Deutsche Erfinder erhalten Europäischen Erfinderpreis 2017 (FOTO)

Bei der Verleihung des Europäischen Erfinderpreises 2017 sind
heute in Venedig drei deutsche Erfinder vom Europäischen Patentamt
ausgezeichnet worden: In der Kategorie „Kleine und mittelständische
Unternehmen“ ging die Auszeichnung an den Chemiker Günter Hufschmid
für eine „Zauberwatte“ zur Beseitigung von Ölteppichen. Als Mitglied
des Galileo-Teams erhielt der Signaltechnik-Experte Günter W. Hein
den Preis in der Kategorie „Forschung“: Sein Team entwickelte eine
besonders präzise Signaltechnologie – das Herzstück von Europas
globalem Satellitennavigationssystem. Der Physiker Robert Huber wurde
gemeinsam mit seinen amerikanischen Kollegen James G. Fujimoto und
Eric Swanson in der Kategorie „Nicht-EPO-Staaten“ für die
Entwicklung, der Optischen Kohärenztomografie (OCT), eines neuen
medizinischen Bildgebungsverfahrens, mit dem Preis ausgezeichnet.
Auch das Preisträgerteam in der Kategorie „Industrie“ hat einen Bezug
zu Deutschland: Der österreichische Biochemiker Oliver Hayden und der
niederländische Hämatologe Jan van den Boogaart entwickelten bei
Siemens Healthineers in Erlangen einen computergestützten
Blutschnelltest für Malaria.

Die Preisträger wurden von einer unabhängigen internationalen Jury
unter mehr als 450 Erfindern und Erfinder-Teams für die diesjährige
Preisverleihung ausgewählt. „Diese Erfinder haben nicht nur zur
Förderung der technologischen Entwicklung beigetragen. Ihre
patentierten Erfindungen sind von besonderer gesellschaftlicher und
wirtschaftlicher Bedeutung: Vom lebensrettenden medizinischen
Fortschritt und Materialien zum Schutz unserer Umwelt bis hin zu
Satellitennavigationstechnik, die uns näher zusammenrücken lässt“,
sagte EPA-Präsident Benoît Battistelli bei der Preisverleihung. „Als
Austragungsort für den europäischen Erfinderpreis ist Venedig
besonders geeignet, weil diese Stadt seit jeher eine herausragende
Stellung in der Geschichte von Patenten und Innovationen in Europa
eingenommen hat. Die heutigen Preisträger haben in dieser Tradition
nun ebenfalls ihren Platz.“

Rund 600 Gäste aus den Bereichen Politik, Wirtschaft, geistiges
Eigentum und Wissenschaft waren im Arsenale di Venezia anwesend, als
der EPA-Präsident und Carlo Calenda, Italiens Minister für
wirtschaftliche Entwicklung, die Zeremonie eröffneten.

Über die ausgezeichneten Erfinder:

Eine „Zauberwatte“ zur Bekämpfung von Ölteppichen

Dank ihrer Fähigkeit, nahezu das Siebenfache ihres Eigenwichts an
hydrophoben Flüssigkeiten aufzunehmen, könnte eine neue Wachswatte
die Bekämpfung von Öl- und Chemikalienverschmutzungen von Gewässern
maßgeblich verändern. Das Wachs, von Günter Hufschmid und seinem Team
in Sachsen-Anhalt entwickelt und unter dem Markennamen „Pure“
vermarktet, hinterlässt keine chemischen Rückstände und lässt sich
sogar wiederverwenden. Beim Aufsaugen von Heizöl in Kellern von
Hochwasseropfern 2013 in Süddeutschland und bei Reinigungsarbeiten im
stark verschmutzen Niger-Delta in Nigeria hat die Wachswatte ihre
Tauglichkeit bereits bewiesen. Der größte Erfolg ist allerdings
derzeit die Anwendung in Windrädern, denn diese benötigen eine große
Menge an Öl, und ohne einen Ölbinder, der Lecks abdichtet, können
kosten- und zeitintensive Reinigungsarbeiten entstehen.

Der gebürtige Münchener Hufschmid studierte Chemie an der
Technischen Universität München und war anschließend lange bei BASF
tätig. 1992 verließ er das Unternehmen, um sein eigenes zu gründen.
Noch im selben Jahr nahm die Deurex-Gruppe in Sachsen-Anhalt ihren
Betrieb auf. Heute beschäftigt das Unternehmen mehr als 100
Mitarbeiter.

Vorsprung für Europa in der Satellitentechnik

Die vom europäischen Team aus Wissenschaftlern und Ingenieuren
entwickelten Signaltechnologien stellen sicher, dass Galileo –
Europas globales Satellitennavigationssystem (GNSS) – mit einer
äußerst genauen Positionsbestimmung im Zentimeterbereich arbeitet,
welche die Grundlage für vielfältige Anwendungen und Dienste im
zivilen Bereich schafft. Darüber hinaus gewährleistet ihre
intelligente Signaltechnologie die Kompatibilität von Galileo mit dem
GPS und dem russischen GLONASS und unterstützt eine Fülle von
Funktionen, weshalb Galileo bei vollständiger Einsatzfähigkeit im
Jahr 2020 das am höchsten entwickelte globale
Satellitennavigationssystem sein wird.

Günter W. Hein gilt weltweit als Experte, wenn es um Navigation
geht: 1983 übernahm er als damals jüngster Professor an der
Universität der Bundeswehr München das Institut für Erdmessung und
Navigation. Er gründete zudem die international führende
Navigationskonferenz „Munich Satellite Navigation Summit“ und wurde
von der Bundesregierung nominiert, als Head of Galileo Operations and
Evolution eine Spitzenposition bei der ESA (European Space Agency) zu
übernehmen. Ende 2015 erhielt er den Ehrentitel eines exzellenten
Emeritus der Universität der Bundeswehr München.

Optische Kohärenztomografie für neue medizinische
Diagnosemöglichkeiten

Die vom deutschen Physiker Robert Huber und den US-amerikanischen
Elektroingenieuren James G. Fujimoto und Eric Swanson entwickelte
Optische Kohärenztomografie (OCT) ist die erste Technologie, die
Echtzeitbilder von menschlichem Gewebe in hochauflösenden,
dreidimensionalen Strukturen liefert, ohne dass dafür invasive
Untersuchungen und chirurgische Gewebeentnahmen vorgenommen werden
müssen. Sie basiert auf einem Prinzip, das jenem des Ultraschalls
ähnelt – nur, dass es die Zeitverzögerung des Echos von Lichtstrahlen
anstatt von Schallwellen misst. Inzwischen gehört OCT mit Millionen
durchgeführten Scans jährlich zum weltweiten Standard und ermöglicht
die frühe Diagnose von schweren Augenkrankheiten wie Glaukom (grüner
Star), aber auch von Krebs und Herzerkrankungen. Denn was
ursprünglich als diagnostisches Gerät für Augenkrankheiten begann,
hat hochauflösende Bildgebungsverfahren in verschiedene andere
medizinische Felder übertragen.

Alle drei Erfinder haben die OCT-Technologie wirksam in
erfolgreiche Unternehmen umgesetzt – darunter die von Huber
mitgeründete und in Deutschland ansässige Optores GmbH. Robert Huber
ist derzeit Professor am Institut für Biomedizinische Optik an der
Universität Lübeck. Seinen Doktortitel erlangte er 2002 an der
Fakultät für Physik der Ludwig-Maximilians-Universität in München
(LMU).

Blutschnelltest für sichere Malaria-Diagnose aus Erlangen

Der österreichische Biochemiker Oliver Hayden und der
niederländische Hämatologe Jan van den Boogaart entwickelten als
Forscher bei Siemens Healthineers in Erlangen und Den Haag einen
automatisierten Blutschnelltests für Malaria, der die Infektion
schnell und mit hoher Sensitivität erkennt – und damit einen
Meilenstein setzt. Dafür betrachteten die Erfinder spezifische von
der Infektion hervorgerufene Veränderungen im Blut und
identifizierten eine Kombination aus 30 Parametern, die die Krankheit
kennzeichnen. Mit einem Computeralgorithmus machen sie diesen
„Daten-Fingerabdruck“ von Malaria für ein Bluttest-Gerät lesbar. Als
erster automatisierter Malaria-Test hat die Erfindung großes
Potenzial im Kampf gegen die Krankheit, an der jedes Jahr mehr als
600.000 Menschen sterben. Aktuell arbeitet van den Boogaart bei
Siemens Healthineers in Den Haag an einer
„Daten-Fingerabdruck“-Methode für Sichelzellanämie und
Promyelozytenleukämie. Oliver Hayden wurde 2017 auf den
Heinz-Nixdorf-Lehrstuhl für Medizinische Elektronik an der
Technischen Universität München berufen. Er ist Erfinder und
Miterfinder von nahezu 100 Patentfamilien.

Über den Europäischen Erfinderpreis

Der Europäische Erfinderpreis findet 2017 zum zwölften Mal statt
und ist einer der wichtigsten Preise für Innovation in Europa. Er
wird seit 2006 jährlich vom Europäischen Patentamt (EPA) verliehen.
Mit dem Preis werden einzelne Erfinder und Teams von Erfindern in
fünf Kategorien ausgezeichnet, die mit ihren Entwicklungen dazu
beitragen, technische Antworten auf die wichtigsten Herausforderungen
unserer Zeit zu finden. Um sich für die Auszeichnung zu
qualifizieren, müssen die eingereichten Vorschläge spezifische
Kriterien erfüllen, wie beispielsweise den Nachweis über mindestens
eine erteilte europäische Patentierung der Erfindung durch das EPA.
Eine internationale hochkarätig besetzte unabhängige Jury aus den
Bereichen Wirtschaft, Politik, Wissenschaft und Forschung prüft
dabei, inwieweit diese Erfinder mit ihrer Arbeit zu technischem sowie
gesellschaftlichem Fortschritt, zum Wohlstand und zur Schaffung von
Arbeitsplätzen in Europa beigetragen haben. Die 15 diesjährigen
Finalisten wurden aus mehr als 450 Vorschlägen ausgewählt – die
bisher höchste Zahl für den Award. Der Träger des Publikumspreises
wird unter den 15 Finalisten mittels Online-Abstimmung im Vorfeld der
Verleihung gewählt.

Pressekontakt:
Jana Mittermaier
Direktorin Externe Kommunikation

Rainer Osterwalder
Pressesprecher
Europäisches Patentamt
Tel. +49 (0)89 2399 1820
press@epo.org

Original-Content von: Europ?isches Patentamt (EPA), übermittelt durch news aktuell

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