforscht
ein Team um den Mikrobiologen Matthias Ullrich, ob in den Pflanzen
Wirkstoffe für neue Arzneimittel, für Antibiotika oder für die
Krebsbehandlung, enthalten sind. Die Zwischenbilanz klingt mehr als
ermutigend: „Wir sind mindestens einer neuartigen Substanz auf der
Spur, die einmal als Antibiotikum eingesetzt werde könnte“, sagt
Professor Ullrich.
Schon römische Quellen berichten von der berauschenden Wirkung des
Honigs der Pflanze, die ursprünglich aus dem Himalaja stammt.
Extrakte aus ihren Blättern und Wurzeln wurden etwa in der
traditionellen Medizin in Indien, der Türkei oder Indonesien zur
Linderung von Infektionen, zur Senkung von Fieber oder zur Linderung
von Unwohlsein eingesetzt. Eine intensive, wissenschaftliche Analyse
ihrer Inhaltsstoffe und deren Wirkung gab es jedoch bisher nicht.
Ullrich erledigt sie nicht allein, er ist Teil eines
fächerübergreifenden Teams, das gleichzeitig an den Proben arbeitet.
Der Genetiker Dirk Albach analysiert die Erbsubstanz und ermittelt,
um welche Art es sich genau handelt. Der Naturstoffchemiker Nikolai
Kuhnert identifiziert die in den Pflanzen enthaltenen Substanzen. Die
Zellbiologin Klaudia Brix untersucht ihre toxischen Eigenschaften und
Ullrich selbst testet, wie die Inhaltsstoffe auf Bakterien reagieren.
„Dass vier Wissenschaftler verschiedener Disziplinen an einem
Thema arbeiten hat Pilotcharakter“, betont Ullrich – und führt dies
auf die Gegebenheiten der Jacobs University zurück. „Die Verzahnung
macht die Universität aus. Wir sind klein, wir unterstützen uns, wir
arbeiten am Zentrum für Molekulare Lebenswissenschaften unter einem
Dach.“
Für ihre Untersuchungen benötigt das Quartett lediglich wenige
Blätter der Pflanze. Diese werden mit einem Mörser und mit flüssigem
Stickstoff zerstampft. Ein grünliches Pulver entsteht, das mithilfe
von Methanol konzentriert und weiter untersucht wird. Rund 600
verschiedene Substanzen haben die Forscher so extrahiert, von denen
120 genauer analysiert wurden.
„Mehrere haben eine klare antibakterielle Wirkung“, sagt Ullrich.
Die Substanzen werden dabei auch auf ihre Unschädlichkeit für
menschliche Zellen getestet. Die Hoffnung, es möge ein Wirkstoff
dabei sein, der die Zellteilung hemmt und somit als Krebsmittel
dienen könnte, hat sich bislang jedoch noch nicht erfüllt.
Im Zentrum der Forschung steht ohnehin die Suche nach einem neuen
pflanzlichen Antibiotikum. Der Bedarf für derartige Medikamente ist
enorm. Immer mehr Keime entwickeln Resistenzen gegen die alten
Mittel, insbesondere in Krankenhäusern. „Das ist ein Riesenproblem“,
sagt Ullrich.
Bis zur klinischen Erprobung neuer Medikamente auf Basis der
Rhododendren wird es noch einige Zeit dauern. Im Dezember läuft das
Forschungsprojekt aus, der Mikrobiologe will eine weitere
Forschungsperiode beantragen. „Wir wissen, was die neuen Substanzen
können. Aber wir verstehen ihre Wirkungsweise noch nicht.“ Drei bis
fünf Jahre, schätzt er, könnte sie in Anspruch nehmen. Der
Rhododendronpark in Bremen muss dabei keinen Kahlschlag fürchten.
Wenn Ullrich und sein Team erfolgreich sein sollten, wird der neue
Wirkstoff künstlich hergestellt – im Labor.
Forschungsorientiert, international und interkulturell – Die
Jacobs University ist eine der führenden Universitäten in
Deutschland. An der englisch sprachigen, privaten und staatlich
anerkannten Hochschule leben und lernen Studierende aus 112 Nationen.
Die Abschluss-Erfolgsquote ist mit rund 90% überdurchschnittlich
hoch. Die Jacobs University gehört in unabhängigen Rankings
regelmäßig zur Spitzengruppe der deutschen Universitäten.
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